Über allem steht der Laderaummangel

Häufig werden Verbandstagungen oder Kongresse von einem Thema beherrscht. Bei dem Unternehmertag des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV) vergangene Woche in Berlin gab es zahlreiche Anwärter für das Ranking der am heißesten debattierten Themen. Denn zeitgleich gab es zahlreiche Ereignisse, die für Schlagzeilen sorgten. Gleich an vorderster Stelle natürlich die entscheidende Phase der Jamaika-Verhandlungen: Eigentlich sah der Plan von CDU/CSU, der FDP und Bündnis 90/Die Grünen vor, sich noch zeitglich mit der Verbandsveranstaltung auf eine Regierungsbildung zu einigen. Doch es wurde dann doch weiter verhandelt, weshalb auf der Tagung nicht nur in der Politikerrunde eifrig spekuliert wurde (siehe auch Kasten Seite 23), wobei viele Einschätzungen sich drei Tage später als falsch herausstellten. Dann tagte parallel zum DSLV-Event die Weltklimakonferenz in Bonn, auf der sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron trafen. Und wie die CO2-Ziele eingehalten werden sollen, ist ja durchaus von hoher Relevanz für das Speditionsgewerbe. Einigen Teilnehmern der DSLV-Tagung war dann sogar die nur wenige Kilometer entfernt stattfindende Bambi-Verleihung eine Erwähnung wert. Vielleicht auch deshalb, weil die Abendveranstaltung beim DSLV zwar keinen Tom Jones mit seinem Song "Sex Bomb" aufbieten konnte, aber die Party-Atmosphäre im Bricks-Club für Verbandstagungen fast schon revolutionären Charakter hatte. Zahlreiche Aufreger also. Ach ja, nicht zu vergessen der Vortrag vom Ex-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach, der zum Nachdenken anregte und dessen Äußerungen über sozial Schwache zumindest diskussionswürdig waren. Aber über keines dieser Ereignisse (im Übrigen auch nicht das Motto des Unternehmertages "Flagge zeigen - für ein grenzüberschreitendes Europa") wurde im Tagungshotel aber so eifrig und auch kontrovers gesprochen wie über den Frachtraummangel. "Ab 2018 ist zu befürchten, dass es zu Versorgungsengpässen kommt. Wir werden dann die Ware, die produziert wird, womöglich nicht so abholen können, wie es der Auftraggeber in der Vergangenheit gewohnt war", sagte DSLV-Präsident Mathias Krage gegenüber der Presse auf dem Unternehmertag. Die Lage werde sich für die Auftraggeber "komplett neu darstellen", prophezeite der Spediteur. Er machte dafür die Fahrermangel verantwortlich. Schon heute würden 45.000 Fahrer fehlen. Jeweils 10.000 könnten durch Ausbildung und Personal aus dem Ausland gedeckt werden. "Dann fehlen aber immer noch 25.000 Fahrer", rechnete Krage vor. "Mit den jetzigen Strukturen, mit den jetzigen Möglichkeiten, mit der jetzigen Art und Weise der Organisation der Transporte werden wir eine erhöhte Nachfrage nicht bedienen können", ergänzte Axel Plaß, Mitglied im Präsidium des DSLV und geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Konrad Zippel. Der Mangel an Frachtraumkapazitäten ist mit einer Reihe von Folgen verbunden, über die auch die Spediteure auf der Tagung immer wieder sprachen. So wurde auf die steigenden Kosten hingewiesen, die nahezu alle zu spüren bekommen - ob sie nun Teil eines Stückgutnetzes sind oder Direktverkehre im Komplett- oder Teilladungssegment abwickeln. Der Aufwand steigt zum einen deshalb, weil die Löhne für die Fahrer anziehen. Zum anderen beklagen Spediteure mit eigenem Fuhrpark, dass einzelne Fahrzeuge mangels Fahrer nicht besetzt werden können und zugleich aber Leasingraten oder Mieten weiterlaufen oder die Kapitalkosten nicht verdient werden können. Die Schattenseite des Nachfragebooms Diese Entwicklung ist bereits am Markt spürbar: "Das Machtgefüge ändert sich", sagte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Die Verlader seien zu Zugeständnissen bereit. Bei Ausschreibungen würden hohe Standards auch schon mal aufgeweicht. Und Krage ergänzte, dass man jetzt in Preisverhandlungen einsteige, die man früher nicht mit dem Kunden geführt habe, und umgekehrt, der Kunde dies auch nicht zum Anlass nehme, die Leistung neu auszuschreiben. Plaß jedoch wollte den Eindruck vermeiden, dass in der Spedition jetzt das große Geld verdient werde. "Dazu ist unser Markt viel zu klein- und mittelständisch geprägt, weshalb es immer wieder Anbieter gibt, die bereit sind, zu günstigeren Konditionen ihre Leistung anzubieten", sagte der Spediteur. Und auch Krage verwies darauf, dass es jetzt zunächst mal darum gehe, die deutlich gestiegenen Kosten aufzufangen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier DSLV www.verkehrsrundschau.de/dossiers Erwartungen an die Verkehrspolitik Verkehrspolitiker wollen nicht an den Investitionen rütteln Als der DSLV die Runde mit den Verkehrspolitikern geplant hatte, war man davon ausgegangen, bereits über die Erwartungen an eine dann schon im Amt befindliche Regierung diskutieren zu können. Doch zum Zeitpunkt des Unternehmertages ging es in den Jamaika-Verhandlungen noch hoch her.Unter den drei Politikern beim DSLV bestand Einigkeit, dass es in der kommenden Legislaturperiode - trotz vieler Begehrlichkeiten wie Abschaffung des Solis, Investition in Bildung und Digitalisierung et cetera - keine Abstriche bei den Investitionen in die Verkehrswege geben darf."Bei der Verstetigung der Investitionslinie sehe ich einen Konsens bei den Parteien", sagte Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Kirsten Lühmann, für die SPD im Verkehrsausschuss tätig, betonte die Richtigkeit des Investitionshochlaufes. Aber sie verwies darauf, wie schwierig es sei, bei den Haushaltspolitikern Geld für die Investitionen lockerzumachen, da es viele Begehrlichkeiten gäbe.Michael Donth (CDU), ebenfalls Mitglied im Verkehrsausschuss, machte sich für eine Planungsbeschleunigung bei Verkehrsprojekten stark. Er stellte nicht die Klagerechte an sich infrage. "Aber wir müssen die Bevölkerung frühzeitiger einbinden", lautete seine Empfehlung. Und er sprach sich dafür aus, dass eine nach Abwägung aller Interessen getroffene Entscheidung dann nicht mehr in Zweifel gezogen werde. cd