Fachkräftemangel in der Logistik – Lager, IT & Disposition

24.10.2025 09:04 Uhr | Lesezeit: 2 min
Hafenmitarbeiter zwischen den Containern an Land
Die Logistik-Mitarbeiter fehlen an vielen Stellen: Als Fahrer, in der Disposition und im Lager. Es gibt verschiedenste Ursachen. Aber welche Strategien können helfen? (Symbolbild)
© Foto: Quality Stock Arts/ AdobeStock

Nicht nur Fahrer fehlen: Die Logistik kämpft mit Engpässen in Disposition, Lager und IT. Was steckt dahinter – und wie lässt sich gegensteuern?

Wenn über Fachkräftemangel in der Logistik gesprochen wird, denken viele zuerst an die Fahrer. Doch das Problem reicht weit darüber hinaus. Disponenten, Lagerarbeiter und IT-Spezialisten sind ebenso schwer zu finden – und das betrifft die gesamte Prozesskette der Branche.

Drei Engpässe, eine Branche

Sieht man sich die branchenrelevanten Statistiken an, fehlen in Deutschland nicht nur rund 70.000 Fahrer, sondern auch zehntausende Beschäftigte in anderen Feldern. Laut einer aktuellen Studie des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV) herrscht auch in anderen Bereichen der Logistik akuter Personalmangel.

Besonders dramatisch ist die Lage in der Disposition: 64 Prozent der befragten Speditionen gaben an, offene Stellen nicht besetzen zu können. In der Lagerlogistik waren 2025 laut IAB-Statistik über 60.000 Stellen unbesetzt – ein deutlicher Anstieg gegenüber den Vorjahren.

Und auch im IT-Bereich wird es eng: Viele Unternehmen investieren in digitale Plattformen, Telematik und Automatisierung, doch die dafür nötigen Fachkräfte sind rar – vor allem für kleine und mittlere Betriebe, die im Gehaltswettbewerb mit Industrie und Tech-Branche zurückfallen.

Das Ergebnis der Personalengpässe: Lieferungen verzögern sich, Prozesse geraten ins Stocken, Kunden spüren die Folgen direkt.

Ursachen für den Fachkräftemangel

Die Gründe für den Fachkräftemangel sind vielfältig. Ein zentraler Faktor ist der demografische Wandel: Rund ein Drittel der Beschäftigten in der Logistik ist über 50 Jahre alt. Gleichzeitig entscheiden sich viele junge Menschen eher für akademische Laufbahnen als für eine Ausbildung in Lager oder Spedition.

Hinzu kommen belastende Arbeitsbedingungen. In der Disposition herrscht hoher Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit ist oft die Norm. Im Lagerbereich sind körperlich anstrengende Tätigkeiten, Schichtarbeit und vergleichsweise niedrige Löhne an der Tagesordnung. Und in der IT konkurriert die Logistik mit Industrie, Banken und Tech-Unternehmen um die besten Köpfe – oft mit schlechteren Karten.

Europaweiter Negativ-Trend

Ein Blick ins Ausland zeigt: Der Fachkräftemangel ist kein deutsches Phänomen.

  • In den Niederlanden wurden 2023 über 20.000 offene Stellen in der Lagerlogistik gemeldet.
  • In Großbritannien führte der Mangel an Fahrern und Lagerpersonal nach dem Brexit zu leeren Supermarktregalen – ein Warnsignal für die gesamte Branche.

Gangbare Wege aus der Krise

Was also tun? Viele Unternehmen setzen auf Ausbildung und Qualifizierung. Kooperationen mit Berufsschulen, duale Studiengänge und eigene Akademien sollen helfen, Nachwuchs zu gewinnen.

Auch die Digitalisierung bietet Chancen: Automatisierte Lager, Robotik und KI können Personalengpässe teilweise kompensieren. – Vorausgesetzt, es gibt genug IT-Fachkräfte, die diese Systeme betreuen.

Ein weiterer Hebel ist das Employer Branding. Logistik muss als Job attraktiver werden. Dazu gehören in erster Linie faire Löhne, flexible Arbeitszeiten und eine besseren Außendarstellung. Auch die Politik ist gefragt: Das 2023 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll den Zugang für Nicht-EU-Bürger erleichtern – doch die Verfahren gelten vielerorts noch als zu bürokratisch.

In unserem Podcast „Verkehrsrundschau Funk“ haben wir dazu mit Maria Harder gesprochen. Sie ist Inhaberin und Dozentin der LOQlearn Academy. Für sie müssten klassische Logistik-Jobs attraktiver gestaltet werden.

„Ein zentraler Punkt ist die Frage nach den Aufstiegschancen, die müssten Azubis und den logistischen Nachwuchskräften klarer kommuniziert werden, um echte Perspektiven zu schaffen“, fordert Maria Harder im Podcast.

Die Dozentin ist auch davon überzeugt, dass Wertschätzung, gegenseitiger Respekt und eine offene Unternehmenskultur vor allem in den Bereichen Disposition und Lager in vielen Unternehmen noch ausbaufähig sind.

Vielerorts haben „Logistik-Jobs“ mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass vor allem im Lager ein rauer Ton herrscht und die Arbeit körperlich sehr anstrengend ist. Dieses Bild ist veraltet und hat mir der Arbeitswelt, beispielsweise in einem digitalisierten, technisch ausgereiften Warenlager wenig zu tun.

Fazit

Die Logistik ist mit über drei Millionen Beschäftigten und einem Umsatz von 327 Milliarden Euro (2023) der drittgrößte Wirtschaftssektor in Deutschland.

Doch ohne qualifiziertes Personal gerät die Supply Chain ins Wanken. Der Fachkräftemangel zeigt: Es fehlen nicht nur Fahrer – sondern die Köpfe und Hände, die die Prozesse dahinter steuern.

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KOMMENTARE

Michael Voßnacke

24.10.2025 - 12:17 Uhr

Das ist ein hausgemachtes Problem, das ich am eigenen Körper erleben musste. Ich habe 29 Jahre bei der Linde GmbH als Transportmanager und Transport-Safety-Manager gearbeitet. Wurde zum 31.08.2022 freigestellt und arbeite nun als Referent / Dozent im LKW-Bereich (BKF etc.). Nach meiner Freistellung wollte ich natürlich in dem Bereich Transportmanagement / Logistikleiter weiterarbeiten. Ich habe über 150 Bewerbungen geschrieben und als gelernter Speditionskaufmann und zusätzlicher Qualifikationen als Gefahrgutbeauftragter Straße, Betriebswirt und Controller keine Anstellung bekommen. Der letzte Weg war dann die Freiberuflichkeit.


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