Von Preiskalkulation bis Routenplanung: Wo KI die Logistik verbessert – und wo nicht

So sehr KI die Logistiksysteme verbessern und optimieren kann, manches Mal produziert künstliche Intelligenz auch realitätsferne Ergebnisse. Das kann zu Problemen führen. Wirft KI beispielsweise ein viel zu günstiges Frachtangebot aus und dieses fließt unkontrolliert in einen Vertrag, droht ein verlustreiches Geschäft. Merkt der Logistiker dies zu spät, aber der Kunde lässt ihn nicht aus dem Vertrag, droht der Gang vor Gericht. Sollte es dazu kommen, möchte sich so mancher Logistiker vielleicht gerne die Anwaltskosten sparen. Internet-Suchmaschinen wie Google und Co. wissen doch alles, so die landläufige Meinung. Mit künstlicher Intelligenz können doch Schriftsätze ganz einfach erstellt werden. Das reicht für ein Gerichtsverfahren allemal, könnte mancher denken. Doch weit gefehlt. Wer sich blind auf die KI verlässt, ist verlassen. Beispiel: Für ein Verfahren aus dem Bereich Familienrecht vor dem Amtsgericht Köln (Aktenzeichen 312 F 130/25 vom 2. Juli 2025) reichte der Anwalt eines Klägers ungeprüft einen KI-generierten Schriftsatz ein. Das brachte ihm eine scharfe Rüge des Richters ein. Wenn die KI fantasiert Die Überprüfung des Schriftsatzes durch den Richter ergab: In mehr als zehn Punkten entsprangen die Ausführungen der KI-Fantasie. Entweder gab es die Fundstellen gar nicht, der Inhalt war frei erfunden oder das Zitat war nicht an der angegebenen Fundstelle zu finden. Der Richter untersagte, dem Gericht jemals wieder solch fehlerhafte Schriftsätze einzureichen. Das zeigt, wie fehlerbehaftet ungeprüfte KI-Ergebnisse sein können und dass hier Expertise und Sorgfaltspflicht gefragt sind. Auch deshalb ist es immer ratsam, einen sachkundigen Anwalt einzuschalten. Der nutzt in der Regel zwar auch KI, aber zusätzlich sein eigenes Fachwissen. Und er überprüft die KI-Angaben, bevor er sie weitergibt, damit solche Pannen eben nicht passieren. Chevrolet für nur einen Dollar Eine Panne anderer Art durch KI erlebte ein Autohändler in Kalifornien. Er führte einen Chatbot ein. Dieser Chatbot funktionierte auf der Basis von ChatGPT. Eigentlich sollte dieser nur Kundenanfragen beantworten. Ein Softwareentwickler nutzte jedoch seine ChatGPT-Kenntnisse und brachte das System dazu, dass er vom Händler einen Chevrolet Tahoe für nur einen Dollar kaufen konnte. Der Händler setzte den Chatbot daraufhin sofort offline, um mögliche Verluste zu vermeiden. Traue keiner KI blind Was lässt sich aus diesen Beispielen aber nun für die Logistik ableiten? KI kann die Vorgänge entlang der gesamten Lieferkette effizienter machen. Auch Preiskalkulationen werden erleichtert. Aber man sollte der KI nicht blind vertrauen. Beim Einsatz von künstlicher Intelligenz nimmt die Logistik im Vergleich zu anderen deutschen Wirtschaftszweigen nach Brancheneinschätzungen eine Vorreiterrolle ein. Mehr als jedes fünfte Logistikunternehmen in Deutschland nutzt bereits KI, jedes vierte prüft den Einsatz. Auch Amazon und DHL arbeiten damit. Auf Plausibilität prüfen Das Ergebnis: eine höhere Effizienz, geringere Kosten und eine verbesserte Anpassungsfähigkeit der Logistiksysteme auf geänderte Anforderungen. KI-Systeme können zum Beispiel Routenplanung, Lagerverwaltung, Paketsortierung und Qualitätskontrolle übernehmen. Sie sind zudem auch in der Lage, Preissysteme zu entwickeln sowie Angebote für Kunden zu erstellen. Plausibilitätskontrollen der KI sind allerdings immer angebracht. Wenn bei einem flüchtigen Blick auf die abzugebende Preisofferte für eine Lkw-Ladung von Bremen nach München die KI einen Preis von beispielsweise zehn oder 100 Euro berechnet, dann ist klar: Das kann nicht stimmen. Dann sollten die Alarmglocken beim Logistiker läuten. Nicht nur diese Offerte sollte er dann genau prüfen, sondern auch die Preisangaben der jüngsten Zeit davor sowie weitere neue Angebote. Denn sonst drohen Verluste bei jedem betroffenen Auftrag. Außerdem ist es ratsam, alle anderen Einsatzbereiche der verwendeten KI auf Fehler durchzuchecken - zumindest stichprobenartig. Vielleicht haben sich Datenbasis und Algorithmen verändert und dabei beispielsweise angesetzte Stundenhonorare oder Entfernungskilometerpauschalen in Mitleidenschaft gezogen. Regelmäßig zu überprüfen sind auch die Angaben im eigenen Buchungsportal. Sollte die KI etwa behaupten, dass alles ausgebucht sei, obwohl dies aktuell nicht der Fall ist, können hier ebenfalls enorme Einnahmen verloren gehen. Wer für KI-Fehler haftet Für die Fehler der KI haftet übrigens das Unternehmen, das beispielsweise die Preisofferte abgegeben und auf dieser Basis dann einen Vertrag abgeschlossen hat. Es kann sich nicht darauf zurückziehen, dass das Angebot automatisiert erstellt wurde und es daran ja gar nicht beteiligt gewesen sei. Denn laut einem Urteil des Landgerichts Kiel vom 29. Februar 2024 (Aktenzeichen 6 O 151/23) habe sich das Unternehmen ja den "Output der KI" zu Eigen gemacht. Zudem habe es laut Gericht auch im Außenverhältnis die inhaltliche Verantwortung übernommen. In dem Kieler Urteil ging es um Falschauskünfte in einem Online-Informationsportal. Regress möglich Natürlich kann der Logistiker auch versuchen, den IT-Partner in Regress zu nehmen, wenn dieser eine fehlerhafte KI geliefert hat. Da aber die Tools in den Betrieben oft von eigenen IT-Experten erweitert und auf die besonderen Belange des Unternehmens zugeschnitten werden, dürfte ein Streit darüber vorprogrammiert sein, wer der eigentliche Verursacher der Panne ist. Solche Auseinandersetzungen können aufgrund der Komplexität oft Jahre dauern. Besser ist es da, sich vor dem Einsatz einer KI juristisch beraten zu lassen, um in einem Vertrag mit dem IT-Dienstleister klar festzulegen, wer für welche Bereiche verantwortlich ist und wo die Haftung des anderen beginnt. Auch wenn ein Problem eingetreten ist, können fachkundige Juristen helfen, außergerichtlich eine faire Lösung für die Schadenregulierung zu verhandeln. Das geht meist schneller und ist kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren. Was ist "Künstliche Intelligenz" (KI)? "Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität nachzuahmen." So hat das Europäische Parlament KI definiert (englisch: Artificial Intelligence, AI). KI-Systeme sind eigenständige, lernfähige Softwaresysteme. Sie sind in der Lage, Aufgaben zu lösen und können auch Entscheidungen treffen. Die Systeme lernen auf der Basis von Daten und Algorithmen. Sie können die Folgen früherer Aktionen analysieren, autonom weiterverarbeiten und damit Abläufe verbessern. Es gibt nicht "das eine" beste KI-Programm. Das richtige Tool hängt von den speziellen Bedürfnissen und Anwendungsfällen ab. Diese allgemeinen Systeme können jedoch erweitert werden, auch um Kalkulationstools. Einige KI-Tools sind: - ChatGPT (OpenAI): Sprachmodell, das für Textgenerierung und Übersetzung geeignet ist und Fragen beantworten kann - Google Gemini: KI-Modell von Google, um Texte zu verfassen, Codes zu generieren und Fragen zu beantworten - Claude (Anthropic): Sprachmodell, das lange Texte verarbeiten und verstehen kann