Geldregen aus der Sonne

Wenn die Sonne am Himmel lacht, lachen Unternehmer in ihrem Büro - zumindest die kühlen Rechner. "Die Kunden bewerten bei der Auftragsvergabe immer stärker den CO2-Footprint der Dienstleister", sagt Stefan Himmighofen, Prokurist der Spedition Heuser, Oberbachheim. Daher profitiert sein Unternehmen doppelt. Denn 2011 hat das Unternehmen knapp die Hälfte der Dachfläche seiner 1000 Quadratmeter großen Lagerhalle mit einer Photovoltaikanlage bestückt. Himmighofen macht keinen Hehl daraus, dass das vor vier Jahren mit Blick auf die Einspeisevergütung eine "zu 70 Prozent wirtschaftliche Entscheidung" war. Die Traglast der Halle gab den Aufbau her und die für 20 Jahre festgeschriebene Einspeisevergütung lohnte die Investition. "Die Bedeutung der Anlage für Image und Standing bei Offerten ist erst in den vergangenen Jahren gewachsen." 64 Kilowatt-Peak (kWp) leistet die 450 Quadratmeter große Anlage auf dem Hallendach; 100 Prozent fremdfinanziert über die Hausbank, ohne Fördermittel. "Die Anlage trägt sich selbst", sagt Himmighofen. In sechs Jahren ist sie bezahlt. Von 2022 an macht das Unternehmen Gewinn. Dabei speist Heuser die geerntete Sonnenenergie nicht nur ein. Gut zehn Prozent der gewonnenen Elektrizität nutzt das Unternehmen für den Stromverbrauch in der Lager- und Werkstatthalle. "Einen höheren Eigenanteil nutzen wir nicht, weil in der Halle unter der Woche kaum gearbeitet wird", erläutert der Spediteur. "Bei Neuanlagen steht wegen der gesunkenen Einspeisevergütung inzwischen die Eigennutzung im Vordergrund", fasst Kerstin Watzke, Mitarbeiterin des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV), Aachen, die einstimmige Expertenmeinung zusammen. Zwischen Januar 2011 und Januar 2015 sind die Beträge für die Einspeisung extrem gesunken. Wer auf Solarenergie setzte und den gewonnenen Strom den Versorgungsnetzen zuführte, konnte 2011 bei Anlagen von einer Leistung von etwa 300 kWp noch mit einer Einspeisevergütung von 25,86 Cent pro Kilowattstunde (kWh) kalkulieren - festgeschrieben für 20 Jahre. Inzwischen liegt die Vergütung bei 10,92 Cent pro kWh. Wer nach dem ersten März eine Anlage bis 500 kWp in Betrieb nimmt, erhält nur noch 10,87 Cent. Die Vergütung regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die Vergütungskürzungen schlagen deutlich auf die Zahlen der Neuinstallationen durch. So wurden bei der Bundesnetzagentur 2009 bis 2011 noch Neuinstallationen mit einer Gesamtleistung von 7,4 bis 7,6 Gigawattpeak (GWp) gemeldet. 2014 wurde nur noch eine Anlagenleistung von 1,9 GWp neu eingerichtet. Und das trotz gesunkener Anlagenpreise. Und die Vergütung sinkt weiter. Im EEG sind drei Zielkorridore definiert, die den Prozentsatz bestimmen, um den die Einspeisevergütung künftig gesenkt wird - die Degression. Vereinfacht formuliert: Je mehr Photovoltaikanlagen in Deutschland installiert werden, desto geringer fällt die Vergütung aus. "Trotz der Kürzungen gilt: Bei größeren Solaranlagen für Gewerbe oder Industrie mit Eigenstromnutzung lohnt sich eine Investition weiterhin", sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar), Berlin. Allerdings, "das Umdenken von der geförderten Finanzinvestition der vergangenen Jahre zu einer wirtschaftlich sinnvollen Stromeinsparmaßnahme heute reift bei den Entscheidern gerade erst." Einspeisen lohnt sich nicht mehr So urteilt auch Frank Seifarth. "Früher waren Photovoltaikanlagen lohnende Renditeprojekte", so das Mitglied der Geschäftsleitung der Martello Immobilienmanagement, einem Unternehmen der Spedition Hammer (siehe Interview Seite 32). Heute ist es rentabler, die PV-Anlage auf den eigenen Verbrauch auszulegen und den erzeugten Strom selbst zu nutzen, statt ihn einzuspeisen. Tatsächlich liegt "bei der Neuinstallation von Photovoltaikanlagen inzwischen der Eigenverbrauch des Stroms im Fokus", weiß Michael Aigner, Geschäftsführer des Photovoltaik-Großhändlers