Superpanther eTopas 600: Chinas E-Lkw erobert Europa

Eine Klarstellung ist den Verantwortlichen bei Superpanther besonders wichtig. Man wolle den europäischen Markt nicht mit E-Lkw überfluten. Vielmehr setze man auf gesundes Wachstum und peile für 2026 zwischen 100 und 200 verkaufte Einheiten in Europa an. Angesichts der derzeitigen Zulassungszahlen von schweren batterieelektrischen Sattelzugmaschinen erscheint uns zwar auch dieses Ziel ambitioniert, die Sorge, dass demnächst ganze Schiffe voll beladen mit den batterieelektrischen Lastwagen aus China anlegen werden, dürfte aber zumindest im Falle von Superpanther unbegründet sein. Wobei diesen klingenden Namen viele wahrscheinlich noch gar nicht einordnen können? Hinter Superpanther steckt ein 2022 gegründetes Startup aus China, das sich erstmals auf der IAA Transportation 2024 in Europa zeigte. In China als "Black Diamond" Das Unternehmen hat verschiedene Komponenten für schwere E-Lkw entwickelt, darunter eine E-Achse, Hochvolt-Plattformen sowie Wärmemanagementsysteme und hat nach eigenen Angaben in China bereits einige Hundert Fahrzeuge auf der Straße - dort allerdings unter dem Namen "Black Diamond". Nun nimmt der Newcomer Europa ins Visier und tat sich dafür mit einem namhaften Partner zusammen. Denn die Zugmaschine rollt nicht als fertiges Fahrzeug vom Schiff, sondern gelangt in Baugruppen nach Europa. Das meiste, wie Fahrerhaus, Batterien und natürlich die von Superpanther selbst gefertigten Komponenten, sind "Made in China" - auch wenn knapp 20 europäische Zulieferer am Projekt "eTopas 600" beteiligt sind. Die Hochzeit aller Bauteile wird im österreichischen Steyr stattfinden, genauer bei Steyr-Automotive. Ein Ort mit großer Lkw-Vergangenheit. Vielen dürften die kantigen Steyr-Lkw noch ein Begriff sein, die hier bis in die 90er-Jahre gebaut wurden, bevor der Ösi-Hersteller Anfang der 90er-Jahre von MAN übernommen wurde. Die Münchener nutzten das Werk für die Produktion ihrer leichten und mittelschweren Baureihen TGL und TGM. Durch die Produktionsverlagerung ins polnische Krakau ist das allerdings ebenfalls seit dem Jahr 2023 Geschichte. Die seitdem mehr oder weniger brachliegenden Fertigungslinien beheimaten künftig die Endmontage der Superpanther, auch wenn hier bisher noch Stille herrscht. Denn zwar habe der Verkauf bereits begonnen, ausgeliefert werden die ersten Exemplare des eTopas 600 aber nicht vor Sommer kommenden Jahres. Umfangreiche Serienausstattung Genügend Platz also, für unser erstes Aufeinandertreffen mit dem Newcomer. Der wirkt für europäische Augen durchaus gefällig. Schließlich mixt seine, von einem chinesischen Zulieferer stammende Kabine die Stilelemente mehrerer europäischer Hersteller - zumindest in den Augen des VR-Autors. Präsent auf der Front: das Superpanther-Logo, die in ihm angedeuteten Buchstaben S und P erkennen wir erst nach entsprechendem Hinweis der Verantwortlichen. Unmissverständlich dagegen der Steyr-Schriftzug rechts an der Front, diesen guten Namen nimmt man natürlich gern als Markenbotschaft mit. Wenige Überraschungen auch nach dem Öffnen der Fahrertür. Vier Stufen führen hinauf ins Hochdachfahrerhaus. Die oberste baut allerdings ungewohnt flach, entsprechend eng dürfte es hier mit klobigen Arbeitsschuhen werden. Auf dem Fahrersitz Platz genommen, fällt die hellbeige Innenraumfarbe ins Auge, die sich bis in den Bereich des Fußraums erstreckt. Unserer Meinung nach nicht die beste Wahl, denn hässliche Verschmutzungen lassen sich kaum vermeiden. Das hat man bei Superpanther aber bereits erkannt und arbeitet aktuell an einer Alternative. Denn Wahlmöglichkeiten werden der Kundschaft abgenommen, wie man es bei Superpanther vornehm ausdrückt. Lediglich die Außenlackierung und die Reifenmarke sind frei wählbar. Alles andere, auch die Ausführung als 4x2-Sattelzugmaschine, sind als Standard gesetzt. Allerdings dürfte die üppige Serienausstattung des eTopas 600 kaum Wünsche offenlassen. Alufelgen, Kühlbox, 230-Volt-Steckdose (2 kW) in der Kabine und ein ausziehbarer Tisch vor dem Beifahrersitz, der wie beim Fahrer vollklimatisiert ausgeführt ist. Dazu kommen großzügige Staufächer sowie eine Stehhöhe von mehr als 1,90 Meter - das alles sei hier nur als Auszug aus der langen Liste genannt. Verzicht ist durch den Wechsel auf den Lkw aus China für das Fahrpersonal also nicht angesagt. Technische Daten Superpanther eTopas 600 Motoren 2 Elektromotoren an Hinterachse angeordnetGesamtleistung konstant: 394 kW (536 PS)Gesamtleistung im Peak: 692 kW (941 PS)maximales Drehmoment: keine Angabe Getriebe automatisiertes Schaltgetriebe an Antriebsachse angeordnet,2 Vorwärtsgänge, 1 Rückwärtsgang Batterien und Laden Hersteller: CATL; Typ: Lithium-Eisen-Posphat (LFP),Kapazität pro Pack (brutto/netto): 51,75 kWh / 50 kWhVerbaute Packs am Fahrzeug: 12;Gesamtkapazität:(brutto/netto): 621 kWh / 600 kWh,Reichweite (Herstellerangabe): ca 500 kmCCS-Ladebuchse rechts und links,Ladeleistung: maximal 400 kW,später erhältlich: Duales Laden über beide CCS-Buchsen mit bis zu 800 kW,Ladespannung: 800 V, Garantien auf Batterien: 8 Jahre/1,2 Millionen km/4500 Ladezyklen Maße und Gewicht L x B x H: 6475 x 2550 x 3980 mm;Radstand: 4000 mmAufsattelhöhe: 1100 mm,Leergewicht 4x2-Sattelzugmaschine (Herstellerangabe): 10.800 kg Moderne E-Achse an Bord Auch weil Superpanther verspricht, die nicht dem europäischen Standard entsprechenden Sonnenblenden vor dem Serienstart noch einmal zu überdenken. Wo vor dem Start aber auf jeden Fall noch nachgelegt wird, ist bei der Lenkradverstellung. Diese funktioniert bei der Vorserienversion zwar in der Neigung, nicht aber in der Höhe. Kommen wir zur Technik: Ähnlich wie bei den E-Lkw von Mercedes-Benz sorgen zwei direkt an der Hinterachse angeflanschte E-Motoren für Vortrieb. Anders als beim eActros mit seinem Viergang-Planetengetriebe übernimmt im Superpanther aber eine selbstentwickelte automatisierte Zweigangbox die Verteilung der Antriebskraft. Von der steht reichlich zur Verfügung: Die Dauerleistung wird mit 394 Kilowatt (kW) angegeben, im Peak werden gar 692 kW (also 941 PS!) auf die Hinterreifen losgelassen. Die nötige Energie speichern zwölf LFP-Akkupakete mit knapp 52 Kilowattstunden (kWh) Brutto-Kapazität, für die mit einem langen Radstand von 4000 Millimetern Platz geschaffen wird. Die Akkus stammen wie beim Mercedes-Benz eActros 600 vom Zulieferer CATL und weisen daher wenig überraschend die gleichen Werte aus. Von den insgesamt 621 Brutto-kWh sind 600 nutzbar. Auch mit einem voll beladenen Sattelzug sollen 500 Kilometer Reichweite so kein Problem sein, was wir nach unseren bisherigen Erfahrungen mit schweren Elektro-Lastwagen als realistisch einschätzen. Mehr aufhorchen lässt das angegebene Leergewicht der Testsattelzugmaschine von 10,8 Tonnen. Das wären gut 900 Kilo weniger als der ähnlich aufgebaute eActros 600 auf die Waage bringt. Wie die Chinesen das hinbekommen, quittieren sie mit einem stolzen Lächeln und verweisen beispielsweise auf die Batterieabdeckungen, die aus einem neuartigen Kunststoff bestehen, der leichter, aber gleichzeitig sehr stabil baue. Noch einen technischen Leckerbissen, der sich auf der kurzen Optionsliste finden wird, hat unser eTopas 600 hinter der Kabine montiert: Über eine 400 V/AC-Steckverbindung lassen sich bis zu 20 kW aus den Fahrbatterien entnehmen, worüber sich beispielsweise das E-Aggregat eines Kühlaufliegers betreiben ließe. Doch wie schlägt sich nun der Lastwagen aus China auf europäischen Straßen? Genauso souverän und unspektakulär, wie seine hiesigen Artgenossen, auch wenn der eTopas 600 beim Tritt aufs Fahrpedal ungezügelter losstürmen darf, als es viele der europäischen Hersteller mit Rücksicht auf den Energieverbrauch und sicher auch den Reifenabrieb ihren Stromern erlauben. Nahezu unmerklich erfolgt zwischen 40 und 45 km/h der Wechsel in die zweite Fahrstufe. Intuitiv gestaltet sich auch das Bedienkonzept. Der Blick nach hinten funktioniert im Superpanther über ein Kamerasystem, das sich auf unserer ersten Testfahrt als brauchbar erweist. Fahrtrichtung und die Rekuperation werden über den rechten Lenkstockhebel gesteuert - so wie man es eben kennt. Zudem gewährt der vollluftgefedert ausgeführte Superpanther die Wahl zwischen einem Normal- und einem Power-Modus, die Aktivierung von Letzterem kann man sich aber getrost sparen. Den Service übernimmt Alltrucks Bei keinem Hersteller einsparen lässt sich ein funktionierendes Servicenetz. Dieses will Superpanther über den freien Truck- und Trailer-Service Alltrucks gewährleisten. 650 Werkstätten stünden europaweit zur Verfügung, die aktuell entsprechend geschult werden. Zudem kann man seinen eTopas 600 online im Blick behalten und bei sich anbahnenden Problemen frühzeitig reagieren. Und sollte es trotzdem zu tieferliegenden Defekten kommen, planen die Chinesen an neuralgischen Standorten komplette Austauschzugmaschinen zu stationieren. Bei der Anschaffung kann die Kundschaft zwischen Kauf, Miete oder Leasing inklusive Vollservicepaket wählen. Fehlt aber noch das für viele Kaufinteressenten Wichtigste: der Preis. Genaue Zahlen nennt Superpanther nicht, gibt aber ein selbstbewusstes Versprechen zu Protokoll: Unter Einbeziehung aller Gesamtkosten soll der Griff zu einem Superpanther spürbar günstiger sein als bei den etablierten Wettbewerbern. Eine Ansage, deren Wahrheitsgehalt sich zwar erst noch beweisen muss, die technischen Voraussetzungen scheint der eTopas 600 aber mitzubringen.