Der Verkehrssektor ist laut aktuellen Zahlen des Umweltbundesamts für rund 22 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Davon verursacht der Straßengüterverkehr etwa ein Drittel der CO₂-Emissionen. Der European Green Deal der EU gibt vor, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren und bis 2050 klimaneutral zu werden.
Für die Logistikbranche bedeutet das, nicht nur die direkten Emissionen der eigenen Flotte zu senken, sondern auch die indirekten Emissionen entlang der gesamten Lieferkette zu erfassen und zu minimieren. Partnerschaften und Kooperationen gewinnen dabei zunehmend an Bedeutung, weil sie Maßnahmen ermöglichen, die einzelne Akteure allein nur schwer umsetzen können.
Partnerschaften als langfristig angelegte Kooperationen zwischen Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen, Forschungseinrichtungen und anderen Akteuren bündeln Kräfte für ein gemeinsames Ziel: Umweltbelastungen messbar zu verringern, Innovationen zu fördern und Investitionen in klimafreundliche Technologien zu beschleunigen. Das Spektrum reicht von Public-Private-Partnerships, die etwa Lade- oder Wasserstofftankinfrastruktur gemeinsam aufbauen, über Brancheninitiativen wie das Lean and Green Programm bis hin zu technologischen Allianzen zwischen Herstellern und Spediteuren. Auch digitale Plattformen, auf denen Logistiker gemeinsam Daten austauschen und Emissionen bilanzieren, gehören zu den wirkungsvollen Kooperationsmodellen.
Die Wirkung von Partnerschaften zeigt sich in mehreren Bereichen. Besonders sichtbar ist der sogenannte Modal Shift – die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene oder das Binnenschiff, was den CO₂-Ausstoß deutlich reduziert. Hinzu kommt der gemeinsame Aufbau von Infrastrukturprojekten, wie ihn etwa das Joint Venture Milence zwischen Daimler, Volvo und Traton verfolgt. Dort entsteht ein europaweites Schnellladenetz für E-Lkw.
Ein weiterer Hebel ist der gemeinsame Einsatz und Austausch von Daten. Wenn Partner einheitliche Standards für die Emissionsberechnung entwickeln, steigt die Transparenz und die Vergleichbarkeit innerhalb der Branche. Auch die Bündelung von Fracht (sogenanntes Pooling) kann Leerfahrten vermeiden und somit Kraftstoffverbrauch sowie Emissionen senken. Nicht zuletzt sind Partnerschaften häufig der Schlüssel zu Forschungs- und Pilotprojekten, bei denen neue Antriebstechnologien oder alternative Kraftstoffe unter realen Bedingungen getestet werden.
Wie vielfältig Partnerschaften in der nachhaltigen Logistik wirken können, zeigen einige Beispiele:
- DB Schenker arbeitet mit Volvo Trucks an der Integration batterieelektrischer Lkw im Fernverkehr. Volvo Trucks hat dafür 40 Volvo FM Electric Trucks Ende 2024 speziell für die Anforderungen von DB Schenker konfiguriert.
- Maersk bietet seinen Kunden über das „Emissions Dashboard“ Echtzeit-Transparenz über den CO₂-Fußabdruck ihrer Lieferketten. Das Tool ist Teil eines partnerschaftlichen Ökosystems, das auf Transparenz, Vertrauen und gemeinsame Verantwortung in der Lieferkette setzt.
- CATL und DHL verstärken ihre Partnerschaft zur Förderung nachhaltiger Logistik: Durch den Anschluss an Batteriewechsel- und Schnellladesysteme wird die umfassende Energiespeicherlösung von CATL über verschiedene DHL-Einrichtungen hinweg die Optimierung der Energiestruktur mit maximaler Nutzung von grüner Energie ermöglichen.
- Das europaweite Programm Lean and Green verpflichtet teilnehmende Unternehmen zu konkreten Emissionszielen und öffentlicher Berichterstattung.
