EU-Rechtsausschuss will Lieferkettengesetz deutlich abschwächen

14.10.2025 09:40 Uhr | Lesezeit: 3 min
Ein symbolischer Holzstempel mit der Aufschrift "EU-Lieferkettengesetz", gehalten von einer Hand im Anschnitt vor den Flaggen der BRD und der EU auf einer Betonwand mit Absatz in der Mitte als Hintergrund.
Der EU-Rechtsausschuss will das Lieferkettengesetz auf Großunternehmen beschränken
© Foto: picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow / SULUPRESS.DE

Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat für eine Abschwächung des Lieferkettengesetzes gestimmt. Menschenrechtsorganisationen wie Misereor kritisieren die geplanten Änderungen scharf.

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat sich mit deutlicher Mehrheit für eine Abschwächung des geplanten EU-Lieferkettengesetzes ausgesprochen, vermeldete die dpa. Mit 17 Stimmen dafür, 6 dagegen und 2 Enthaltungen wurde beschlossen, die Anforderungen künftig nur noch auf Großunternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro zu beschränken. Ursprünglich sollten bereits Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Euro Umsatz betroffen sein.

Darüber hinaus sieht der Ausschuss vor, dass Unternehmen bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten nicht mehr zivilrechtlich haftbar gemacht werden können – zumindest nicht auf EU-Ebene.

Gesetzgebung noch nicht abgeschlossen

Die vorgeschlagenen Änderungen sind noch nicht final. Ein Kompromiss mit den EU-Mitgliedstaaten soll in den kommenden Wochen verhandelt werden. Bereits im Juni hatten die Staaten ähnliche Lockerungen befürwortet.

Menschenrechtsschutz als ursprüngliches Ziel

Das Lieferkettengesetz wurde im vergangenen Jahr beschlossen, um weltweit Menschenrechte zu stärken. Es soll sicherstellen, dass große Unternehmen nicht von Praktiken wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Aufgrund von Kritik aus der Wirtschaft wird nun über eine Vereinfachung der Richtlinie diskutiert, bevor sie überhaupt in Kraft tritt.

Kritik der geplanten Änderungen

Die Entscheidung des Rechtsausschusses stößt auf deutliche Kritik. Die Hilfsorganisation Misereor bezeichnet die geplanten Änderungen als Demontage des Gesetzes und eine Entrechtung der Schwächsten:


"In Deutschland würden nach der Position des Rechtsausschusses nur noch etwa 120 statt bisher 2.700 Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte und die Umwelt überhaupt zu achten"

– so Misereor.


Kontroverse um Verhandlungstaktik

Auch die Vorgehensweise des zuständigen Verhandlungsführers Jörgen Warborn von der EVP-Fraktion sorgt für Diskussionen. Ihm wird vorgeworfen, mit einer Mehrheit aus rechten bis rechtsextremen Kräften gedroht zu haben, um weitergehende Änderungen durchzusetzen. Auf die Kritik angesprochen, erklärte Warborn bei einer Pressekonferenz: „Ich bin sehr auf die Ergebnisse fokussiert.“ Er begrüßte die neue Mehrheit mit Sozialdemokraten und Liberalen und verwies auf die wirtschaftliche Lage – viele Unternehmen entschieden sich dafür, nicht in Europa, sondern in anderen Teilen der Welt zu investieren.

Sollte das Parlament das Mandat des Ausschusses in der nächsten Plenarsitzung billigen, beginnen die Abgeordneten und die EU-Regierungen am 24. Oktober voraussichtlich die Verhandlungen über den endgültigen Wortlaut der Rechtsvorschrift.


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