Sparsamer Imageträger

Gold geht nach Österreich. Gold geht an ein temperaturgeführtes Lagerhaus in Hörsching, zwischen Linz und Wels an der A25. Mitte Mai wurde dem Eigentümer der Immobilie, der Schachinger Logistik Holding, feierlich das höchste Nachhaltigkeitszertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) überreicht. Das Gold-Zertifikat der DGNB gilt weltweit als anspruchsvollster Nachweis einer nachhaltigen Bauweise und wird in erster Linie für Bürogebäude vergeben. Lagerhallen werden in der Regel in Silber oder Bronze zertifiziert, da der Mehraufwand für das Gold-Zertifikat erheblich ist. Immobilienentwickler können die Mehrkosten häufig nicht über die Miete refinanzieren und lassen vom Gold-Standard daher die Finger. Anders ist das bei Unternehmern wie Schachinger, die selber bauen. Alles verbaut, was derzeit geht Das 12.000 Quadratmeter große Lager- und Bürogebäude beinhaltet fast alles, was nachhaltiges Bauen heute ausmacht. So wurden fast nur nachwachsende Rohstoffe verwendet. Die Halle ist als Passivhaus konzipiert und daher energieautark. Strom und Heizung kommen zu 65 Prozent aus einer Fotovoltaikanlage und einer Wärmepumpe, die restlichen 35 Prozent werden als Ökostrom bezogen. Dort, wo Holz nicht verwendet werden konnte, kommt CO2-armer Beton zum Einsatz. Das ist Beton, in dem beispielsweise Recycling-Material verwendet wird. Innen setzt Schachinger komplett auf LED-Beleuchtung und viel Tageslicht. Die Lampen werden nur bei Bedarf eingeschaltet. Unter dem Strich ist der Energieverbrauch damit nur halb so hoch wie bei einer vergleichbaren Lagerhalle, die in herkömmlicher Bauweise errichtet wurde. Argumente, die schwer zu ignorieren sind. Dennoch: "Der Durchschnitt der Branche tut sich schwer", beobachtet Manfred Rauschen, geschäftsführender Gesellschafter der Beratung Öko-Zentrum NRW und Mitglied bei Baum Consult. Die langfristigen Kosteneffekte stünden nicht immer im Vordergrund. Unternehmer Schachinger hat zwar anders gehandelt, macht im Markt aber die gleichen Beobachtungen: "Aus unserer Sicht wird aktuell im europäischen Hallenbau mit nicht ausreichender Planung, mit dem Fokus auf minimale Errichtungskosten, ohne Betrachtung der Lebenszykluskosten und nach gesetzlichem Mindeststandard gebaut", sagt Maximilian Schachinger (siehe Interview unten). Soziale Aspekte wie ergonomische Möbel, Tageslicht oder der Einsatz von Farben würden kaum beachtet. Und auch die Anbindung an Schiff und Bahn spiele eher eine untergeordnete Rolle. Eine Trendstudie der Bundesvereinigung Logistik (BVL) belegt: Bei grünen Logistikimmobilien liegt Deutschland im weltweiten Vergleich noch hinter China und Indien. Schnell und günstig scheint immer noch die vorherrschende Bauweise zu sein. Dass ökologische Immobilien und ökonomische Logik kein Widerspruch sein müssen, zeigt die Unternehmensberatung PwC. Im Durchschnitt fallen rund 20 Prozent der Gesamtkosten für eine Immobilie in der Bauphase an. Die Bewirtschaftungsphase macht also rund 80 Prozent der gesamten Kosten im Lebenszyklus der Immobilie aus. "Ein Mehraufwand für die Projektentwicklung in der Bauphase erscheint also gegenüber potenziellen Kosteneinsparungen in der anschließenden Bewirtschaftungsphase gerechtfertigt", folgern die PwC-Experten. Dabei sind die Mehrkosten bei frühzeitiger Planung gar nicht so hoch. Laut PwC kosten Green Buildings in Deutschland nur etwa zwei bis vier Prozent mehr als herkömmliche Projektentwicklungen. Die Luxus-Nachhaltigkeitshalle von Schachinger hat etwa fünf bis sechs Prozent mehr gekostet, so das Unternehmen. Allerdings sind die Österreicher überzeugt, dass die Einsparungen die Investition in bestenfalls sechs Jahren wettmachen werden. Dass sich nachhaltige Logistikimmobilien rechnen können, hat auch das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) festgestellt. In Warenlagern entfalle durchschnittlich die Hälfte des Energieverbrauchs auf den Betrieb von Förder-, Lager- und Kommissionierungstechnik und 15 Prozent auf Beleuchtung. Die restlichen 35 Prozent werden für die Heizund Klimatechnik aufgewendet. Hier könne die Nutzung von erneuerbaren Energien zu großen finanziellen Einsparungen beitragen. Daran ändere auch die Überarbeitung der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) nichts, so Experte Rauschen. Vor allem für Firmen, die