Der TÜV Verband hat in einem Positionspapier einen Sieben-Punkte-Plan für sichere autonome Fahrzeuge vorgeschlagen. Der technologische Fortschritt werde sein Potenzial nur dann entfalten, wenn auch Sicherheit und Regulierung Schritt halten, teilt der Verband weiter mit. Eine adaptive Regulierung, die sich stetig an die dynamische Entwicklung anpasst, sei wichtig.
„Ziel muss es sein, Fahrzeuge mit höheren Automatisierungsgraden zügig, aber unter klaren Sicherheits- und Cybersecurity-Vorgaben in den Verkehr zu bringen“, sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband.
Einstieg über Logistikanwendungen: Künftig Korridore für automatisiertes Fahren einrichten
Als pragmatischen Einstieg empfiehlt der Verband, den Einsatz autonomer Fahrzeuge gezielt dort auszubauen, wo sie sich bereits bewähren, zum Beispiel in Pilotbetrieben in klar definierten Anwendungsfeldern des Logistikverkehrs – etwa auf Werksgeländen oder klar definierten Hub-to-Hub Routen zwischen Logistikzentren – perspektivisch ergänzt um sogenannte „Automated Driving Corridors“.
Diese ausgewiesenen Bereiche, in denen Fahrsituationen mit vergleichsweise geringerer Komplexität vorherrschen, bieten die Möglichkeit Systeme unter realen Bedingungen zu etablieren, wie der Verband hervorhebt. Zudem ließen sich so Prüfprozesse zu standardisieren und regulatorische Anforderungen weiterentwickeln.
Warnung vor regulatorischer Grauzone
Problematisch sei zudem, wenn Behörden KI-Updates oder Notfallprotokolle nicht transparent nachvollziehen können oder Prüfvorgaben fehlen. „Wir sehen, dass fehlender Zugang der Aufsichtsstellen zu Echtzeitdaten und Software-Änderungen den Blick auf die tatsächliche Risikolage versperrt“, sagt Goebelt.
Um in Europa solche regulatorischen Grauzonen zu vermeiden, fordert der Verband verbindliche, EU-weit harmonisierte Regeln für fahrzeuggenerierte Daten, ein unabhängiges Third-Party-Prüfschema für sicherheitskritische KI-Systeme und eine leistungsfähige Prüfinfrastruktur über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus.
„Der Regelbetrieb von Level-4-Fahrzeugen wird nur dann Realität, wenn Rechtsrahmen, technische Standards und unabhängige Prüfstellen dieselbe Sprache sprechen“, sagt Goebelt. Beim teil- und hochautomatisierten Fahren unterscheidet der Gesetzgeber zwischen verschiedenen Stufen. Beim sogenannten Level 3 übernimmt das System beispielsweise auf der Autobahn für längere Zeit. Beim Level 4 kann die Fahrerin oder der Fahrer zum Passagier werden.
Rechtsgrundlage vorhanden, mehr Praxiserfahrungen fehlen
„Die Menschen erwarten zurecht, dass neue Technologien nicht nur funktionieren, sondern auch sicher sind. Dafür braucht es verbindliche Regeln und unabhängige Prüfungen.“ In Deutschland liefert die Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs- und Betriebsverordnung (AFGBV) den Rechtsrahmen: Sie regelt die zweistufige Genehmigung aus Fahrzeugtyp und Betriebsbereich.
Was noch fehlt, so der Verband: Serienfahrzeuge und Praxiserfahrungen, um das System im Alltag zu etablieren. Auch auf EU-Ebene seien mit dem Cyber Resilience Act, dem AI Act und dem Data Act alle wesentlichen Bausteine vorhanden.
Einheitliche Verfahren
Wichtig sei außerdem eine stärkere europäische Koordinierung, etwa durch einheitliche Genehmigungsverfahren, verbindliche Sicherheitsanforderungen und den Aufbau grenzüberschreitender Testkorridore. „Deutschland und Europa müssen die Einführung autonomer Fahrzeuge aktiv gestalten“, so Goebelt.