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Kritik an KTF-Plänen: Geld für Zertifikate statt Klimaschutz?

28.08.2025 09:30 Uhr | Lesezeit: 4 min
neben einem Fluss zieht sich eine Reihe Solaranlagen durchs Land, im Hintergrund Windräder
Pläne um den Klima- und Transformationsfonds steht in der Kritik: Geplante Mittelverwendung für Emissionszertifikate sorgt für Diskussionen
© Foto: pidjoe/GettyImages

Eigentlich soll der Klimafonds Investitionen in eine klimaneutrale Zukunft finanzieren – das Finanzministerium plant, daraus Zertifikatskäufe zu bezahlen. Experten warnen vor einem Teufelskreis. Währenddessen fordert ThyssenKrupp eine Abschwächung des europäischen Emissionshandels.

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Die im Haushaltsentwurf für 2026 vorgesehene Idee des Finanzministeriums, Emissionszertifikate für verpasste Klimaziele mit Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu bezahlen, sei eine Zweckentfremdung des KTF durch die Bundesregierung, warnt die Klimawissenschaftlerin Brigitte Knopf, Direktorin des Thinktanks Zukunft Klimasozial und stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen gegenüber der dpa.

Deutschland wird seine Klimaziele verfehlen“, sagte Knopf der Deutschen Presse-Agentur. „Und statt mehr in Klimaschutz zu investieren, soll dann Geld, was eigentlich für Investitionen in den Klimaschutz hierzulande gedacht war, für den Kauf von Zertifikaten in anderen Ländern benutzt werden. Das ist ein absurder Teufelskreis.“

Der KTF ist ein Sondervermögen des Bundes, das Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen wie erneuerbare Energien oder die Transformation der Industrie finanzieren soll. Auch Entlastungen für Haushalte und Unternehmen bei gestiegenen Energiekosten werden daraus getragen.

Nach EU-Vorgaben müssen Mitgliedstaaten ihre jährlichen Emissionsziele in Bereichen wie Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft einhalten. Bei Zielverfehlung sind sie verpflichtet, sogenannte Emissionszuweisungen von anderen EU-Staaten zu erwerben, die ihre Vorgaben übererfüllt haben.

Emissionslücke könnte Milliardenkosten verursachen

Laut dem Expertenrat droht Deutschland bis 2030 ein Überschuss von rund 224 Millionen Tonnen CO₂. Bei einem Preis von 100 Euro pro Tonne könnten sich die Kosten auf etwa 22 Milliarden Euro summieren – rund vier Milliarden Euro jährlich. Das entspräche fast der Hälfte der jährlichen KTF-Mittel von zehn Milliarden Euro.

Das Bundesfinanzministerium erklärte, der Haushaltsposten "Ankauf von Emissionszuweisungen nach der EU-Klimaschutzverordnung" sei aus dem Kernhaushalt in den KTF überführt worden, "damit der KTF zugleich einen Beitrag zur Aufstellung des Kernhaushaltes leistet". Aktuell seien jedoch keine Mittel für Zertifikatskäufe vorgesehen, da Deutschland bislang unterhalb der zulässigen Emissionsmengen geblieben sei, so ein Sprecher. Sei künftig der Kauf von Zertifikaten erforderlich, "werde über die Finanzierung im Rahmen der jährlichen Haushaltsaufstellung zu entscheiden sein".

Abschwächung des europäischen Emissionshandels

ThyssenKrupp, Deutschlands größter Stahlkonzern, fordert nach Informationen des ARD-Magazins "Panorama" (NDR), dass die EU den Zeitplan für die Reduzierung von CO2-Verschmutzungsrechten deutlich verlangsamt, wie die dpa weiter vermeldet.

Energieintensiven Industrien wird noch einen Großteil der Zertifikate geschenkt – dies soll jedoch 2034 auslaufen, wogegen nun auch ThyssenKrupp laut "Panorama" in einer Stellungnahme an die EU-Kommission fordert, noch bis in die 2040er Jahre neue kostenlose Verschmutzungsrechte zu bekommen - mindestens sechs Jahre länger als festgelegt. Für Konzerne wie ThyssenKrupp geht es dabei jedes Jahr schätzungsweise um hunderte Millionen Euro.

Eine weitere Forderung des Stahlkonzerns ist, dass die Menge der CO2-Zertifikate in der EU langsamer als geplant sinken soll: Bis 2050 sollen neue Verschmutzungsrechte an die Industrie vergeben werden, elf Jahre länger als im aktuellen Zeitplan der EU. Der sieht vor, dass ab 2039 keine neuen Verschmutzungsrechte mehr vergeben werden. Die alten bleiben jedoch handelbar.

Das sind nur zwei von vielen Änderungsvorschlägen. ThyssenKrupp erklärt seine Forderungen auf Anfrage von "Panorama" folgendermaßen: "Die allgemeinen Rahmenbedingungen - Energiepreise, Wasserstoffpreise, weltweite Überkapazitäten, Importdruck auf Europa - haben sich massiv verschlechtert und treiben die Kosten nach oben." Weitere Investitionen in die Transformation seien nur möglich, wenn sich der Anstieg der CO2-Kosten verlangsamen lasse. Eine Schwächung des Klimaschutzes sehe ThyssenKrupp darin nicht, so die dpa.

Aus der Stahlindustrie selbst kommt Widerspruch: Im Interview mit dem ARD-Magazin "Panorama" (NDR) äußert der Chef des Stahlkonzerns Salzgitter AG Gunnar Groebler, dass die Industrie genug Zeit hatte, sich auf die steigenden CO2-Kosten einzurichten. "Wir reden über 20 Jahre, wo auch absehbar war, was passiert. Das jetzt abzuschwächen, bestraft auch die, die früher losmarschiert sind. Das wäre fatal."

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