Milliardenlücke im Verkehrsetat: Länder warnen vor Stillstand bei Autobahnen

18.09.2025 15:40 Uhr | Lesezeit: 4 min
Blick auf die A20-Baustelle zwischen Neubrandenburg und Strasburg (Uckermark).
Das Defizit von 15 Milliarden Euro gefährdet zentrale Infrastrukturprojekte – trotz Sondervermögen
© Foto: Stefan Sauer/dpa/picture alliance

Ohne zusätzliche Mittel drohen bis 2029 Verzögerungen bei 74 Projekten in mehreren Bundesländern.

Die Finanzierungslücke im Bundesverkehrsetat wächst – und die Länder schlagen Alarm. Sie befürchten massive Verzögerungen oder gar Stillstand beim Aus- und Neubau von Autobahnen, Schienenwegen und Wasserstraßen. Auf einer Konferenz in München forderten die Verkehrsminister deshalb eine verlässliche Finanzierung für Ausbau, Erhalt und Sanierung der Bundesinfrastruktur.

15 Milliarden Euro Defizit bis 2029

Laut Bundesverkehrsministerium liegt das Defizit allein im Bereich Bundesfernstraßen im Zeitraum 2026 bis 2029 bei rund 15 Milliarden Euro. Für Autobahnprojekte wird bis 2029 ein Mehrbedarf von 5,5 Milliarden Euro erwartet. Grund dafür ist vor allem die starke Baupreisentwicklung der letzten Jahre.

Gefahr von Verzögerungen bei Autobahnen und Bundesstraßen

Im neuen „Finanzierungs- und Realisierungsplan“ der Autobahn GmbH wird deutlich: 74 baureife Projekte könnten trotz Genehmigung nicht starten, wenn die Haushaltsmittel nicht aufgestockt werden.

Betroffen sind u. a. die A20 im Norden, die A1 in NRW und Rheinland-Pfalz sowie die A39 in Niedersachsen. Auch für Bundesstraßen wie Ortsumgehungen fehlen bis 2029 rund 6 Milliarden Euro. Zusätzlich mangelt es an Geld für Planungskosten und den Betriebsdienst, was kurzfristig zu verschlechterten Straßenverhältnissen führen könnte.

Länder und Bauindustrie fordern Klarheit

„Der Bundesverkehrsminister sollte schleunigst für Klarheit sorgen“, kritisierte Niedersachsens Verkehrsminister Grant Hendrik Tonne (SPD). Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) verlangte eine Investitionsoffensive, um einen drohenden Verkehrskollaps zu verhindern.

Auch die Bauwirtschaft warnt: „Verschobene oder gestrichene Projekte bedeuten kaputte Straßen, Sperrungen und Staus“, so Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie.


Sondervermögen bringt zusätzliche, aber zweckgebundene Mittel

Der Bundestag hat ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro beschlossen, wovon 100 Milliarden an die Länder und 100 Milliarden in den Klima- und Transformationsfonds fließen. Ein Teil soll in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden – jedoch liegt der Fokus auf Sanierung und Erhalt von Autobahnbrücken und Schienennetz nach dem Prinzip „Erhalt vor Neubau“.

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) betont zwar, auch der Neubau müsse berücksichtigt werden, konnte sich in den Haushaltsverhandlungen bislang jedoch nicht durchsetzen.



Kritik an Verschiebebahnhof und komplexer Finanzstruktur

Grüne und andere Kritiker werfen der Regierung vor, Gelder aus dem Kernhaushalt ins Sondervermögen zu verschieben, um freie Mittel für Wahlgeschenke wie steuerliche Entlastungen oder Rentenzuschläge zu nutzen. So entsteht ein „Verschiebebahnhof“, während ab 2027 weitere Milliardenlücken im Kernhaushalt drohen.

Auch Schienenprojekte von Kürzungen betroffen

Die Bahn erhält zwar zusätzliche Milliarden aus dem Sondervermögen zur Sanierung des Bestandsnetzes, für Neu- und Ausbauprojekte fehlt aber Geld. Beispiele sind die geplante Strecke Frankfurt–Mannheim oder die Neubaustrecke Augsburg–Ulm, die Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als „für den ganzen Süden Deutschlands unverzichtbar“ bezeichnet.

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