Ladungssicherung: VDI-Anleitung überarbeitet

Die Richtlinienreihe VDI-2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ wurde 1975 gestartet. In ihrer fast 50-jährigen Geschichte ist sie auf 18 Blätter angewachsen. Im September 2006 wurde das Blatt 3.1 „Gebrauchsanleitung für Zurrmittel“ herausgegeben. Im März 2023, also fast 17 Jahre später, erschien die überarbeitete Version. Es enthält interessante Neuerungen beziehungsweise Klarstellungen. Die Einleitung und der Anwendungsbereich nehmen wesentlich mehr Raum ein. Der Zweck von Sicherungsmaßnahmen wird dahingehend verdeutlicht, dass diese dazu dienen, den Straßenverkehr sicherer zu machen und Gefahren für Leib und Leben, Transportmittel und Infrastruktur abzuwenden. Die Praxis zeigt leider, dass die Ladung bei nicht wenigen Transporten gar nicht oder nicht ausreichend wirksam gesichert ist. Es wird auch noch mal deutlich darauf hingewiesen, für welche Situationen die Ladungssicherung von entscheidender Bedeutung ist. Es sind die erzwungene Vollbremsung, die nicht zu verhindernde Ausweichbewegung und der daraus resultierende Spurwechsel sowie die unebene Fahrbahn. Bis auf die unebene Fahrbahn sind die Punkte auch in Paragraf 22 Straßenverkehrsordnung (StVO) enthalten. Sie werden als übliche Verkehrsbedingungen betrachtet, mit denen zu rechnen ist. Das Blatt 3.1 weist zudem darauf hin, dass das Ladegut zur Sicherung vorbereitet sein muss, indem bei Maschinen und Anlagen entsprechende Zurrpunkte angebracht sind. Leider sind die Konstruktionsabteilungen nicht immer mit dieser Thematik vertraut und vergessen deswegen deren Notwendigkeit. Nicht selten sind die Zurrpunkte nicht ausreichend oder falsch dimensioniert. Das Erarbeiten einer entsprechenden Konstruktionsanleitung lässt sich aus dieser Richtlinie ableiten. Nur mit geeigneten Fahrzeugen Es wird angesprochen, dass die Fahrzeuge für den konkreten Transport geeignet sein müssen. Leider fehlen häufig in den Verträgen mit Speditionen und Transportunternehmen genau dazu detaillierte Angaben über die Art des Fahrzeugs und dessen Sicherungsmittel. Mit den etwas allgemein gehaltenen Ausführungen im Blatt 3.1 lässt sich die Notwendigkeit einer unternehmensspezifischen Fahrzeug- und Ausrüstungsspezifikation begründen. Es wird deutlich hervorgehoben, dass die Richtlinienreihe VDI-2700 zu den „anerkannten Regeln der Technik“ gehört. Paragraf 22 StVO weist ausdrücklich darauf hin, dass die „anerkannten Regeln der Technik“ zu beachten sind. Ist dies nicht der Fall, kann es bei Verstößen strafrechtliche oder zivilrechtliche Folgen haben. Die Richtlinie gilt für alle Transporte mit mehrspurigen Straßenfahrzeugen, unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie auch für Container und Wechselbrücken gilt. Leider wird in der Praxis manchmal fälschlicherweise angenommen, wenn die Ladung nicht herausfallen kann, braucht sie nicht gesichert zu werden. Das ist falsch gedacht. Ladung muss immer gesichert werden. Die Zielgruppe, die für die Anwendung und Umsetzung verantwortlich ist, wird im Kapitel Anwendungsbereich ebenfalls deutlich benannt. Es sind dies für das öffentliche Recht: der Verlader, der Fahrzeugführende und der Fahrzeughalter sowie für das zivile Recht der Absender und der Frachtführer. Ausdrücklicher Hinweis dazu: Verlader ist das Unternehmen und nicht der Staplerfahrer. Ein interessanter Aspekt ist der Hinweis auf die Vielfalt von Ladungssicherungs-Situationen und