Eine Frage des Konzepts

Das Konzept beibehalten, ansonsten aber alles überarbeiten. Nach diesem Schema handelte Iveco bei der Erneuerung des Daily. Denn dessen aktuelles wie futuristisch gestaltetes Blechkleid wird weiter von einem, zumindest in der 3,5-Tonnen-Klasse ungewöhnlichen Leiterrahmenkonzept getragen. Warum die Konkurrenz in dieser gewichtssensiblen Fahrzeugklasse auf selbsttragende Karosserien setzt, wird spätestens auf der Waage klar: Bei 2410 Kilogramm verharrte deren Anzeige, inklusive vollem Dieseltank und Fahrer. Im Vergleich eine Menge Holz für einen 10,8 Kubik-Kastenwagen, was eben zum größten Teil auf den materialintensiveren Leiterrahmen zurückgeht. + Auf der anderen Seite spürt man förmlich, dass der Daily eigentlich für schwerere Aufgaben entwickelt wurde. Selbst scharf gefahrene Lastwechsel können dem Fahrwerk weder ein Aufschaukeln noch Verwindungen entlocken - trotz 800 Kilogramm Testballast hinter der serienmäßigen Trennwand. Mit entsprechend Gewicht auf der Hinterachse stimmt auch der Komfort im Iveco, bei Leerfahrt erweist sich das Fahrwerk aber deutlich holperiger. Für Sitzriesen die weitaus wichtigere Nachricht: Endlich bietet der Italiener auch für nordeuropäische Fahrerstaturen genügend Platz hinter dem Lenkrad. Zwar thront der Fahrersitz weiterhin auf einem hohen Sockel, dank Sitzhöhenverstellung und der im Vergleich zum Vorgänger deutlich höher gezogenen Frontscheibe müssen große Fahrer aber nicht länger in geduckter Haltung im Daily kauern. Zudem wirken die innen verwendeten Materialien hochwertiger und liebevoller verarbeitet als im grobschlächtigeren Vorgänger. Trotzdem: Die Anmutung und den Komfort von Sprinter, Crafter oder Transit erreicht der Iveco weiterhin nicht. Dafür erleichtert eine Vielzahl von gut nutzbaren Ablagen den Arbeitsalltag. 146 PS aus 2,3 Litern Hubraum Auch in Sachen Antrieb nutzte Iveco das bestehende Konzept weiter. Weshalb es bei den Vierzylinder-Dieseln mit 3,0 oder 2,3 Litern Hubraum blieb. Letzterer befeuerte den Testwagen in seiner stärksten Einstellung mit 146 PS und ist nicht nur vom Vorgänger bekannt. Schließlich sorgt er auch im Fiat Ducato für Vortrieb. Und gefällt dort mit einer überdurchschnittlichen Elastizität, die der Common-Railer im Iveco-Einsatz allerdings nur noch bedingt liefert. Trotz variablem Turbolader tut er sich mit niedrigen Drehzahlen ungewohnt schwer. Bis zum Erreichen der 350 Newtonmeter Drehmoment bei 1500 Touren gibt er sich brummig und eher kraftlos. Dazu gesellen sich dann Vibrationen vom Armaturenträger, sodass die meisten Fahrer instinktiv früh zum jetzt verbindlicher fühlbaren Knauf des Sechsgang-Getriebes greifen. Rechts von diesem fand sich beim Testwagen zudem die Taste für das Spritsparprogramm namens Eco-Switch (280 Euro). Damit lässt sich das Drehmoment verringern und der Verbrauch angeblich spürbar senken. Zwar empfiehlt Iveco das vorrangig für Fahrten mit Teilbeladung, dennoch wollten wir das Potenzial der Eco-Taste herausfinden und fuhren unsere 114 Kilometer lange Testrunde einmal mit und einmal ohne das Sparprogramm. Die Leistungs-Beschneidung ist deutlich zu spüren. Der Daily bewegt sich merklich träger. Es brauchte viel Geduld, um die 3210 Kilo schwere Testfuhre auf Tempo zu bringen. Vor allem auf der Autobahn dauerte es so eine gefühlte Ewigkeit, bis der Iveco die 130-km/h-Marke riss. Doch schlägt sich der Leistungsverzicht positiv auf den Verbrauch nieder? Zumindest bei unseren Testfahrten heißt die Antwort Nein. In beiden Fällen benötigte der Daily 8,6 l/100 km, womit sich der Italiener im Mittelfeld der 3,5-Tonner platziert. Eine Verbesserung hätte sicher die verbaute Start-Stopp-Anlage gebracht (260 Euro). Die aber kapitulierte vor den fünf Grad Außentemperatur am Testtag. Doch auch bei wärmeren Bedingungen bleibt als Fazit, das grundsätzlich schon für den Vorgänger galt: So richtig ausspielen kann der Italiener sein hohes Potenzial eigentlich erst bei den schwereren Modellen jenseits der 3,5-Tonnengrenze. Konzept bleibt eben Konzept.