"Viele wissen gar nicht, was heute in Logistikimmobilien möglich ist"

Sie sind mit dem BVL-Themenkreis Logistikimmobilien zentraler Partner der Buildinx. Welche Themen haben die Messeteilnehmer in diesem Jahr besonders beschäftigt? Das waren nach wie vor die Themen Nachhaltigkeit, Solar, Energie. Insbesondere das Thema Elektromobilität spielt hier immer stärker rein, und zwar für nicht nur für Pkw, sondern auch für Lkw. Wir arbeiten im Themenkreis Logistikimmobilien und hier in der Fokusgruppe Power of Logistics an dem Konzept 'E-Mobility Ready'. Ziel ist die Definition eines Baustandards für Logistikimmobilien, um den Anforderungen der Elektromobilität gerecht zu werden. Da geht es nicht nur um Ladeinfrastruktur, sondern auch um das Thema Stromversorgung und Energiemanagementsysteme. Was gebraucht wird, ist eine intelligente Nutzung von Tag- und Nachtstrom. Weil Batteriespeicherlösungen mittlerweile deutlich günstiger geworden sind, gibt es jetzt wettbewerbsfähige Lösungen für diese ganzheitlichen Energiekonzepte. Wir befinden uns in einer Wirtschaftskrise – sind Nutzer aus der Logistik gerade überhaupt bereit, in moderne und nachhaltige Logistikimmobilien zu investieren? Die Wirtschaftskrise macht sich auf dem Logistikimmobilienmarkt leider deutlich bemerkbar. Wir haben aktuell 7,5 bis 8 Millionen Quadratmeter Bestandsflächen im Leerstand. Dadurch stehen Neubauimmobilien stärker denn je im Wettbewerb zum meist günstigeren Bestand. Ich fürchte also, dass es die Bestandsflächen sind, die als erstes wieder bezogen werden und der Neubau es weiterhin schwer hat. Andererseits ermöglichen Photovoltaik und erschwinglich gewordene Batteriespeicherlösungen, Energiemanagementsysteme und Geothermie, den Betrieb einer Logistikimmobilie wirtschaftlicher zu machen. Dachstrom selbst nutzen und günstigen Strom einkaufen - das bedeutet für den Nutzer klare wirtschaftliche Vorteile. Wir müssen ihn überzeugen: Wenn du in der Kaltmiete eine höhere Investition in eine Immobilie tätigst, dann kannst du bei der Zweitmiete umso mehr Kosten sparen. Trotzdem werden aus der Speditions- und Logistikbranche oft noch Standardimmobilien nachgefragt… Ja, das ist so. Heute sagt der Nutzer einem Makler, einem Entwickler oder einem Generalunternehmer: ich möchte eine neue Immobilie. Dann fragt der Generalunternehmer oder Entwickler: Was willst du denn für eine Immobilie haben, mit welcher Spezifikation? Viele Logistiker wissen gar nicht, was aktuell alles möglich ist und sagen: bau mir eine Halle zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Also kriegen sie ein Angebot mit günstigsten Baukosten, während Innovation und Nachhaltigkeit oft auf der Strecke bleiben. Auch das ist ein Grund, warum wir die Buildinx machen: um dem Nutzer zu zeigen, was alles in einer Lagerhalle verbaut werden kann, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Da geht es nicht nur um PV und Batteriespeicherlösungen – wir wollen alle Komponenten-Lieferanten sichtbar machen und ihre innovativen Produkte zeigen: im Bereich der Tore, Böden, Isolation, Brandschutz. Ein zentraler Hebel beim Thema Nachhaltigkeit ist aber immer noch Photovoltaik. Insgesamt sind jedoch nur 18 Prozent der Logistikimmobilien in Deutschland mit PV belegt. Warum wird das riesige Potenzial gerade im Bestand nicht besser genutzt? Das hat vielfältige Gründe. Einer ist, dass den Dächern von vielen älteren Hallen die Statik fehlt, um leistungsfähige PV aufs Dach zu schrauben. Oder das Dach ist marode und muss vor der Installation erst noch aufwändig saniert werden. Das Hauptproblem ist meiner Einschätzung nach aber der Zustand des Stromversorgungsnetzes in Deutschland. Wir haben 7500 Gewerbegebiete und viele davon haben nur eine minimale Kapazität. Gleichzeitig ist die Möglichkeit, überschüssigen Solarstrom ins Netz einzuspeisen, stark reglementiert. Es gibt vom Bund dreimal im Jahr Ausschreibungen für Aufdach-Solaranlagen, bei der die Mengen für die Einspeisung aus Gewerbeimmobilien vergeben werden. Die eingereichten Gebote überschreiten das ausgeschriebene Volumen deutlich und waren bis dato massiv überzeichnet. Kurz gesagt: Die Nachfrage nach PV ist da, die schwache Netzinfrastruktur bremst das Wachstum aber aus. Das infrastrukturelle Problem ist nicht von heute auf morgen zu lösen – wir brauchen aber mehr Erzeugung von erneuerbaren Energien in und um Logistikimmobilien. Haben Sie eine Idee, wie das gelingen kann? Schauen Sie in die Niederlande, ein Land mit miserablem Stromnetz. Kürzlich hat Prologis dort ein Logistikzentrum gebaut, das dank eines leistungsfähigen Batteriespeicher- und Energiemanagementsystems energietechnisch völlig autark betrieben werden kann. In den letzten Jahren wären solche Batteriespeicher nicht zum Einsatz gekommen, weil die einfach viel zu teuer waren. Das hat sich geändert. Wenn die Konstellation mit Batteriespeichern eine wirtschaftlich lösbare ist, dann läuft das auf eine dezentrale Energieversorgung hinaus. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, bei dem auch gezielt die Energieinfrastruktur ins Visier genommen wird, drängt sich ein zusätzliches Argument auf: Wenn jedes Gewerbegebiet sich dezentral mit Strom versorgen kann, wird die Resilienz der gesamten Energieversorgung gestärkt. Welche Themen standen auf der Buildinx noch im Fokus? Momentan diskutieren wir Nutzungen, die vor einiger Zeit noch kaum Thema waren. Stichwort: Defence. Da sind von behördlicher Seite noch viele Fragen zu klären, sei es zu den Vergabemodalitäten, aber vor allem auch die Anforderungen betreffend. Mit Rechenzentren tritt eine mögliche neue Assetklasse in Konkurrenz zu normalen Logistikflächen. Da herrscht aktuell regelrecht Goldgräberstimmung, weil man auf viel höhere Mieten hofft. Es ist aber sehr aufwendig, ein Rechenzentrum zu bauen. Die Kühlsysteme produzieren Lärm und Abwärme, daher unterliegt dieser Immobilientyp dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Das bedeutet einen zusätzlichen Genehmigungsaufwand von einem Jahr. Aufgrund des immensen Energiebedarfs sind nicht alle Standorte geeignet. Hier sind wir wieder bei der Netzinfrastruktur. Mehr zum Thema Logistikimmobilien Logistikimmobilien-Spezial: Schaltzentrale der Logistik Vom Schotterfeld zum Logistik-Hub: Brownfields überholen Greenfields Delta Development erhält Logix Award 2025