Fahrbericht DAF: Flachland-Experte

Eigentlich ist DAF nicht seit gestern im E-Lkw-Geschäft dabei. Auf der IAA 2018 hatte der Hersteller den CF Electric mit etwa 100 Kilometern Reichweite vorgestellt. Trotzdem hat man die Chance, ein Vorreiter des Marktes zu werden, etwas verschlafen. Jetzt treibt DAF die Elektrorevolution wieder stärker voran. Zwischenzeitlich wurde das Portfolio noch mit dem leichteren Verteiler-Lkw LF Electric ergänzt. Die beiden Lastwagen bauen jeweils auf ihren Diesel-Grundmodellen auf. Verändert wurde der Antriebsstrang, welcher vom niederländischen Bushersteller VDL zugekauft wird. Der LF Electric ist nur als Fahrgestell lieferbar; der CF kommt wahlweise auch als Sattelzugmaschine daher, welche die VerkehrsRundschau im Zuge der Präsentation gefahren ist. Sowohl beim CF als auch LF sitzt der E-Motor etwas weiter hinten als das Diesel-Aggregat. Ein Getriebe gibt es nicht, die Kraft wird über eine Kardanwelle direkt auf die Hinterräder übertragen. Dementsprechend müssen die Akku-Packs seitlich am Rahmen befestigt werden. Mit einem Zuggesamtgewicht von etwa 37 Tonnen geht es auf eine kleine Testrunde. Dazu sei gesagt: Eigentlich darf der CF-Electric mit Auflieger und Ladung bis zu 42 Tonnen wiegen - allerdings nur mit einem Eintrag im Fahrzeugschein für geringere Steigfähigkeit. Kein Kraftprotz Der VDL-Antrieb zeigt sich beim Beschleunigen nur wenig fixer als ein Diesel, wobei die Leistung laut DAF bewusst begrenzt ist, um Energie zu sparen und ein Durchdrehen der Räder zu verhindern. So weit alles gut. Spätestens an etwas steileren Steigungen muss der 210-kW-Motor dann aber merklich kämpfen und es geht nur noch langsam voran. Kurios: Je schneller der Stromer unterwegs ist, desto leiser wird er. Wird die Fahrt bei 60 km/h noch von einem deutlichen Surren begleitet - laut DAF handelt es sich um eine Eigenfrequenz, die der Motor an die Kabine abgibt - geht es bei 80 Sachen deutlich leiser dahin; man hört eigentlich nur noch den Wind und die Abrollgeräusche. Zudem ist der CF mit einer vierstufigen Energierückgewinnung ausgestattet: Stufe eins, wenn der Fuß das Gaspedal verlässt, drei weitere werden über den rechten Lenkstockhebel ausgelöst. Eine Funktion, die dem DAF vielleicht noch fehlt, wäre eine Rekuperations-Automatik, die auch dann greift, wenn Mann oder Frau hinter dem Lenkrad auf die Bremse tritt. Über den Verbrauch lassen sich nur grobe Aussagen treffen, da die Ausfahrt nicht unter genormten Bedingungen stattfand. Nach 50 Kilometern zeigt zumindest der Bordcomputer eine Restkapazität von 75 Prozent an. Das heißt: Nach rund 200 Kilometern wird das Nachladen unausweichlich. Das geht beim CF Electric ausschließlich via Gleichstrom und mit maximal 240 kW, sofern man sich für die 400-Volt-Edition des Fahrzeuges entscheidet. Es gibt den Lkw auch als Version mit 200-Volt-System, diese kann aber nur mit maximal 120 kW geladen werden, ist dafür aber 7000 Euro günstiger. Der Preis ist heiß Und endlich ist es so weit: Als erster aller großen Hersteller nennt DAF einen groben Kostenpunkt für einen E-Lkw. Die Niederländer rechnen je nach Modell und Ausstattung mit einem Preis von rund 350.000 bis 370.000 Euro für einen CF Electric inklusive einer Garantie für die Batterie und des Hinweises, dass es sich hierbei um einen groben Richtwert handelt. Neben dem Direktkauf sind auch Mietmodelle möglich. Zusätzlich muss der Unternehmer noch eine Ladestation anschaffen, wobei DAF einige Modelle empfiehlt. Obendrauf kommt noch ein Multi-Support-Vertrag (circa 450-600 Euro/Monat), der alle anfallenden Servicekosten abdeckt. Die Elektroreise beginnt bei DAF aber schon einige Schritte zuvor. Denn man hat es sich auf die Fahnen geschrieben, den Kunden von Beginn an dabei zu begleiten, die Möglichkeiten für den Einsatz eines E-Lkw auszuloten, und schließlich eine Art "Rundum-sorglos-Paket" geschnürt. Heißt konkret: Zunächst berät DAF den Unternehmer, ob ein E-Lkw überhaupt infrage kommt. Dazu wird ein Simulationstool verwendet, welches die bestehenden Routen analysiert und zeigt, ob auch ein Stromer die Strecke schaffen kann. Es folgt die Frage, welche Ladesäule zum Lkw passt und ob am Gelände überhaupt genug Strom vorhanden ist. Erst nach den Beratungen und der Einigung auf einen Lkw kommt es zum eigentlichen Kaufabschluss und zur Zahlung. In diesem Zuge unterstützt DAF auch bei der Erstellung der Förderunterlagen - denn aktuell gibt es noch stattlichen staatlichen Zuschuss, wenn man sich einen E-Lkw anschafft. Nach dem Kauf werden die Fahrer auf den neuen Lastwagen eingewiesen und geschult. Es ist eigentlich für alles gesorgt: DAF hat für fast jeden Zweck einen lieferbaren E-Lkw, der zwar, zumindest im Falle des CF Electric, noch ein wenig schwach auf der Brust ist, aber für viele Szenarien auf jeden Fall ausreicht. Es gibt zudem umfangreiche Beratung und Betreuung für den Endkunden. Allerdings fahren auch einige Marktbegleiter nicht schlecht auf. Im Rennen um die wenigen Kunden, die sich in diesen Zeiten einen Elektro-Lkw leisten möchten und es auch können, sind jetzt Ellenbogen gefragt. Bei DAF wird man sich wahrscheinlich ein bisschen ärgern, dass man den eigenen Startvorteil nicht wirklich nutzen konnte. DAF CF Electric Antrieb VDL Elektromotor, 210 kW Dauerleistung/240 kW Spitze, kein Getriebe, Kardanwelle, max. Drehmoment: 2000 Nm, Batterie: Typ LFP (Lithium-Eisenphosphat), 315 kWh nutzbare Kapazität, Laden: nur DC, 250 kW in der 400-Volt-Version, Reichweite: 220–250 km Konfiguration FT (Zugmaschine), nur 4x2, zul. GG. 37 t mit Option auf 42 t bei Eintrag für geringe Steigfähigkeit (max. 6%), Radstand: 3800 mm, Gewicht Zugmaschine: 9000 kg FAN (Fahrgestell), nur 6x2 mit gelenkter Nachlaufachse, zul. GG. 29 t, Radstände: 3800/4000/4200/4600/4800 mm, Gewicht Fahrgestell: 10.160 kg Mehr finden Sie unter #HybridundElektroLkw www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Es reicht heute einfach nicht mehr, nur Lkw zu bauen. Diese Erkenntnis hat alle großen Hersteller Europas im Zuge der Elektromobilität erreicht. Mittlerweile bietet quasi jeder OEM mitsamt Auto auch noch ein Beratungsportfolio für den Unternehmer an. Kann DAF mit der Konkurrenz mithalten?

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