Neue Werkzeuge

Die Online-Plattform Loadfox erfindet sich derzeit ein gutes Stück neu. 2017 war die Lösung von MAN Truck & Bus und BCG Digital Ventures entwickelt worden und gestartet. "Spediteure haben dank Loadfox Zugriff auf Laderaum von gesicherten Frachtführern", beschreibt Geschäftsführer Sebastian Sorger das angestammte Geschäftsmodell, "während diese dank der Kombinatorik-Möglichkeiten der Plattform ihre Touren besser auslasten könnten." Im Gegensatz zu digitalen Speditionen wie Uber Freight oder InstaFreight vermittle Loadfox aber nur und sei nicht im Selbsteintritt tätig. Mittlerweile wollen die Macher von Loadfox aber mehr sein als reiner Mittler und entwickeln laut Sorger derzeit mit dem Loadfox Planner eine cloudbasierte Dispositions-Optimierungssoftware unter Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI), mit der Speditionen ihre Disposition ein gutes Stück automatisieren können. Erste Praxisanwendungen würden hier mitunter 15 Prozent Kostenersparnis aufzeigen, versichert der Geschäftsführer. Damit nicht genug: Auch eine Kooperation mit dem Münchener Industrieversicherungsmakler Schunck Group hat Loadfox soeben verkündet. Selbst eine Kooperation mit anderen digitalen Speditionen wie InstaFreight und Uber Freight schließt Sorger nicht aus. Wandel zum digitalen Systemanbieter Auch Marktführer Timocom, einst als klassische Frachtenbörse gestartet, ist heute ein digitaler Systemanbieter von nahezu unzähligen Services. So wird die Smart App Transportaufträge von Timocom in Kürze ein Feature veröffentlichen, das es ermöglicht, Transportaufträge auch an Geschäftspartner zu senden, die keine Timocom-Kunden sind. Das Thema "Real Time Visibility" rücke stärker in den Blick, so eine Unternehmenssprecherin. "In unserer Smart App Tracking können Aufträge mit GPS-Sendern verknüpft und auch Geschäftspartnern freigegeben werden." Dies ermögliche es zum Beispiel einem Auftraggeber, seine Sendung während des Transports zu verfolgen und die Daten mit seinem Geschäftspartner zu teilen. "Und natürlich bleibt die Integration von starken Partnern ein wichtiger Bestandteil unseres Systemgedankens", betont die Timocom-Sprecherin. Bereits Partner seien Cargoclix und Krone Telematics. Abgesehen davon seien europaweit 246 Telematikanbieter in das Smart-Logistics-System von Timocom integriert. Neue Partner sind Logistiksoftware-Anbieter wie Doll + Leiber, Lavid Software, Transdata, C-Informationssysteme und Logistiqo. "Logistik lebt von Vernetzung", erklärt Timocom-Portfoliomanager Philipp Schmidt. "Diese können wir über Schnittstellen-Partner, die in unser System integriert werden, heute nahezu durchgehend digital gewährleisten." In Zukunft will man das System auch für Drittanwendungen öffnen. Umbruch im Markt "Der gesamte Markt der Frachtenbörsen und Vermittlungsplattformen ist derzeit massiv im Umbruch", bringt Professor Ulrich Müller-Steinfahrt, Leiter des Würzburger Instituts für angewandte Logistik (IAL), die Neuerungen auf den Punkt. Der Grund dafür sei, dass in den vergangenen Jahren viele digitale Start-ups, die mit umfassenden Finanzmitteln ausgestattet sind, in das Geschäftsfeld der traditionellen Frachtenbörsen gedrängt seien und den Markt durcheinanderwirbeln. Mittlerweile tummeln sich hierzulande rund 140 Anbieter in dem Segment: Neben klassischen Frachtenbörsen sind das digitale Speditionen, Vermittlungsplattformen, aber auch Tender-Plattformen, weiß Müller-Steinfahrt. Er erstellt aktuell zu diesem Thema eine Studie, die im Dezember 2019 erscheinen soll. "Das große Problem ist, dass es immer schwieriger wird, die Anbieter zu katalogisieren und ihre Geschäftsmodelle und prägenden Services zu unterscheiden", stellt er fest. Mit der Folge, dass Transport- und Speditionsbetriebe oft nicht mehr wissen, welcher Anbieter welche konkreten Lösungen anbietet und welcher Nutzen zu erwarten ist. "Das muss endlich klar definiert werden", fordert der Logistikexperte. Mehr Klarheit durch klare Definitionen Müller-Steinfahrt definiert Frachtenbörsen als Anbieter, die kurzfristiges Spot-Geschäft wie Beiladungstransporte vermitteln und dafür Verlader und Transporteure zusammenbringen. Cargoclix sei damit einst gestartet, konzentriere sich aber inzwischen immer mehr auf Features wie Zeitfenstermanagement. Digitale Plattformen treten hingegen zunehmend als reine Makler auf, die etwa über Partnering-Modelle auch längerfristige Transporte vermitteln. Digitale Speditionen wie InstaFreight und Cargonexx unterscheiden sich von diesen allein dadurch fundamental, dass sie wie klassische Speditionen bei der Vermittlung eines Transportauftrags an den Frachtführer in die Haftung gehen. Sprich: Es gibt ein klares rechtliches Verhältnis zwischen dem Verlader und dem Spediteur, aber nicht zwischen dem Verlader und dem ausführenden Frachtführer. Das sei, sagt der Professor, klar im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt und müsse folglich auch für digitale Speditionen gelten. Ein neuer Trend sind darüber hinaus digitale Vermittler wie Colo21, die zum Beispiel Verlader zu einem Einkaufsverbund zusammenführen und deren Bedarfe gebündelt an den Transportmarkt vergeben - auch längerfristige Transporte. Der eigentliche Vertrag finde aber, sagt Müller-Steinfahrt, zwischen den Verladern und den Transportfirmen statt - und damit auch die Preisgestaltung. Und schließlich gibt es Ausschreibungsplattformen wie Ticontract, die das gesamte Tendermanagement vollständig digital abwickeln: von der Auftragsvergabe über die Preiskalkulation bis hin zur Transportabrechnung. Und wohin entwickelt sich das Ganze mittelfristig? Klare Aussage dazu von Müller-Steinfahrt: "Die Plattformen und Lösungen wachsen immer stärker zusammen. Der Motor ist eindeutig die Digitalisierung. Das wird den Konzentrationsprozess, die Konsolidierung in diesem Markt treiben", ist er überzeugt. Wettbewerbsvorteil hätten ganz klar die Anbieter, sagt er, die einen hohen Bestand an Dienstleistern haben, mit denen sie schon lange zusammenarbeiten, sprich: Zugriff auf viele Akteure haben. Am Ende könnte es, spekuliert der Logistikexperte, eine Art Meta-Plattform geben, analog dem Airbnb-Modell, auf der alle Anbieter ihre Lösung präsentieren - egal ob zum Beispiel digitale Speditionen, Frachtenbörsen, Vermittlungs- und Ausschreibungsplattformen. Mehr zum Thema im Dossier Frachtenbörsen www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Frachtenbörsen sind einst als reine Mittler zwischen Auftraggebern und Transportunternehmen angetreten. Doch dieses Geschäftsmodell hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt - zum einen durch die Digitalisierung, zum anderen durch viele neue Mitspieler. 140

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