und Anlagenplaners Aton-Solar, Laichingen. Trotz der Kosten für die Anlage und der sinkenden Einspeisevergütung seien Photovoltaikanlagen (PV) eine wirtschaftliche Investition. "Betreiber von PV-Anlagen zum Eigenverbrauch sind unabhängiger von Strompreissteigerungen und profitieren von langfristig kalkulierbaren, günstigen Stromerzeugungskosten", so Aigner. Das zeigt der Vergleich zwischen der Einspeisevergütung (gut 10 Cent) und den Kosten für den Strombezug vom Versorger, der mit 17 bis 20 Cent pro kWh zu Buche schlägt. Noch deutlicher wird das bei den Kosten für die eigen erzeugte kWh, die sich aus der Investition durch den PV-Jahresertrag ergeben. Sie liegen über 20 Jahre betrachtet bei rund sechs Cent pro kWh, inklusive Nebenkosten zwischen sieben und neun Cent (siehe Rechnung oben). Vor diesem Hintergrund hat auch Uwe Abele, Geschäftsführer der Abele Spedition und Transport, Sinsheim-Reihen, begonnen, neu zu rechnen. 2005 hat er mit der Ernte von Solarenergie mit einer 25 kWp-Anlage begonnen - und die monetären Erträge aus der damals noch hohen Einspeisevergütung von mehr als 50 Cent pro eingespeister kWh zu schätzen gelernt. Zusammen mit einem Berater erstellte er 2008 das Realisierungskonzept für eine zweite, dreimal so große Anlage. 120.000 Euro investierte das Unternehmen in die Installation von 25 Modulen für die zweite Anlage. Dafür wurde von der Hausbank ein zinsgünstiger KfW-Förderkredit vermittelt. "Alles ganz unkompliziert", so Abele. Nach zehn Jahren haben sich die Kosten amortisiert und die Spedition erzielt Gewinne mit der Stromeinspeisung. Jetzt steht Abele in Verhandlungen für eine dritte PV-Anlage. "Mit der wollen wir künftig unseren Eigenbedarf bedienen", so der Geschäftsführer. Allerdings hält er sein Geld noch zurück: "Unsere Bedarfsspitzen liegen in den Abend- und Nachtstunden." Da funktioniert die Eigennutzung nur, wenn der tags gewonnene Strom in einer Batterie geparkt wird. Aber die bis zu einem Container großen Speicheranlagen sind noch sehr teuer. Nach Berechnungen des BSW-Solar sind bundesweit etwa 15.000 solcher dezentralen Solarstromspeicher installiert - überwiegend auf Bleibasis, zunehmend aber auch als moderne Lithiumspeicher. "Als Faustregel für die Entscheidung zwischen beiden Technologien gilt: Wenn der Strom beim Be- und Entladen des Akkus Zeit hat, dann Blei; wenn er schnell rein und raus gehen soll, dann eher Lithiumspeicher", ist Aigners Expertentipp. Batteriepreise im Sinkflug Derzeit fallen die Preise bei den Speichern. Laut dem Solarstromspeicher-Preismonitor sind die Durchschnittspreise für Batteriespeicher zwischen dem ersten und zweiten Halbjahr 2014 um rund 25 Prozent gesunken. Inzwischen, so Marktbeobachter, müssen für größere Batteriesysteme pro kWh Nennkapazität zwischen 1000 bei Bleibatterien und 1400 Euro bei Lithium-Akkus veranschlagt werden. Mit diesen Preisen liegen die Speicher im Bereich der Kosten, die bei PV-Anlagen mittlerer Größe für die Module, Installation und Wechselrichter nebst allen Anschlüssen zu kalkulieren sind. "Das Gesamtinvest ohne Speicher liegt bei etwa 1200 bis 1300 Euro pro kWp", rechnet Aigner. Zuschüsse oder Förderprogramme des Bundes sind, abgesehen von KfW-Krediten, für Neuinstallationen nicht mehr vorgesehen. "Das hat sich erledigt", sagt SFV-Mitarbeiterin Watzke, die Interessenten jedoch rät, bei ihren Stadtwerken und auf Landesebene nachzufragen. Die KfW fördert lediglich Speichersysteme für PV-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kWp. Solche kleinen Installationen setzen sich Logistikunternehmen nicht aufs Dach. Sie würden kaum die Küchenbeleuchtung decken. Zum Vergleich: Hammer Logistik hat in Aachen auf einer Dachfläche von 7000 Quadratmetern 5000 Solarmodule installiert, die bei etwa 500 kWp Leistung einen jährlichen Energieertrag von 500.000 kWh erzielen. Der Verbrauch des Unternehmens liegt mit 1,5 Millionen kWh dreimal