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Bahnstrategie bis Spätsommer: Verkehrsminister kündigt Kurswechsel an

23.06.2025 09:13 Uhr | Lesezeit: 3 min
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (r, CDU) und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, unterhalten sich auf einem Bahngleis beim Pressetermin der Deutschen Bahn (DB)
Verkehrsminister Schnieder (hier im Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Richard Lutz) will mit einer neuen Bahnstrategie Infrastruktur und Zuverlässigkeit verbessern
© Foto: Harald Tittel/dpa/picture alliance

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder plant bis zum Spätsommer eine neue Strategie für die Deutsche Bahn. Im Fokus stehen Infrastruktur, Pünktlichkeit und die künftige Rolle des Bahnvorstands. Auch Generalsanierungen werden neu bewertet.

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Angesichts der anhaltenden Probleme bei der Deutschen Bahn kündigt Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) eine umfassende Strategie zur Neuausrichtung des Unternehmens an. Diese soll bis spätestens Spätsommer 2025 vorliegen und zentrale Weichenstellungen für die Zukunft des Schienenverkehrs in Deutschland enthalten.

„Der Ausgangspunkt ist, dass wir uns genau anschauen müssen: Wo soll die Bahn in ein paar Jahren stehen? Wie kommen wir dahin, dass wir die Ziele umsetzen, die wir der Bahn und uns selbst geben?“, erklärte Schnieder gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Strategie vor Personalfragen

Die Ausarbeitung der Strategie soll zunächst unabhängig von personellen Entscheidungen erfolgen. Erst nach Festlegung der inhaltlichen Eckpunkte will sich der Minister mit Fragen zur künftigen Besetzung des Bahnvorstands befassen – insbesondere mit Blick auf Bahnchef Richard Lutz. Denn es heißt im Koalitionsvertrag, dass angesichts der Misere bei der Bahn auch der Vorstand und der Aufsichtsrat des Unternehmens neu aufgestellt werden sollen, "mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen".

„Der Trainer ist weg und alles wird gut – das halte ich für verkürzt“, so Schnieder. „Das Ziel ist, dass wir eine funktionsfähige, gut aufgestellte Bahn haben. Dazu zählt viel, viel mehr als simple Personalfragen.“

Infrastruktur, Zuverlässigkeit und Nutzerfreundlichkeit

Die Bahn müsse künftig pünktlicher, zuverlässiger und kundenfreundlicher werden. „Sie braucht eine vernünftige Infrastruktur. Sie soll wirtschaftlich agieren. Vielleicht muss sie auch noch familienfreundlicher werden“, sagte Schnieder. Der derzeitige Zustand sei unbefriedigend: „Mit dem Zustand wie im Moment kann niemand richtig zufrieden sein.“

Im Jahr 2024 erreichten die Fernzüge der Bahn einen historischen Tiefstand bei der Pünktlichkeit. Der Konzern strebt für das laufende Jahr eine Quote von 65 bis 70 Prozent pünktlicher ICE- und IC-Züge an – ein Ziel, das angesichts der aktuellen Lage ambitioniert erscheint.

Generalsanierungen unter Beobachtung

Ein zentrales Problem bleibt die überalterte und überlastete und marode Infrastruktur. Die Bahn plant die umfassende Sanierung von über 40 stark frequentierten Strecken – die CDU ist jedoch weiterhin skeptisch, was das Vorhaben angeht.

Schnieder betont, dass man grundsätzlich an den Generalsanierungen festhalten wolle, jedoch mit kritischem Blick auf die Umsetzbarkeit. „Wir haben auch im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir das tun, aber dass wir uns vorbehalten, noch mal genauer hinzuschauen“, sagte er mit Blick auf die geplante Sperrung der Strecke Hamburg–Berlin ab August.

Dabei gehe es auch um die Zumutbarkeit für Fahrgäste und Logistikunternehmen: "Das ist ja auch ein Dialog mit vielen, die davon betroffen sind, bei dem Sie sich anschauen, ist das mit dem Schienenersatzverkehr in Ordnung so, müssen andere Baustellen im Umfeld so sein? Das ist immer ein Arbeiten an den Einzelheiten und Details", sagte Schnieder.

Alle seien sich einig – angesichts des Zustandes der Infrastruktur –, dass das Netz schnell saniert werden müsse. "Dennoch muss man schauen: Was ist zumutbar? Muss ich in einem Jahr neun Hochleistungskorridore parallel machen? Da geht es nicht darum, das auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben. Aber man muss gucken, ob man nicht hier und da eine Belastung rausnehmen oder etwas nach hinten schieben sollte."

Symbolwirkung für das Land

Der Zustand der Bahn sei laut Schnieder ein Spiegelbild der allgemeinen Stimmung in Deutschland. „Die Menschen haben den Eindruck, dass eben nicht mehr alles so funktioniert, wie es funktionieren soll.“ Deutschland habe international für Verlässlichkeit gestanden – ein Ruf, der zunehmend bröckele.

Wettbewerb als Signal

Trotz der Herausforderungen sieht der Minister Potenzial im Schienenverkehr. Die Investitionsankündigung von Flixtrain, bis zu 65 neue Fernzüge beim spanischen Hersteller Talgo zu bestellen, wertet Schnieder als positives Signal: „Das kann man doch nur tun, wenn man glaubt, dass das hier funktionieren kann. Insofern: Das Potenzial ist da und ich glaube auch, dass das gelingen wird.“

Gewerkschaft warnt vor Verzögerungen bei Sanierungsprojekten

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) halten es für falsch, bei der Streckensanierung der Deutschen Bahn Großprojekte zu verschieben,. In einem Schreiben an Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber kritisierte EVG-Vize Kristian Loroch die Überlegungen, Großprojekte zeitlich zu strecken. „Wer Bauzeit verschiebt, verschiebt auch die Lösung“, heißt es in dem Brief, aus dem die Funke-Mediengruppe zitiert.

Auslöser der Kritik war eine Äußerung von Bahnvorständin Daniela Gerd tom Markotten, die gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärt hatte: „Das Verschieben von Baustellen in die nächsten Jahre darf jedenfalls kein Tabu mehr sein.“ Die Infrastrukturgesellschaft InfraGo prüfe derzeit entsprechende Optionen, um Abhängigkeiten im Netz besser zu berücksichtigen.

Loroch zeigte sich irritiert über diese Aussagen. Es entstehe der Eindruck, dass es eher um symbolische Maßnahmen als um eine „solide, koordiniert und technisch fundierte Weiterentwicklung der Infrastruktur“ gehe. Die betroffenen Projekte seien über Jahre hinweg detailliert vorbereitet worden.

Bahn reduziert Anzahl der Sanierungen pro Jahr

Ursprünglich war geplant, bis 2031 insgesamt 42 Strecken im Rahmen der Generalsanierung zu modernisieren. Inzwischen ist von einer Fertigstellung Mitte der 2030er Jahre die Rede. Laut einem internen Schreiben von InfraGo an Verkehrsunternehmen, das der dpa vorliegt, soll die Zahl der Sanierungen auf vier bis fünf Projekte pro Jahr reduziert werden – in Abstimmung mit der neuen Bundesregierung.

(Dieser Artikel wurde am 23.06.2025 um 09:33 Uhr aktualisiert.)

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