Diese Initiativen verdeutlichen, dass Kooperationen nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch ein starkes Marketinginstrument sein können
Globale Engpässe und sinkende Resilienz haben die Bedeutung der aktiven Steuerung von Lieferbeziehungen stark erhöht. Gefordert sind heute klare Mechanismen zur Abstimmung, Kontrolle und Verbesserung von Logistik- und Versorgungsprozessen. Der Fokus verschiebt sich von reinen Lieferanten hin zu Partnern und Dienstleistern. Transparenz durch Daten, Monitoring und schnelle Reaktionen schafft die Grundlage, Risiken frühzeitig zu erkennen und Prozesse zu optimieren.
Auswahlprozess |
Entscheidend sind faire Konditionen, Versorgungssicherheit und klar definierte logistische Anforderungen – von Verpackungs- und Transportstandards bis zu Kennzahlen wie Lieferfähigkeit und Termintreue. Diese Kriterien sollten verbindlich in Ausschreibungen festgeschrieben werden. Eine enge Abstimmung auf Fachebene schafft effiziente Prozesse und belastbare Entscheidungen.
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Anbindung und Befähigung |
Nach der Auswahl folgt der Aufbau der Zusammenarbeit: Austausch von Kontakten, Klärung von Prozessen, digitale Anbindung. Je nach Branche kann eine Qualifizierung neuer Partner nötig sein – mit Nachweisen zu Kapazitäten, Lieferfähigkeit oder Sicherheitsbeständen. Pilotlieferungen und geregelte Hochläufe sichern den Start ab, unterstützt durch Audits und Projektleitung. So lassen sich Probleme frühzeitig erkennen und beheben. |
Überwachung & Bewertung |
Ab Beginn der Zusammenarbeit ist ein kontinuierliches Monitoring der Logistikleistung wichtig. Tools wie TradeLink bieten dafür integrierte Cockpits mit KPIs, die sowohl operative Kennzahlen wie Termintreue als auch qualitative Aspekte wie Verpackungsstandards erfassen. Ein transparentes Kennzahlensystem ermöglicht die Bewertung einzelner Partner und unterstützt datenbasierte Ratings – etwa in Form eines 5-Sterne-Systems. |
Verbesserung & Entwicklung |
Abweichungen in der Logistik-Performance erfordern schnelle Reklamationen und transparente Kommunikation. Automatisierte Daten dienen als Grundlage für Partnergespräche und zeigen Trends sowie wiederkehrende Fehlerbilder. Daraus entstehen Verbesserungsmaßnahmen und Erkenntnisse für die Praxis. Bei gravierenden Abweichungen greifen Eskalationsprozesse mit klar definierten Stufen. |
Trennung bzw. Neunominierung |
Bei chronischen Leistungsproblemen sind Exit-Szenarien im Partnermanagement vorzusehen, auch wenn konsequente Zusammenarbeit solche Fälle reduziert. Bewährte Partner sollten dagegen bevorzugt berücksichtigt und durch Bonus-Malus-Modelle honoriert werden. Entscheidend ist die Abstimmung von Einkaufs- und Logistikzielen, damit nicht nur Preise, sondern auch Versorgungssicherheit und Performance zählen. |
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Trotz aller Vorteile sind Partnerschaften kein Selbstläufer. Interessenkonflikte zwischen beteiligten Unternehmen können Fortschritte bremsen, etwa wenn wirtschaftliche Ziele und Nachhaltigkeitsansprüche auseinandergehen. Auch beim Datenaustausch kann es zu Reibungen kommen, wenn keine klaren Standards oder ausreichende Datenschutzmaßnahmen existieren. Finanzielle Risiken lassen sich hingegen häufig durch eine Mischung aus öffentlichen Fördergeldern und privatem Kapital abfedern.
In den kommenden Jahren werden Partnerschaften in der Logistik noch stärker von technologischen Innovationen geprägt sein. Elektrische und wasserstoffbetriebene Lkw werden zunehmend in Flotten integriert, unterstützt durch den Ausbau entsprechender Lade- und Tankinfrastruktur. Digitale Plattformen zur Echtzeit-Emissionsmessung werden sich als Branchenstandard etablieren. Gleichzeitig dürfte der politische Druck zunehmen, da EU-Regulierungen strengere Berichtspflichten und ambitioniertere Klimaziele vorgeben. Auch die Kreislaufwirtschaft wird als neues Feld für Partnerschaften an Bedeutung gewinnen, etwa durch gemeinsame Mehrwegsysteme und Recyclinglogistik.