Koalition drängt auf Lockerungen beim Verbrenner-Aus

28.11.2025 11:04 Uhr | Lesezeit: 5 min
Weißer Rauch kommt aus dem Auspuff eines Diesel-Autos
Geht es nach dem Willen der schwarz-roten Koalition, sollen bestimmte Verbrenner nach 2035 weiter zugelassen werden dürfen
© Foto: Silas Stein/dpa/picture alliance

Die schwarz-rote Koalition stellt das geplante EU-Verbrenner-Aus ab 2035 infrage. Gleichzeitig verständigte sich man sich auf ein neues Förderprogramm für E-Fahrzeuge für einkommensschwächere Haushalte.

Die schwarz-rote Koalition will sich auf EU-Ebene für Lockerungen vom geplanten Aus für neue Verbrenner-Autos ab 2035 einsetzen. Demnach sollten auch nach 2035 „hocheffiziente Verbrenner“ zugelassen werden dürfen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Fraktionskreisen nach dem Koalitionsausschuss erfuhr. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wolle einen entsprechenden Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben.

EU-Kommission prüft Überarbeitung der Verordnung

Die EU-Kommission hatte nach Druck aus der Industrie und aus Mitgliedsstaaten angekündigt, die Verordnung zum Verbrenner-Aus überprüfen zu wollen. Einen Vorschlag dafür will die Kommission voraussichtlich am 10. Dezember vorlegen.

Die EU hat beschlossen, dass Neuwagen ab 2035 im Betrieb kein klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) mehr ausstoßen dürfen. Das hätte faktisch zur Folge, dass Neuwagen mit Verbrennungsmotor nicht mehr zugelassen werden dürften. Ziel ist es, die Emissionen im Verkehrssektor zu senken. 

Autoindustrie unter Druck – Merz warnt vor "hartem Schnitt"

Merz hatte nach einem Autogipfel im Oktober gesagt, dass es 2035 keinen „harten Schnitt“ geben dürfe. Hintergrund ist die kriselnde Autobranche. Außerdem steigen zwar die Neuzulassungen von Elektroautos, aber Ziele zum CO2-Ausstoß drohen verfehlt zu werden. Viele Jobs in Deutschland hängen am Verbrenner.

Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte sich offen für Lösungen gezeigt, die Elektromobilität und Verbrennertechnologie verbinden und Autoherstellern mehr Spielräume geben sollen. Im Wahlprogramm von CDU und CSU hatte es geheißen, das Verbrenner-Verbot müsse rückgängig gemacht werden.

Söder begrüßt Kurswechsel

CSU-Chef Markus Söder zeigte sich „sehr zufrieden“ mit der Koalitionseinigung. Das sei „das Aus vom ganz starren Verbrenner-Aus“, sagte Söder nach der nächtlichen Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin. Die Hartnäckigkeit habe sich gelohnt. Das Ganze entspreche dem, auf was Automobilindustrie und auch die Gewerkschaften gehofft hätten, und gebe nun Rückenwind. Man müsse anerkennen, dass sich die SPD hier bewegt habe. 

Söder hatte schon im Oktober nach einer Konferenz der Ministerpräsidenten in Mainz mit Blick auf ein Beschlusspapier der Länder gesagt: „Das Aus vom Verbrenner-Aus ist eingeleitet.“ Das müsse auch die Blaupause sein für eine Einigung in der Koalition in Berlin und für die Position der Bundesregierung in Europa.

In dem Beschlusspapier wird die Bundesregierung gebeten, die „Zukunft des Verbrennungsmotors“ durch regulatorische Maßnahmen zu sichern. Es dürfe kein starres Verbot der Verbrennertechnologie ab dem Jahr 2035 geben. Alternative klimafreundliche Antriebskonzepte, klimafreundliche Kraftstoffe und ergänzende Übergangstechnologien wie hocheffiziente Verbrenner, Plug-in-Hybride und Elektrofahrzeuge mit einem sogenannten Range Extender seien erforderlich, um Beschäftigung und Wertschöpfung in Deutschland zu sichern und ein Erreichen der Klimaziele ohne Bruch in der Industrie zu gewährleisten.

Deutsche Umwelthilfe: "Verbrenner-Ausstieg ist ein Skandal"

Die Einigung im Koalitionsausschuss zum Verbrenner-Aus stößt dagegen bei Umwelt- und Klimaschützern auf harsche Kritik: Damit rückten die Klimaziele im Verkehrssektor in noch weitere Ferne, so die Deutsche Umwelthilfe in einem ersten Statement. "Die Abkehr der Bundesregierung vom Verbrenner-Ausstieg 2035 ist ein Skandal", sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Selbst mit der derzeitigen Regelung zum Verbrenner-Ausstieg würden im Verkehrsbereich hunderte Millionen Tonnen CO2 zu viel ausgestoßen. "Wir werden das schmutzige Verbrenner-Geschäftsmodell der Autokonzerne mit unserer Klimaklage stoppen, die im März 2026 vorm Bundesgerichtshof verhandelt werden soll", so Resch weiter.

Geplante Förderung für Elektro- und Hybridautos ab 2026

Die schwarz-rote Koalition hat sich im Koalitionsausschuss zudem auf die konkrete Ausgestaltung einer staatlichen Förderung für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen beim Kauf von Elektroautos geeinigt. Dabei geht es um Kauf und Leasing von reinen Elektro- sowie Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen. 

Einkommensgrenzen, Zuschüsse und Kinderstaffelung im Überblick

Demnach soll als Grundlage zur Feststellung der Förderfähigkeit ein zu versteuerndes Jahreseinkommen auf Haushaltsebene von 80.000 Euro dienen. Je Kind solle die Berechtigungsgrenze um 5.000 Euro steigen.

Es solle eine Basisförderung von 3.000 Euro festgelegt werden, die mit der Anzahl der Kinder um 500 Euro je Kind auf maximal 1.000 Euro ansteige. Für besonders niedrige Einkommen sei eine zusätzliche Aufstockung vorgesehen. Die Ausgestaltung des Förderprogramms solle bis Jahresende finalisiert werden. Das Programm solle schnellstmöglich im Jahr 2026 gestartet werden - vorbehaltlich der beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission.

CSU-Chef Söder lobte die verabredete Elektroauto-Förderung. Bis zu 600.000 Autos könnten damit gefördert werden. Das gebe einen Riesenschub für den Inlandsmarkt.

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