Offenburg. Rüdiger Grube weiß, wohin die Reise geht. „Wir nehmen Kurs auf die Woche der Entscheidung", sagt der Bahnchef an Bord des Sonderzugs. Mit ihm ist Grube auf Tour durchs Ländle. Am Samstag fuhr er von Stuttgart aus über Karlsruhe die Rheintalschiene entlang nach Freiburg. Grube nimmt die Befürworter von Stuttgart 21 mit auf die Reise Richtung Volksentscheid am 27. November. Für den Chef der Bahn, der sich Stuttgart 21 eng verbunden fühlt, geht es um mehr als nur um einen Bahnhof.
Es war seine Idee, vor dem Volksentscheid einen Sonderzug durch das Land fahren zu lassen. Auf der Strecke der Gäubahn waren Grube und seine Unterstützer bereits unterwegs. Am Samstag, rund eine Woche vor dem Volksentscheid, nimmt sich Grube noch einmal den ganzen Tag Zeit. Er fährt mit dem Sonderzug auf der Rheintalbahn. Grube und seine Unterstützer machen Station in Karlsruhe, Rastatt, Baden-Baden, Offenburg, Lahr und Freiburg. Auf dem Bahnsteig organisieren sie kleine Kundgebungen.
Das Interesse ist vergleichsweise gering. Rund 150 Passagiere sind an Bord, viele Bürgermeister sind dabei. Platz wäre für 400 Menschen gewesen. Und auf den Bahnsteigen bilden sich nur kleine Grüppchen, als der Zug einfährt. Gegner von Stuttgart 21 machen sich nicht die Mühe, zu kommen. Lediglich in Freiburg müssen sich Grube und seine Leute dem Lärm einiger Trillerpfeifen stellen.
„Ich möchte mir in einer Woche nicht selbst vorwerfen müssen, ich hätte nicht bis zum Schluss gekämpft", sagt Grube. Für ihn ist das Engagement für das umstrittene milliardenschwere Bahnprojekt Überzeugungssache. Ihn bewegt das Grundsätzliche. „Es geht bei diesem Volksentscheid nicht um Stuttgart, es geht nicht um Baden- Württemberg, es geht um den Wirtschaftsstandort Deutschland", sagt Grube auf dem Bahnsteig in Offenburg. Scheitere Stuttgart 21, so könnten zukünftig auch andere Großprojekte nicht durchgesetzt werden. Dem Land drohe Stillstand. Mit verheerenden Folgen für die Wirtschaft.
Mit auf die Reise nimmt Grube unter anderem die Fraktionschefs Peter Hauk (CDU) und Claus Schmiedel (SPD). „Wir wollen Flagge zeigen", sagt Hauk. „Alle profitierten von Stuttgart 21." Die Städte und Gemeinden im ganzen Land würden an die bessere Schienen- Infrastruktur angebunden. Hauks SPD-Kollege Schmiedel sagt: „Es geht um die Zukunft unseres gesamten Landes."
Der Bahnchef und seine Unterstützer treten mit ihrem Werbefeldzug den Gegnern von Stuttgart 21 entgegen. Die Botschaft: Niemand leidet darunter, wenn in der Landeshauptstadt wie geplant gebaut wird.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sieht dies anders. „Wie überall im Leben gilt auch hier die Regel: Man kann Geld immer nur ein Mal ausgeben", sagt der Minister und erklärte Stuttgart-21-Gegner. Komme es bei Stuttgart 21, wie von ihm befürchtet, zur Kostenexplosion, könne beispielsweise weniger in mehr Lärmschutz und umweltschonendere Trassen beim geplanten Ausbau der Rheintalbahn (Karlsruhe-Basel) investiert werden – nach Stuttgart 21 das zweite große Bahnprojekt im Land.
Auch der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir sieht diese Gefahr. „Das Projekt Stuttgart 21 mit seinen gewaltigen Kosten und nicht abschätzbaren weiteren Preissteigerungen kannibalisiert andere wichtige Bahnvorhaben", sagt Özdemir. „In Deutschland gibt es zahlreiche marode Bahnhöfe, die dringend saniert werden müssten und beim Ausbau des Schienennahverkehrs kommt die Bahn auch nicht voran." Werde Stuttgart 21 gestoppt, sei Geld für andere wichtige Investitionen an und entlang der Schiene da, sagt der Grünen-Chef.
Bahnchef Grube glaubt unterdessen an ein klares Votum für sein Projekt beim Volksentscheid. Die Gegner werden das nötige Quorum nicht erreichen, sagt er während seiner Zugfahrt. Mit dem Volksentscheid seien die jahrelangen Debatten beendet. „Das Ergebnis am 27. November wird einen Schlussstrich ziehen." Es werde von allen akzeptiert werden. Und Stuttgart 21 werde dann wie geplant umgesetzt. (dpa)