einen hohen Eigenverbrauch haben, könne sich eine Fotovoltaik-Anlage rechnen (siehe Kasten Seite 35). Er sieht zudem einen großen Hebel bei der Gebäudehülle. Da der Hauptteil der Kosten im Betrieb anfällt, rechnen sich Maßnahmen wie zusätzliche Gebäudeisolation oder Systeme zur Energierückgewinnung besonders schnell, meint auch das IML. Die Betriebskosten sänken damit schnell um 20 bis 35 Prozent. Auch größere Dachöffnungen, die mehr Tageslicht in die Halle lassen, sparen den Betreibern Strom für die künstliche Beleuchtung. Mehrkosten fallen nicht automatisch an. "Häufig ist das nur eine Frage der richtigen Planung", weiß Rauschen. Gerade bei Neubauten denken einige Unternehmen schon weiter. Die Hermes Logistik Gruppe etwa hat in den Jahren 2011 und 2012 ihre insgesamt 18 neuen Niederlassungsstandorte nach den Vorgaben der DGNB geplant und umgesetzt. Das Hub in Langenhagen ist bereits mit dem silbernen DGNB-Gütesiegel ausgezeichnet worden. Hier hat Hermes etwa eine Solarstromanlage auf dem Dach und eine Holzhackschnitzelanlage für die Heizung errichten lassen. Laut Hermes konnte das Unternehmen so den Energiebedarf spürbar senken. Auch bei der Pfenning Logistik Group wurde das Logistikzentrum Multicube Rhein-Neckar nach dem DGNB-Standard ausgezeichnet. Das bereits im September 2012 in Betrieb genommene Logistikzentrum wurde erst im vergangenen Jahr mit einer Aufdach-Solaranlage ausgerüstet, mit der künftig mehr als 5000 Tonnen CO2 eingespart werden. Ob sich eine Umrüstung bestehender Objekte immer rechnet, ist fraglich. "Maßnahmen, die sich bei Neubauten rechnen, lohnen sich im Bestand nicht immer", weiß Rauschen. So lässt die Statik einer Halle nicht immer eine Solaranlage auf dem Dach zu. Auch die Dämmung der Außenhülle rechnet sich vor allem bei sehr alten Hallen nicht zwangsläufig. Dabei sind Logistikimmobilien wegen ihrer großen Dachflächen prädestiniert für die Installation von Fotovoltaikanlagen. Doch auch mit kleinen Maßnahmen lässt sich Energie sparen (siehe Kasten unten links). Bewegungsmelder etwa, die in wenig genutzten Bereichen des Lagers die Lampen nur anschalten, wenn sie gebraucht werden, oder Zeitschaltuhren, die nach Ende der letzten Schicht die Lichter ausschalten, können unnötigen Energieverbrauch verhindern. Elektronische Vorschaltgeräte für Leuchtstofflampen sollten mittlerweile zum Standard gehören. Außenrollläden vermindern nachts den Wärmeverlust des Gebäudes. Tagsüber verhindern sie, dass sich das Gebäude zu stark aufheizt und entlasten damit die Klimaanlage. "Alles, was zur Haustechnik gehört, lässt sich schnell austauschen", sagt Rauschen. Je nach Alter des Gebäudes rechnen sich die Investitionen schon nach wenigen Jahren durch gesparte Energie. Etwas aufwendiger aber lohnend ist der Austausch einer alten Lüftungs- oder Heizungsanlage. Diese wurden früher oft massiv überdimensioniert eingebaut. Ein Austausch lohnt sich meistens, nachdem andere Maßnahmen, wie das Dämmen der Außenhülle, vorgenommen wurden. Massives Sparpotenzial bietet die Beleuchtung in einem Logistikzentrum. Sie hat durchschnittlich einen Anteil von bis zu 30 Prozent an den gesamten Energiekosten. BSH-Lichtkonzept spart über 60.000 Euro Ein neues Beleuchtungskonzept kann sich daher bezahlt machen. So reduzierte die Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) in einer Logistikhalle in Giengen die Zahl der Leuchtstoffröhren deutlich, indem mehr Tageslicht in die Halle gelassen wurde. In Bereichen, die seltener benutzt werden, regeln Bewegungssensoren und dimmbare Leuchtstoffröhren den Energiebedarf. Durch solche Maßnahmen wurden die Energiekosten von 86.000 Euro auf 23.000 Euro pro Jahr gesenkt. Schachinger setzt lieber auf moderne LED-Technik. Die kleinen Lämpchen verbrauchen deutlich weniger Strom und produzieren kaum Wärme - verlorene Energie. Dafür kosten sie erheblich mehr als die herkömmlichen T5-Leuchtstoffröhren. Ob sich der Einsatz lohnt, muss sehr individuell berechnet werden. Bei Schachinger ist man davon überzeugt, dass sich die Investition in weniger als zehn Jahren rechnen wird. Die Technische Universität München kommt in einer aktuellen Untersuchung über energieeffiziente Logistikzentren zu dem Schluss, dass das Einsparpotenzial je nach Gebäudetyp zwar unterschiedlich hoch, doch überall etwas realisierbar ist. So werde