Der Oldenburger Energieversorger EWE plant dort den bislang größten Elektrolyseur des Landes mit einer Leistung von 320 Megawatt. Baubeginn soll im Herbst sein, wie die dpa meldet. Die Anlage ist ein zentraler Baustein in der Strategie des Unternehmens zur Energiewende – doch europäische Vorgaben könnten laut EWE die Wirtschaftlichkeit des Projekts gefährden.
„Wir können in Emden zeigen, dass wir wettbewerbsfähig grünen Wasserstoff in Deutschland herstellen können. Wir haben technisch alles, was wir brauchen“, sagt EWE-Chef Stefan Dohler.
Mit einer Produktion von bis zu 26.000 Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr will das Projekt die Energiewende und Dekarbonisierung in Deutschland unterstützen. Grüner Wasserstoff gilt als Schlüssel zur Dekarbonisierung energieintensiver Branchen. Auch in der Logistik und im Schwerlastverkehr rückt H₂ als alternativer Antrieb in den Fokus.
Doch der Markthochlauf stockt, wie die VR bereits berichtete: Produktionskapazitäten fehlen, Genehmigungsverfahren gelten als aufwendig. EU-Hürden, wie dieses Beispiel zeigt, bremsen zusätzlich aus.
Warum der Standort in Emden ideal erscheint
Der geplante Elektrolyseur entsteht auf einem Areal so groß wie elf Fußballfelder. Aus Sicht von EWE bietet der Standort ideale Voraussetzungen: viel Platz, Zugang zu Pipelines und Speichern, ausreichend nutzbares Wasser – und vor allem: Windstrom im Überfluss. Direkt neben dem Gelände liegt ein großes Umspannwerk, an dem Strom von Windparks an Land und auf See gebündelt wird.
Durch die Elektrolyse – also das Aufspalten von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff – kann überschüssiger Windstrom effizient genutzt werden. 2023 wurden allein in Emden rund 450 Gigawattstunden Windstrom abgeregelt, weil das Stromnetz überlastet war. Dohler: „Diesen Überschuss möchten wir sinnvoll nutzen – für die Wasserstoffproduktion statt zum Nulltarif abregeln.“
EU-Vorgaben könnten Projekt bremsen
Doch genau das lässt die aktuelle EU-Regulierung nur eingeschränkt zu. Für die Produktion von grünem Wasserstoff gelten strikte Strombezugskriterien. So darf nur Strom aus neuen Anlagen verwendet werden (Kriterium der Zusätzlichkeit), und dieser muss zeitgleich zur Wasserstoffproduktion zur Verfügung stehen (Kriterium der stündlichen Gleichzeitigkeit). „Die EU-Regeln geben eine 1:1-Beziehung zwischen Windpark und Elektrolyseur vor, statt den großen Pool erneuerbarer Energien zu nutzen“, kritisiert Dohler. „Das ist ökologisch und ökonomisch Unsinn.“
Die Folge: EWE darf nicht auf günstigen Überschussstrom zugreifen – stattdessen müssen gezielt teurere Strommengen eingekauft werden. Das treibt den Preis für den Wasserstoff, der ab 2027 in Emden produziert werden soll, deutlich nach oben.
Warum grüner Wasserstoff unnötig teuer wird
„Das Kilogramm Wasserstoff wird in Emden etwa 50 Prozent teurer, als es technisch notwendig wäre – weil wir teureren Strom einkaufen müssen, obwohl genug günstiger vorhanden ist“, sagt EWE-Chef Dohler.
Würde es EWE erlaubt, auf überschüssige Windstrommengen zurückzugreifen, ließe sich laut Dohler der Preis pro Kilogramm Wasserstoff deutlich senken – auf unter fünf Euro statt fünf bis zehn Euro. Besonders problematisch: Der Standort Emden produziert bereits heute mehr erneuerbare Energie, als ins Netz eingespeist werden kann.
Rückenwind von Bund und Land
Die Kritik teilt auch die Politik. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) forderte im Mai beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow eine Entschärfung der Vorgaben. „Die Regulierung, die wir in den letzten Jahren insbesondere durch die EU-Kommission aufgesetzt haben, war so streng, dass sich das zarte Pflänzchen Wasserstoff gar nicht entfalten konnte“, sagte Reiche. „Zeitsynchronität und Additionalität sind Auflagen, die hemmen – wir brauchen das Gegenteil.“
Auch aus Niedersachsen kommt Unterstützung: CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner fordert schnellere Genehmigungen und klarere rechtliche Rahmenbedingungen.
Das Energieministerium in Hannover verlangt, die strengen Stromkriterien entweder ganz aufzuheben oder bis 2035 zu verschieben. Andernfalls drohe das „Abwürgen der grünen Wasserstoffwirtschaft schon in der Hochlaufphase“.