Wer abends eine Raststätte ansteuert, kennt das Bild: überfüllte Parkflächen, Lkw auf Ein- und Ausfahrten, improvisierte Stellplätze im Dunkeln. Laut Bundesverkehrsministerium fehlen bundesweit rund bis zu 40.000 Lkw-Stellplätze – besonders in den Nachtstunden. Eine ACE-Analyse von Juni 2025 zeigt: 76 % der Rastanlagen sind überbelegt, teils um bis zu 300 %.
Besonders kritisch ist die Lage entlang der A3, A5, A7 und im Großraum Frankfurt. Die Folgen sind gravierend: erhöhte Unfallgefahr für Pkw, riskante Wege für Fahrer zu Sanitäranlagen und kaum erholsame Ruhepausen. Dabei sind die Fahrer gezwungen, ihre Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten – Verstöße werden digital überwacht und mit hohen Bußgeldern geahndet.
Auch der ADAC kommt zu erschreckenden Erkenntnissen
Der ADAC hat die Parkplatzsituation unter die Lupe genommen und dabei gravierende Sicherheitsrisiken festgestellt. Besonders kritisch schnitten die Raststätten Sindelfinger Wald (A8) und Ellwanger Berge (A7) ab: Dort parkten zahlreiche Lkw im Ein- und Ausfahrtsbereich oder sogar im absoluten Halteverbot – teils auf Pkw-Flächen oder Seitenstreifen.
Der Automobilclub stufte die Anlagen in die Gefahrenkategorien „Rot“ und „Orange“ ein. Insgesamt wurden bundesweit 100 Raststätten getestet, davon 12 in Baden-Württemberg. An fünf Standorten fanden die Prüfer gefährliche Falschparker. Der ADAC betont, dass die Fahrer nicht aus Rücksichtslosigkeit falsch parken, sondern schlicht wegen fehlender Stellplätze.
Laut Bundesanstalt für Straßenwesen fehlen bundesweit rund 20.000 Lkw-Stellplätze, allein in Baden-Württemberg etwa 3.000. Angesichts eines prognostizierten 20 Prozent Anstiegs des Lkw-Verkehrs bis 2040 fordert der ADAC einen schnellen Ausbau der Kapazitäten.
Digitale Ansätze und Pilotprojekte
Neue Systeme wie „Bosch Secure Truck Parking“ mit bereits 15.000 telematisch vernetzten Stellplätze sowie die EU Initiative „Safe and Secure Parking Areas“ – kurz SSPA haben zum Ziel, bewachte und digital buchbare Stellplätze zu schaffen. Die Systeme erfassen freie Plätze in Echtzeit und machen Reservierungen möglich. Auch das Verkehrsministerium ist mit einem Pilotprojekt am Start – ein Fünfpunkteplan soll Abhilfe durch neue Abstellplätze sowie eine bessere digitale Verteilung der bestehenden Kapazitäten schaffen. Das Projekt umfasst dazu:
- telematische Parkverfahren,
- digitale Erfassung der Auslastung,
- bessere Nutzung vorhandener Flächen,
- Förderprogramme für private Investoren.
Toll Collect ist mit dem sogenannten Stellplatz-Informations-Dienst (SID) Teil des Fünf-Punkte-Plans des Verkehrsministeriums und dabei für die Datenerfassung und -bereitstellung verantwortlich. Der Stellplatzinformationsdienst ist der erste zentrale Datendienst, der die Auslastung von Lkw-Rastanlagen entlang der Bundesautobahnen einheitlich erfasst und in fortlaufend aktualisierten Daten öffentlich bereitstellt.
Podcast VR-Funk zur Parkplatznot erläutert den Stellplatz Informations Dienst
Im Podcast VR Funk zum Thema haben Tabea Schulz und Christian Bonk mit dem Toll-Collect Projektleiter Joahnnes Braese darüber gesprochen, wie weit das Gesamtprojekt im Rahmen des Fünf-Punkte-Plans der Verkehrsministeriums gediehen ist und welche Daten erfasst und wie sie bereits jetzt genutzt werden. Aktuell werden die vom SID erfassten Daten schon öffentlich und anonymisiert bereitgestellt und beispielsweise von Park-App-Entwicklern als Datenbasis genutzt. Auch Dispositionen verschiedener Speditionen nutzen die bereitgestellten Daten dazu, ihre Fahrer und Flotten zu navigieren und den Fahrerinnen und Fahrern so bei der schwierigen Stellplatzsuch aktive Hilfestellung zu leisten. Ein effektiver Schritt in die richtige Richtung.
Auch europaweit sind Stellplätze Mangelware
In ganz Europa ist die Lage angespannt: Laut einer Studie fehlen in der EU rund 390.000 Lkw-Stellplätze. Besonders betroffen sind Frankreich, Italien, Polen und Rumänien. Die EU reagiert mit dem Programm Safe and Secure Parking Areas (SSPA), das bewachte und digital buchbare Stellplätze schaffen soll. Bis Ende 2025 fließen über 91 Millionen Euro in den Ausbau – ein Anfang, aber angesichts des Bedarfs nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die Parkplatznot ist ein strukturelles Problem – national wie europäisch. Ohne zusätzliche Flächen, digitale Lösungen und politische Klarheit bleibt die Lage angespannt. Klar ist: Wer fährt, muss auch sicher stehen können. Autohöfe, digitale Dienste und EU-Initiativen sind wichtige Bausteine, doch die Umsetzung braucht Tempo. Denn mit wachsendem Onlinehandel und steigender Lkw-Zahl wird die Stellplatzfrage zur Belastungsprobe für Fahrer und Verkehrssicherheit.