Der Wirtschaftsweise Martin Werding sieht nach Angaben der dpa einen deutlichen Anstieg der Sozialabgaben voraus, sollte es keine grundlegenden Reformen geben. In einem Gespräch mit der „Rheinischen Post“ erklärte er: „Die Entwicklung ist atemberaubend.“ Aufgrund der Alterung der Bevölkerung sei absehbar, dass der Anstieg der Beiträge auch in den 2030er Jahren ungebremst weitergehe. „Die Frage ist nicht, ob die Beitragssätze irgendwann 50 Prozent erreichen – sondern wann“, so Werding.
Sozialversicherung: Sprung noch dieses Jahr von 42 auf 43 Prozent
Zurzeit summieren sich die Beiträge zur Sozialversicherung – von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam – auf rund 42 Prozent des Bruttoeikommens. Noch im laufenden Jahr sei mit einem Anstieg auf 43 Prozent zu rechnen, so Werding.
Der Ökonom verweist darauf, dass mehrere Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge bereits 2025 erneut angehoben hätten. Auch in der Pflegeversicherung sei zum Jahreswechsel mit einer weiteren Steigerung der Beiträge zu rechnen.
Rentenkasse erhöht Beiträge
Auch die Rentenversicherung bleibt laut Werding nicht verschont: Zwischen 2027 und spätestens 2028 werde der Beitragssatz, der aktuell bei 18,6 Prozent liegt, nahezu 20 Prozent erreichen. Damit steuere die Sozialabgabenquote bis zum Ende der Legislaturperiode auf rund 45 Prozent zu.
Die derzeit in der Politik diskutierten Ansätze zur Entlastung der Sozialkassen reichen nach Einschätzung Werdings nicht aus. Es brauche strukturelle Reformen, um die zunehmende Belastung für Bürgerinnen und Bürger sowie Arbeitgeber nachhaltig zu begrenzen.

Martin Werding ist seit September 2022 Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft, der die gesamtwirtschaftlichen Entwicklung begutachtet. Seit 2008 lehrt er Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum. Vor der Bundestagswahl 2021 hatte er eine Studie zur Aktienrente, einem Vorschlag der FDP, veröffentlicht.