Die „Letzte Meile“ gilt als das teuerste und gleichzeitig kritischste Teilstück der Lieferkette. Ob Pakete rechtzeitig beim Kunden ankommen, entscheidet sich auf den letzten Kilometern – und genau hier wachsen die Herausforderungen für Logistikunternehmen.
Während Paketmengen Jahr für Jahr steigen, erwarten Verbraucher Same-Day-Delivery oder Zustellung am Folgetag als Standard. Gleichzeitig verschärfen Innenstädte ihre Umweltauflagen, Flächen für Depots sind knapp, und die Kosten steigen drastisch: Laut VerkehrsRundschau machen die Ausgaben für die letzte Meile inzwischen bis zu 50 % der gesamten Transportkosten pro Paket aus.
Wie also kann die Branche effizienter, nachhaltiger und gleichzeitig kundennah agieren?
Die Faktenlage: Paketflut und steigende Erwartungen
Laut dem Bundesverband Paket- und Expresslogistik (BPEX) wurden in Deutschland 2023 4,3 Milliarden KEP-Sendungen zugestellt – ein Rekord. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl bis 2027 auf über 5 Milliarden Pakete jährlich steigen wird.
Dazu kommt der Druck durch Kundenanforderungen:
- 55 % der Verbraucher erwarten laut Bitkom-Umfrage Same-Day- oder Next-Day-Delivery.
- Lieferdienste müssen ihre Flotten, Systeme und Personalressourcen massiv ausbauen.
- Fehlende Zustelloptionen in Innenstädten verschärfen die Situation zusätzlich.
Grüne Alternativen für die Letzte Meile
Um die wachsende Paketflut und die hohen Kosten in den Griff zu bekommen, setzen viele Logistikunternehmen auf nachhaltige Zustellkonzepte. Besonders im Fokus:
- Elektro-Transporter: DHL betreibt bereits über 32.000 E-Fahrzeuge und will den Anteil bis 2030 auf 90 % steigern. Auch Hermes, DPD und GLS bauen ihre Flotten kontinuierlich aus.
- Cargobikes: Lastenräder sind emissionsfrei, flexibel in Innenstädten und wartungsarm. Studien zeigen, dass sie die CO₂-Emissionen der KEP-Dienste um bis zu 40 % senken können.
- Mikrodepots: Dezentrale Umschlagpunkte wie das Berliner Projekt „KoMoDo“ verkürzen Lieferwege und ermöglichen emissionsfreie Zustellung per Lastenrad.
Gerade Cargobikes bieten für Unternehmen handfeste Vorteile: Niedrigere Betriebskosten (keine Steuer, keine Versicherung, geringe Wartung), Schnelligkeit in verkehrsberuhigten Zonen, Mehrfachnutzung am Tag für höhere Auslastung und es ist kein Führerschein erforderlich – was die Personalsuche erleichtert.
Herausforderungen bleiben
So vielversprechend die Konzepte sind – die Umsetzung ist nicht trivial:
- Kosten: Elektro-Transporter sind in der Anschaffung deutlich teurer.
- Infrastruktur: Ladepunkte und geeignete Flächen für Mikrodepots fehlen.
- Kundenerwartung: Rund 80 % der Verbraucher bevorzugen nach wie vor die Haustürzustellung.
- Same-Day-Delivery: Ökologisch oft schwer vereinbar, in Ballungsräumen sehr kostenintensiv.
Was bedeutet das für Speditionen?
Wer im B2C-Geschäft erfolgreich bleiben will, muss in neue Zustellkonzepte investieren – sonst drohen steigende Kosten und Wettbewerbsnachteile.
Speditionen und Paketdienste sollten jetzt handeln:
- Kooperationen eingehen: Gemeinsame Nutzung von Mikrodepots und gebündelte Zustellungen.
- Digitale Tools nutzen: KI-gestützte Prognosen, Routenoptimierung und smarte Kundenkommunikation.
- Nachhaltigkeit forcieren: Emissionsfreie Lieferzonen in Städten wie Berlin oder München werden ab 2030 Realität.
Fazit
Die Letzte Meile ist das Nadelöhr der modernen Logistik. Sie entscheidet nicht nur über die Kundenzufriedenheit, sondern auch über die Wettbewerbsfähigkeit von Speditionen.
Wer frühzeitig in nachhaltige und digitale Lösungen investiert, kann Kosten senken, Emissionen reduzieren – und sich einen entscheidenden Vorteil sichern.
Im Podcast VerkehrsRundschau Funk spricht Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands Paket- und Expresslogistik (BPEX), über die größten Herausforderungen der Branche und zeigt auf, welche Lösungswege bereits realistisch sind: