Endspurt vor Europawahl

Die EU-Verkehrspolitiker sind mit ihrem Arbeitsprogramm bis zur Europawahl von 6. bis 9. Juni im Wesentlichen durch, wie eine Umfrage der VerkehrsRundschau ergab. Zwei Knaller haben sie sich aber noch aufgehoben: Führerschein-Vereinheitlichung und Ausnahmegenehmigungen für Maße und Gewichte von Lkw. Vor allem beim Führerschein ist das Erregungspotenzial in Deutschland hoch, wo Senioren schon vor drohenden regelmäßigen Gesundheitschecks zitterten. Doch auch für die deutsche Logistikbranche ist das Thema relevant, weil es zum Beispiel die Anerkennung der Fahrerlaubnisse von Mitarbeitern betrifft, die man aus dem Ausland anwirbt. Und weil 17-Jährigen künftig das begleitete Fahren eines Lkw erlaubt sein könnte. Angesichts des akuten Personalmangels der Branche - ein Drittel der Fernfahrer in Europa ist 55 Jahre oder älter - halten Befürworter dies für einen Beitrag zur Nachwuchsgewinnung. Der SPD-Europaabgeordnete Thomas Rudner, Mitglied des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments (EP), warnt jedoch: "Man muss Arbeitsbedingungen und Entlohnung der Fernfahrer verbessern, damit der Job attraktiver wird - statt mit jungen Fahranfängern den Personalmangel beheben zu wollen." "Die Führerschein-Richtlinie bleibt eine extrem heiße Kartoffel", sagt Jens Gieseke, Mobilitätsexperte der CDU im EP. Immer noch stehen die Gesundheitstests im Raum. Jan-Christoph Oetjen (FDP), wie Gieseke Ausschuss-Vize, rechnet vor: "Auf rund 60 Millionen deutsche Führerschein-Inhaber würden dann geschätzte vier Millionen zusätzliche Arzttermine pro Jahr entfallen. Ich glaube, dass unsere Ärzte Besseres zu tun haben." Die Grüne Anna Deparnay-Grunenberg befindet: "Der Führerschein erlaubt überall in der EU komplett Unterschiedliches. Das müssen wir vereinheitlichen." Letztlich werde "in der neuen Regelung sehr wenig Verbindliches drinstehen". Die Abstimmung im Plenum ist für Ende Februar vorgesehen und wird voraussichtlich knapp ausfallen. Neue Gewichtsregularien? Auf der Strecke bleiben könnte bis zur Wahl das Vorhaben, die Elektrifizierung von Lkw mit Ausnahmeregeln für deren Gewicht anzukurbeln. Eine E-Lastwagen-Batterie kann bis zu vier Tonnen wiegen und würde die zulässige Nutzlast daher wesentlich verringern. Gieseke spottet: "Wollen wir in Zukunft Batterien spazieren fahren oder Güter transportieren?" Sein CSU-Kollege Markus Ferber führt ins Feld: "Schnell-Lader für Lkw funktionieren auf etlichen Betriebshöfen gar nicht, weil ihre Strom-Infrastruktur das nicht hergibt." 96,3 Prozent aller Lastwagen in der EU fahren bisher mit Diesel. Auf alternative Antriebe umzustellen würde die Logistikbranche nach dem Urteil von Ralf Diemer, Geschäftsführer der E-Fuel-Alliance, derzeit auf eine Reise ins Ungewisse schicken: "Bislang können batteriebetriebene Lkw oder Fahrzeuge mit Brennstoffzellen tägliche Fahrleistungen zwischen 500 und 1000 Kilometern nicht abdecken. Ferner besteht weder europaweit ein flächendeckendes, für Lkw notwendiges Megawatt-Ladenetz noch ist dieses in greifbarer Nähe." Die neue Richtlinie über Maße und Gewichte, die auch den Einsatz von schwereren und längeren Fahrzeugen ("Gigaliner") im grenzüberschreitenden Verkehr erleichtern soll, gehört zu einem ganzen Bündel von Vorschlägen der EU-Kommission für die Ökologisierung des Güterverkehrs. Abstimmungen im Ausschuss stehen noch aus; im März soll das Paket ins Plenum gehen. Ein AusschussMitglied gibt zu verstehen: "Das kriegt eine Beerdigung Erster Klasse." Ferber kündigt an: "Die Elektrifizierung des Gütertransports werden wir uns in der nächsten Legislaturperiode noch anschauen." Kommt das Verbrenner-Aus? Das haben FDP und CDU/CSU im Europa-Parlament auch mit der E-Mobilität für Pkw vor. Sie haben das Verbrenner-Aus für Personen-Neuwagen zum Jahr 2035 zum Wahlkampf-Thema für 2024 erkoren. Gieseke glaubt erkannt zu haben, dass sich unter den Autofahrern "Ladeangst" ausbreite. Die illustriert Ferber mit dem Hinweis: "Allein in der Stadt München gibt es mehr Ladestationen als in ganz Griechenland." Tatsächlich, so Angaben des Europäischen Rechnungshofs, befinden sich 70 Prozent aller Ladesäulen in der EU in nur drei Ländern: Niederlande, Frankreich und Deutschland. SPD-Mann Rudner leugnet das Problem nicht: "Wir müssen der immer weiter wachsenden Besorgnis entgegentreten, dass die Elektromobilität an der Ladesicherheit scheitern könnte. Dafür ist es entscheidend, schnell den Beschluss umzusetzen, an den wichtigen Verkehrsachsen alle 60 Kilometer Ladestationen vorzuhalten." Die Grüne Deparnay-Grunenberg beschwert sich hingegen: "Das Thema Verbrenner-Aus wird hyperemotionalisiert. Da laufen riesige Kampagnen, die Verunsicherung auslösen." In Brüssel ist schon viel Wahlkampf im Spiel, wenn man sich über die verkehrspolitischen Schwerpunkte für 2024 erkundigt. Die Europawahl wird auch eine Abstimmung über den Verbrenner, dessen Ende vor einem Jahr nur eine knappe EP-Mehrheit fand. Selbst die neuen Grenzwerte für Auspuff-Emissionen von Lkw kommen 2027 auf den Prüfstand, auch wenn die Euro-7-Abgasnorm vor der Wahl noch durchgewunken wird.

Umfrage: Jedes fünfte Metall-Unternehmen will Produktion verlagern

Diesel im Vergleich zum März kaum verändert

Skagerrak-Express: DB Cargo fährt Premierenzug nach Dänemark

Sperrung der A100 auf Höhe Kaiserdamm in der Nacht auf Freitag

BK-Tankstelle führt neuen Dieselkraftstoff HVO100 in München ein

Alle Schlagzeilen

Endspurt vor Europawahl

WEITERLESEN

NEWSLETTER