so hoch. Überdies sind hinsichtlich der Eigennutzung sowohl bei der Kalkulation als auch bei der Projektierung einige Fallstricke zu umgehen, damit sich die Investition rechnet. Das Equipment für die Eigennutzung ist mit Solarmodulen und einem Wechselrichter, der aus der Gleichstrom-Ernte nutzbaren Wechselstrom erzeugt, das gleiche wie bei der Einspeisung. Zudem muss die Statik der Halle auf die Anlageninstallation ausgerichtet sein, was bei Neubauten perspektivisch berücksichtigt werden sollte. Ohne Zähler geht die Rechnung nicht auf "Hinzu kommen sollte ein separater Verrichtungszähler", erklärt Watzke. Damit lässt sich klar erfassen, wie viel Strom selbst genutzt, eingespeist und vom Versorger bezogen wird. Denn vollkommen autark versorgen sich Betreiber einer PV-Anlage kaum. "Das sind spezielle Anwendungsfälle, die in gewerblichem Umfeld eher selten zum Tragen kommen", so Anlagenexperte Aigner. In der Regel erfolgt Eigennutzung in Kombination mit Einspeisung der Überschüsse und Bezug vom Versorger, um auch bei Verbrauchsspitzen, nachts oder bei bedecktem Himmel die Stromversorgung zu sichern. Ohne Verrichtungszähler kann es Erzeugern so gehen wie Holger Kost. Der geschäftsführende Gesellschafter der Spedition Kerkemeier hat im Juli 2014 für 200.000 Euro eine PV-Anlage mit 161 kWp Nennleistung auf dem Hallendach der Spedition installieren lassen. Seit Inbetriebnahme wurden damit 35.000 kWh Strom erzeugt - davon gut 40 Prozent für Beleuchtung, Heizung, Licht und Krananlage selbst verbraucht und 20.000 kWh ins Versorgernetz eingespeist. "Damit haben wir im vergangenen Jahr umgerechnet eine CO2-Einsparung von 25 Tonnen erzielt", sagt der Geschäftsführer. Insgesamt will er die Anlage 25 Jahre nutzen, nach 13 Jahren soll sie sich amortisiert haben. Doch Kost staunte nicht schlecht, als seine Stromrechnung für 2014 annähernd so hoch ausfiel wie im Vorjahr ohne PV-Anlage. "Dem müssen wir zusammen mit dem Versorger jetzt auf den Grund gehen. Da kann etwas nicht stimmen." Daher ist bei PV-Projekten die Zusammenarbeit mit einem Berater nicht nur wegen der Investitionshöhe in jedem Fall ratsam. "Für Mittelspannungsanlagen sind besondere Sicherheitsvorschriften zu berücksichtigen und auch für die Abstimmung mit dem Versorger ist einiges zu beachten", resümiert Kost. A und O der Investitionsentscheidung für eine PV-Anlage zur Selbstversorgung ist eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die den Verbrauch des Unternehmens insgesamt sowie - in einem Lastprofil - die Verbrauchsentwicklung über den Tag exakt erfasst. "Davon lässt sich die Auslegung der PV-Anlage ableiten und der Eigenverbrauchsgrad bestimmen", erläutert Aigner. "Je höher der Eigenverbrauchsgrad, desto höher die Rendite." Solche Lastprofile erstellen die Versorger für Großkunden automatisch. Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100.000 kWh können es bei ihrem örtlichen Stromanbieter anfordern. Darüber hinaus sollten Besonderheiten wie die Eigenverbrauchsumlage in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einfließen. Sie fällt bei Eigennutzung an, wenn die Leistung der PV-Anlage zehn kWp übersteigt und liegt bei 40 Prozent der EEG-Umlage - gegenwärtig also pro kWh rund 2,5 Cent. Ost-West heißt der neue Trend Zudem geht mit der zunehmenden Eigennutzung ein Philosophiewechsel bei der Ausrichtung der Solaranlagen einher. Die Anlagen werden nicht mehr auf ein Maximum zur Einspeisung, sondern auf kontinuierliche Ernte ausgelegt. So stehen Module bei Neuanlagen heute nicht mehr gen Süden, sondern sind in Ost-West-Richtung ausgerichtet, um eine möglichst ganztägige Stromerzeugung zu sichern. Weiterer Vorteil: Es gibt kaum Verschattung und es passen mehr Module auf die Dachfläche. "Bei 1000 Quadratmetern steigt die Anlagenleistung von 60 kWp auf 100 kWp", fasst Solaranlagen-Experte Aigner zusammen

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