Black Friday am Postzentrum Frankfurt: Noch fließt die Paketflut aus China

24.11.2025 17:36 Uhr | Lesezeit: 3 min
Eine Mitarbeiterin sortiert Postendungen im IPZ. Im Internationalen Postzentrum am Frankfurter Flughafen hat mitten im November die heißeste Jahreszeit begonnen. Der Black Friday steht vor der Tür
Eine Mitarbeiterin sortiert Postendungen im IPZ. Im Internationalen Postzentrum am Frankfurter Flughafen hat mitten im November, kurz vor dem Black Friday, die heißeste Jahreszeit begonnen
© Foto: picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Der Black Friday steht vor der Tür: Was bedeutet das für die KEP-Branche? Ein Beispiel: Das Internationale Postzentrum am Frankfurter Flughafen.

Die Aktionstage rund um den Black Friday, der in diesem Jahr auf den 28. November fällt, versprechen gute Rabatte. Einige Händler werben mit Bezeichnungen wie Black Week oder Black Deals, da sich die Aktionen oft über mehrere Tage erstrecken. Viele Menschen in Deutschland nutzen sie, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Die Auswirkungen zeigen sich auch bei den Post- und Paketdienstleistern – zum Beispiel bei der Luftpost, die täglich in Frankfurt ankommt.

Briefe waren gestern, die Luftpost am Frankfurter Flughafen wird von kleinen Warensendungen aus Fernost dominiert. Im Internationalen Postzentrum (IPZ) hat mitten im November die heißeste Jahreszeit begonnen.

Zentrum für internationale E-Commerce-Post

„Black Friday und Cyber Monday sind inzwischen stärker als das Weihnachtsgeschäft“, sagt Zentrumsleiter Lutz Weiß. In dem unscheinbaren Gebäude neben dem Terminal 1 wird alles an Post umgeschlagen, was mit dem Flugzeug nach Deutschland kommt oder von hier verschickt werden soll.

Früher dominierten herkömmliche Briefe die Luftpost, doch inzwischen bestimmen kleinteilige Warensendungen das Geschäft, angeheizt durch die einschlägigen Sonderangebotstage und -wochen. „Wir sind zu einem Zentrum für internationale E-Commerce-Sendungen geworden.“

Onlinehandel sorgt für hohes Luftfrachtaufkommen: Mannshohe Paletten

Mehr als mannshoch sind die Paletten, die in China zusammengepackt und per Flugzeug nach Frankfurt geflogen wurden. Kräftige Männer öffnen die Riesen-Pakete, heraus quellen hunderte in Plastik verpackte Einzelpakete für Kunden in Deutschland und anderen europäischen Ländern.

Absender sind Einkaufsplattformen wie Temu, Shein oder Ali Baba. Diese rollen seit einiger Zeit den weltweiten Onlinehandel auf.

Laut einem Ranking des Handelsforschungsinstituts EHI zählten Shein und Temu 2024 bereits zu den größten Onlineshops und Marktplätzen in Deutschland. Nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland (HDE) versenden die beiden Portale täglich rund 400.000 Pakete nach Deutschland.

14 Millionen Deutsche waren 2024 Kunden bei Temu und Shein

Nicht nur über Frankfurt, sondern auch über andere Flughäfen gelangen die Sendungen in die EU. Der Umsatz der Portale hierzulande lag 2024 demnach zwischen 2,7 und 3,3 Milliarden Euro.

Laut HDE kauften im vergangenen Jahr mehr als 14 Millionen Menschen aus Deutschland bei Temu und Shein ein.

Billighändler aus China: Schnell Reichweite gewonnen

„Temu und Shein haben in relativ kurzer Zeit sehr viel Reichweite in der deutschen Bevölkerung erzielt“, sagt Ralf Deckers, Experte beim Handelsforschungsinstitut IFH Köln.

Eine zentrale Rolle spielten dabei die niedrigen Preise. Deckers sieht aber weitere Gründe. So sei es möglich, dort außergewöhnliche oder trendige Produkte zu entdecken, die auf dem deutschen Markt sonst schwer zu finden seien.

Fast 400.000 E-Commerce-Sendungen pro Tag: Handarbeit bleibt

Bis zu 370.000 E-Commerce-Sendungen kommen täglich im IPZ Frankfurt an, mehr als sämtliche Briefe, Postkarten und Pakete zusammen. „Der Sendungsmix wird immer internationaler“, sagt Zentrumschef Weiß. Sein größtes Problem: Die Sendungen sind alles andere als rechteckig. „Wir mussten eine spezielle Verteilmaschine entwickeln.“

Sechs Kameraaugen scannen nun die vorbeiflitzenden, meist grauen Pakete. Sie lesen die Adresse aus und schicken sie in den jeweils richtigen Schacht des Bestimmungsortes.

