Kraftkur bei Spatzendurst

Man kann noch so genau hinschauen, selbst Transporter-Spezialisten finden keinen Unterschied. Denn anders als beim in den meisten Teilen baugleichen Renault Master, dem der französische Partner auch optisch ein kleines Facelift verpasste, blieb beim Opel Movano alles beim Alten. Jenseits des Kühlergrills bietet der Movano dagegen Neues. Wobei das ebenfalls relativ zu sehen ist, denn es blieb beim bekannten 2,3 Liter großen Renault-Vierzylinder. Der wurde für die stärkeren Versionen aber um einen Biturbo bereichert, der Bedürfnisse nach mehr Leistung befriedigen soll. Was gelang - zumindest beim getesteten Topmodell mit 163 PS. Und, fast noch wichtiger: 360 Newtonmeter Drehmoment wuchtet das Common-Rail-Aggregat in diesem Fall an die Vorderachse. Und soll laut Opel dabei äußerst sparsam agieren, auch wenn wir die angegebenen 6,8 l/100 km in Anbetracht des 6,19 Meter langen L3-Testwagens eher als Fiktion betrachten. Doch dazu später mehr. Zunächst einmal wenden wir uns den Fahreigenschaften zu. Und stellen erfreut fest: Der CDTI-Selbstzünder erhielt sich nicht nur seine bisherige hohe Elastizität, dank Biturbo klappt das Surfen auf der Drehmomentwelle nun sogar noch besser. Zur Not orgelt das Aggregat, mit 2,3 Litern schon fast der Hubraumriese in seiner Klasse, auch unter 1000/min. Lediglich der Armaturenträger rebelliert dann mit starken Vibrationen. Wer das ignoriert, durchrollt auch Ortschaften locker im sechsten Gang des renault-typisch teigig schaltbaren Getriebes. Und dank des ab 1500 Touren anliegenden Drehmoments genügt die Kraft im höchsten Gang auch beladen locker zum Rausbeschleunigen. Obwohl die allgemein etwas übereifrige Schaltempfehlungsanzeige dann hektisch zum Runterschalten mahnt, übrigens am liebsten und unnötigerweise gleich um zwei Fahrstufen. Wer die Gänge dagegen ausdreht, spurtet trotz 800 Kilo Testballast im Frachtabteil in 17 Sekunden auf Tempo 100. Erst bei 161 km/h endet der Tempovorstoß. Seinen Job verrichtet der Motor in der Movano-Kabine allerdings in jedem Fall gut vernehmlich. Hier bieten manche Konkurrenten deutlich mehr Geräuschdämmung und auch bei Materialqualität und Verarbeitung hat der Opel noch die gleichen Defizite wie vor dem Facelift. Vor allem das klebrige Plastiklenkrad ist kein Handschmeichler und die unexakt eingepasste Trennwand knarzt beim Überfahren von Bodenunebenheiten. Dazu gesellt sich mitunter lautes Poltern aus dem Frachtraum, wenn das eher dürre Movano-Blechkostüm auf schlechten Straßen heftig ins Schlackern gerät. Diese "Leichtbauweise" zahlt sich dafür bei der Zuladung aus. 2310 Kilogramm brachte der Testwagen auf die Waage. Damit dürfen fast 1,2 Tonnen ins 13-Kubik-Frachtabteil eingeladen werden. Licht und Schatten auch beim Radstand. Der fällt bei den Fronttrieblern mit 4332 Millimetern gewaltig aus. Entsprechend vorausschauend muss man bei Wendemanövern zu Werke gehen und die 15,7 Meter Wendekreis einkalkulieren. Wegen des kurzen Überhangs läuft der Movano dafür aber auch beladen und bei hohem Tempo wie auf Schienen, Schwanzwedeln ist für den Opel ein Fremdwort. Für Fahrbahnunebenheiten gilt das allerdings nicht. Zwar geht der Komfort im Movano grundsätzlich in Ordnung, vor allem bei Leerfahrten erweist sich das Fahrwerk allerdings als recht hoppelig. Niedriger Verbrauch auf der Testrunde Die eingesparten Kilos beim Leergewicht helfen dem Opel auch beim Verbrauch. Auf der gemischten VR-Testrunde begnügte sich der Topmotor mit 8,4 l/100 km. Womit der Normverbrauch zwar weit überschritten wurde, der Movano seinen Wettbewerbern aber trotzdem eine harte Nuss zu knacken gibt. Was im übrigen auch für den Preis gilt: Als 3,5-Tonner starten die Fronttriebler-Modelle in der Karosserievariante L3H2 bei 29.390 Euro. Dabei sind Trennwand, Zentralverriegelung, Radio, elektrische Fensterheber sowie Spiegel und seit der Produktaufwertung endlich auch ESP beim Opel immer an Bord. Nicht nur deshalb wird es den meisten Kunden egal sein, dass der Movano optisch ganz der Alte blieb.