Logistikmarkt 2011

Logistikmarkt 2011 Der unterschätzte Markt Die Logistikbranche spielt in der Schweiz eine wichtige Rolle. Die Studie Logistikmarkt 2011 listet die größten Dienstleister auf und nennt Zahlen zur Bedeutung der einzelnen Wirtschaftsbranchen für den Schweizer Logistikmarkt. Einerseits gilt die Schweiz nicht gerade als logistikfreundlich. Zumindest, was den LKW-Verkehr betrifft. Eine LKW-Gebühr, die in etwa dem Fünffachen der Maut in Deutschland entspricht und auf dem gesamten Straßennetz erhoben wird; ein Nachtfahrverbot und ein Sonntagsfahrverbot; eine Alpentransitbörse, die die Zahl der Fahrten über die Alpen einschränken soll. Vielleicht ist das der Grund, warum die Logistik in der Schweiz nicht die Wertschätzung genießt, die sie eigentlich verdient. „Sowohl vom Umsatzvolumen wie auch von der Anzahl der Beschäftigten her hat der Schweizer Logistikmarkt eine sehr hohe Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft. Das ist in der Vergangenheit häufig unterschätzt worden“, sagt Wolfgang Stölzle. Seit 2006 erhebt der Professor am Lehrstuhl für Logistikmanagement an der Uni St. Gallen jedes Jahr Zahlen zum Schweizer Logistikmarkt. Jetzt ist die neueste Ausgabe erschienen mit den Daten für 2009. Danach hat der Schweizer Logistikmarkt ein Marktvolumen von 34,5 Milliarden Schweizer Franken (26,5 Milliarden Euro; siehe Grafik links oben) und beschäftigen die Unternehmen 165.850 Personen. Damit macht der Schweizer Logistikmarkt etwa ein Achtel des Volumens aus, das Professor Peter Klaus und Christian Kille in ihrer Studie für den deutschen Logistikmarkt (Umsatzwert: 200 Milliarden Euro) berechnet haben. Wie in Deutschland auch konnte sich der Logistikmarkt in der Schweiz 2009 nicht der Krise entziehen. Er verlor mit 3,4 Prozent jedoch deutlich weniger als der deutsche Logistikmarkt, der um 9 Prozent einbrach. Die geringeren Verluste lassen sich damit erklären, dass die Schweiz nicht so stark in den Globalisierungsströmen eingebunden ist. So fehlt die direkte Anbindung an die Containerseeschifffahrt. Hohen Einfluss auf den Logistikmarkt hat die Größe der einzelnen Branchen einer Volkswirtschaft. Anders als in Deutschland spielt der Fahrzeugbau bei den Eidgenossen eine geringe Rolle: Nur 2,7 Prozent des wertmäßigen Gesamtmarktvolumens entfällt auf die Autoindustrie. Die Nummer eins ist der Handel (15,1 Prozent) vor Nahrungs- und Genussmittelindustrie (12,9 Prozent), sonstige Branchen (12,5 Prozent), Bau (9,9 Prozent) und Textilindustrie und Lederwaren (7,7 Prozent). 2011 wächst der Schweizer Markt weiter Der Anteil der Logistikkosten an den Gesamtkosten in den jeweiligen Branchen beträgt laut Studie „überwiegend zwischen vier und acht Prozent“. Eine Ausnahme ist die chemische Industrie (zwischen 12,1 und 14,9 Prozent). Diese Branche weist auch den höchsten Anteil an fremdvergebenen Logistikleistungen (54,2 Prozent) auf. Demgegenüber ist der Handel die Branche, die anteilsbezogen die wenigsten Leistungen fremdvergibt (28,5 Prozent). Für 2011 geht Stölzle davon aus, dass sich das Wachstum des Schweizer Logistikmarktes, das vor der Krise zu beobachten war, fortsetzt. „Ich sehe keinen Anlass, dass die von uns aufgezeigten Trends Brüchen ausgesetzt sein werden. Durch die Zollproblematik sind hohen Steigerungsraten aber auch Grenzen gesetzt. Dennoch, der Logistikmarkt wird weiter überdurchschnittlich wachsen.“ Nach der Prognose Stölzles werden die Werte aus den Vorjahren – fünf bis sieben Prozent Plus – auch im Jahr 2011 erreicht. ❙❚■ Michael Cordes Logistikmarkt 2011 Zoll schreckt ausländische Anbieter ab Professor Wolfgang Stölzle über die Stärken des Schweizer Logistikmarktes und die Hürden für deutsche Dienstleister. Wo sehen Sie die Stärken des Schweizer Logistikmarktes? Wolfgang Stölzle: Dazu gehört sicher die Infrastruktur. Die Eisenbahn hat in der Schweiz ein dichteres Netz und ist mit einer deutlich höheren Qualität als in Deutschland unterwegs. Das Straßennetz ist ebenfalls in einem vergleichsweise guten Zustand. Hier muss man aber die für die Nutzer hohe Kostenbelas-tung aufgrund der LSVA berücksichtigen. Luftfracht hingegen ist ein recht schwieriges Thema: Es kommen in der Schweiz nahezu keine reinen Frachtflugzeuge zum Einsatz. Wo unterscheiden sich die Schweizer Logistikdienstleister von ihren Kollegen in Deutschland? Inhaltlich wenig, aber die Akteure sind andere. Die Großen sind die staatlichen Unternehmen: die Schweizer Post und die SBB. Dahinter gibt es ein große Fragmentierung des Marktes mit einigen wenigen bekannten Firmen wie Planzer oder Galliker. Dem folgt ein breit gestreu-ter Mittelstand. Diejenigen Unternehmen, die in Deutschland groß und bekannt sind wie Dachser, Kühne + Nagel oder Schenker halten in der Schweiz recht kleine Landesgesellschaften. Warum spielen diese Konzerne keine wichtigere Rolle wie in anderen Staaten? Zum einen ist das Marktvolumen beschränkt. Zum anderen gibt es eine Abkapselung durch den Zoll, die es ausländischen Speditionen generell schwermacht, im Schweizer Logistikmarkt einen Fuß in die Tür zu bekommen. Denn die Dienstleister sind gezwungen, in der Schweiz eine Landesgesellschaft zu gründen. Sollten deutsche Logistikdienstleister lieber die Finger vom Schweizer Markt lassen? Nein. Es gibt ein paar Akteure, die sich auf die Verzollung spezialisiert und sich damit in der Schweiz etabliert haben. Das sind allerdings Nischenanbieter. Jeder Dienstleister sollte jedoch berücksichtigen, dass der Schweizer Markt aufgrund der Zölle in der Tat Besonderheiten aufweist. Zudem ist das Lohnniveau recht hoch. cd Interview Wolfgang Stölzle