die Tatsache, dass nicht alle in diesem Regelwerk beschrieben werden könnten. Alternativen seien zulässig, wenn sie denn berechnet, erprobt, sachkundig ermittelt und dokumentiert sind. Im Alltag kommt immer wieder das Argument „das wird schon halten“ oder „da passiert schon nichts“. Das Blatt 3.1 empfiehlt ausdrücklich, die Wirksamkeit von Sicherungsmaßnahmen sachkundig nachzuweisen. Eine detaillierte Verladeanweisung wäre übrigens genau ein solches Instrument. Im Kapitel „Allgemeine Hinweise“ heißt es, dass auch dann, wenn rein rechnerisch ein Sicherungsmittel ausreichen würde, dennoch zur Stabilisierung ein zweites einzusetzen ist. Der Ausdruck „ein Gurt ist kein Gurt“ hat nun, technisch besser formuliert, Eingang in das Regelwerk gefunden. STF-Kennzeichnung beim Niederzurren Interessant ist zudem der Hinweis, dass Sicherungsmittel, welche ausdrücklich für das Direktzurren anzuwenden sind, keinen Hinweis auf die STF haben müssen (Standard Tension Force, Normspannkraft). Für das Niederzurren hingegen dürfen jedoch nur solche verwendet werden, die eine eindeutige STF-Kennzeichnung haben. Die Nichtlesbarkeit des Etiketts ist dann ein deutliches Ablegemerkmal. Für das Niederzurren wird der Bereich für die Vorspannung in Prozent der LC (Lashing Capacity, Zugfestigkeit) für die verschiedenen Sicherungsmittel angegeben. Es wird auch darauf hingewiesen, das Zurrmittel im konkreten Sicherungsfall die gleichen Eigenschaften haben sollten. Dies bezieht sich vor allem auf die Dehnung und die LC. Die „normale Handkraft“ wird mit 50 daN (SHF, Standard Hand Force) angegeben. Dies gilt auch für das Direktzurren, wobei die Sicherungsmittel mindestens so straff gespannt sein müssen, dass sie nicht durchhängen. Die Sicherungsmittel müssen vor jedem Gebrauch auf die Verwendungsfähigkeit, sprich augenfällige Mängel überprüft werden. Gegebenenfalls sind sie aus dem Verkehr zu ziehen. Aus der Erfahrung heraus ist zu empfehlen, diese Kontrolle vor dem Beladen durchzuführen und nicht erst danach. Der Unternehmer hat die Sicherungsmittel im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung jährlich einmal zu prüfen beziehungsweise von einer befähigten Person prüfen zu lassen. Diese Prüfung ist zu dokumentieren. Bei den Ablegekriterien von Spanngurten wurde der Hinweis mit aufgenommen, dass sich die Angabe „zehn Prozent“ nicht nur auf die Breite, sondern vor allem auf die Dicke bezieht. In der Praxis kommen Gurte mit Schäden größer als zehn Prozent der Dicke viel häufiger vor als solche der Gurtbreite. Diese Schäden sind oft im Bereich der Haken zu finden, wenn der Gurt an der Lochleiste eingehängt ist und die Einstecklatten auf den Gurt drücken. In einer solchen Situation kann auch ein neuwertiger Gurt nach einer Fahrt ablegereif sein. Es ist allen Anwendern von Sicherungsmitteln zu empfehlen, sich dieses Regelwerk zu eigen zu machen, weil die enthaltenen Hinweise häufige, fruchtlose Diskussionen beenden können. Diese in ausreichendem und zweckmäßigem Maß unternehmensbezogen umzusetzen, ist die Aufgabe aller Verantwortlichen. Jeder Verkehrsteilnehmer wird es ihnen danken, wenn er Begegnungen mit Transportmitteln und deren ausreichend gesicherter Ladung unbeschadet übersteht. Leider ist von solchen Begegnungen, welche Schäden nach sich ziehen, regelmäßig in der Presse zu lesen. Sigurd Ehringer, Experte für Ladungssicherung, SE-LogCon, Thaining

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