in manuellen Lagerhallen wenig stromverbrauchende Materialflusstechnik eingesetzt, sodass das Gebäude den größten Einfluss auf den Gesamtenergiebedarf hat. Bei halbautomatischen Logistikzentren und vollautomatischen Distributionszentren habe die Intralogistik einen Anteil von bis zu 85 Prozent des Gesamtenergiebedarfs. Folglich werde dort die intralogistische Optimierung zur größten Stellschraube. Nutzer würden Mietaufschlag zahlen Unabhängig von der Nutzung dürften nachhaltige Logistikimmobilien in Zukunft eine größere Rolle spielen. Davon geht die Zukunftsstudie "Warehouse of the Future" des britischen Immobilienentwicklers Gazeley und der Immobilienberatung BNP Paribas Real Estate aus. In einer Befragung von Einzelhändlern, Logistikdienstleistern und Herstellern in Großbritannien gaben 86 Prozent an, das Nachhaltigkeit im Logistiksektor an Bedeutung gewinnen werde. Über zwei Drittel der befragten Nutzer seien sogar bereit, einen Mietzuschlag für ein grünes Gebäude zu zahlen, wenn sie Einsparungen bei den laufenden Betriebskosten erzielen könnten. Drei von vier angesprochenen Unternehmen würden sich demnach sogar bevorzugt für eine Immobilie entscheiden, die mittels alternativer Energien ihren Strom gewinnt. Auch die DGNB geht davon aus, dass die Zahl der Green Buildings in der Logistik weiter ansteigt. Gab es 2009 erst sechs Logistikimmobilien, die über eine DGNB-Zertifizierung verfügten, waren es 2013 bereits 51. Weitere 65 Logistikhallen weisen zudem eine Registrierung oder eine Vor-Zertifizierung auf. Vielleicht geht Gold dann mal wieder nach Deutschland. Tipps für eine kleinere Stromrechnung Energie sparen ohne großen Aufwand - Trennung von Bereichen mit unterschiedlichen Licht- und Temperaturanforderungen durch flexible Wände- Verwendung von Bewegungsmeldern in weniger genutzten Hallenbereichen und Einsatz von elektronischen Vorschaltgeräten bei Neonröhren- Einsatz einer Strahlungsheizung statt Lüftungsheizung bei größeren Hallen- Überdimensionierte und veraltete Heizungs- und Klimaanlagen erneuern- Nutzung von natürlichem Tageslicht durch den Einbau neuer (Dach-)Fenster (außer in Kühlhallen) und Lichtbänder- Einbau von isolierenden Schnelllauftoren in Kühllagern und Verwendung von Lampen mit einer möglichst geringen Wärmestrahlung- Außenrollläden vermindern nachts den Wärmeverlust und verhindern im Sommer das Aufheizen des Gebäudes- Alte Fenster erneuern- Den Einsatz von Fotovoltaik oder anderen erneuerbaren Energien prüfen . Mitarbeiter für den bewussteren Umgang mit Energie schulen ah Möbelspediteur setzt auf Fotovoltaik Grüne Energie vom Dach Ein Möbelspediteur macht vor, was bei Bestandsimmobilien alles möglich ist. Ende vergangenen Jahres hat die Möbelspedition Friedrich Friedrich eine Fotovoltaikanlage auf das Dach des Hauptgebäudes am Standort Griesheim gebaut und damit die Energieversorgung komplett modernisiert. Laut dem Unternehmen erzeugt die Anlage jährlich 186.000 Kilowattstunden (kWh) Strom. Die Sonnenenergie versorge Computer, Beleuchtung und neun Wärmepumpen, die unter anderem Büroräume und die Lager erwärmen. In Sachen Energieversorgung ist das Unternehmen nach Angaben so rein rechnerisch autark.Zusätzlich bedingt durch die Dämmung der kompletten Außenfassade sowie die Neuinstallation der Stromhauptleitung, der Elektroverteilung und des Wechselrichterraumes spart der Standort nun jährlich 97 Tonnen CO2 ein, was in etwa der für die Durchführung aller nationalen Privatumzüge bei Friedrich Friedrich verbrauchten Menge entspricht. Bereits seit 2011 können Kunden Umzüge bei Friedrich Friedrich klimaneutral buchen. Der bei Umzügen entstehende CO2-Ausstoß wird dann über spezielle CO2-Kompensationsprodukte - im Fall von Friedrich Friedrich handelt es sich um ein TÜV-zertifiziertes Aufforstungsprojekt - ausgeglichen.Die Maßnahme ist kein losgelöstes Leuchtturmprojekt, sondern Teil der Unternehmensstrategie des Möbelspediteurs. So nutzt das Schwesterunternehmen Höhne-Grass in Mainz ausschließlich Ökostrom, was pro Jahr eine verminderte CO2-Belastung von rund 52 Tonnen bedeutet. Auch hier ist die Installation einer Energieversorgung durch Fotovoltaik und Wärmepumpen in Planung. Um klimaneutrale Umzüge will zudem das jüngste Unternehmen der Unternehmensgruppe, J & G Adrian in Wiesbaden, in Kürze sein Angebot erweitern. aba/ks/sv