Auf Handarbeit kann die DHL trotz dieser Automatisierung nicht verzichten. Am „Einschuss“ legen Beschäftigte im hohen Tempo die Pakete im richtigen Abstand und mit der Adresse nach oben auf die Förderbänder.

Zollgrenze von 150 Euro soll fallen

Für die Sendungen aus Nicht-EU-Ländern interessiert sich natürlich auch der Zoll, stichprobenartig. Bei einem Warenwert bis zu 150 Euro fällt zudem nur die Einfuhrumsatzsteuer an, die meist vom Versender pauschal oder vom Beförderer gegen eine Service-Pauschale abgewickelt wird. Zoll muss erst oberhalb dieser Grenze bezahlt werden.

Schilder mit der Aufschrift „Zoll“ hängen an Paketwagen. "Russland Embargo" steht auf einem Paketwagen. Im Internationalen Postzentrum am Frankfurter Flughafen 2025.
Der Zoll kontrolliert stichprobenartig Sendungen aus Nicht-EU-Ländern. Derzeit gilt noch eine Zollfreigrenze für Pakete mit einem Warenwert bis 150 Euro
© Foto: picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Die 150-Euro-Grenze ist dem heimischen Handel wie auch den Staaten schon länger ein Dorn im Auge. Sie soll nach jüngsten Beschlüssen der EU zum Jahr 2028 endgültig entfallen. Mit einer Übergangslösung wollen die Mitgliedstaaten aber schon im kommenden Jahr die Freigrenze faktisch abschaffen.

Noch fehlt es an genauen Verordnungen. Daher möchte sich die DHL nicht zu den konkreten Auswirkungen auf das IPZ am Flughafen äußern.

Paketflut und Tricksereien: Unlauterer Wettbewerb gegenüber heimischen Anbietern

Nach Einschätzung der EU wird nach altem Recht bei den vielen kleinen Paketen massiv getrickst:

  • Zwei von drei seien zu niedrig deklariert, so dass sich die Versender einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber heimischen Anbietern verschafften.
  • Außerdem sei die Freigrenze für Verkäufer ein Anreiz, größere Bestellungen beim Versand einfach auf mehrere kleinere Pakete aufzuteilen.

Die Paketflut in die EU sei so im vergangenen Jahr auf 12 Millionen Stück pro Tag angeschwollen.

Nicht nur Zollverstöße

Ein weiteres Problem: Die Waren entsprechen häufig nicht den europäischen Sicherheitsstandards. Auch unter anderen Gesichtspunkten muss der Zoll die Sendungsflut zumindest stichprobenartig kontrollieren.

So wurden im Jahr 2024 am größten deutschen Flughafen über 10 Tonnen Drogen angehalten, mehr als 800 Waffen beschlagnahmt, mehr als 28.000 Verstöße gegen den Artenschutz entdeckt und über eine Million Stück gefälschter Markenware beschlagnahmt. In diesen Zahlen sind allerdings auch die Aufgriffe im Passagiergepäck und der Luftfracht enthalten.

Mehr Personal bis nach Weihnachten

IPZ-Chef Weiß hat sein Team von 1.400 Leuten zum Jahresendspurt noch einmal um 150 Beschäftigte aufgestockt. Mindestens bis Weihnachten geht die Paketflut auf nur leicht abgesenktem Niveau weiter. Nach dem Fest kommen noch die Retouren und Bestellungen aus Gutscheinen, bevor es auch im Luftpostzentrum etwas ruhiger wird.


Hintergrund: Black Friday/Black Week 2026 – Bedeutung für den Handel

Der Black Friday hat seinen Ursprung in den USA. Der Tag nach Thanksgiving, dem vierten Donnerstag im November, gilt dort traditionell als Start des Weihnachtsgeschäfts.

Die Aktion ist für den deutschen Handel wichtig, allerdings ist der Höhepunkt womöglich überschritten. Die Einnahmen könnten in diesem Jahr erstmals sinken.

Der deutsche Einzelhandel rechnet rund um die Aktionstage mit:

  • 5,8 Milliarden Euro Umsatz,
  • knapp zwei Prozent weniger als 2024.

Die Prognose stützt sich auf eine Verbraucherumfrage. Die schwache Konsumstimmung dämpfe die Erwartungen, heißt es vom Handelsverband Deutschland.

  • Zum Vergleich: 2018 lagen die Erlöse bei 2,5 Milliarden Euro.

Viele Händler sehen den Black Friday zwiespältig. Um gute Rabatte zu geben, verzichteten die Unternehmen vielfach auf Gewinne, sagt Axel Augustin vom Handelsverband Textil Schuhe Lederwaren. Der Verband rät Fachhändlern von der Teilnahme ab. Die meisten großen Ketten nehmen jedoch teil. „Der Druck ist zu groß. Rabatt ist wie eine Droge - für Händler und Kunden“, sagt Augustin.



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