EU verlängert Mautbefreiung für E-Lkw bis 2031

Das Votum fällt deutlich aus: 458 Abgeordnete stimmen dafür, 182 dagegen, elf enthalten sich der Stimme. Damit ist aktenkundig, was Jan-Christoph Oetjen (FDP), verkehrspolitischer Sprecher der Liberalen im Europaparlament, schon im Juli im VR-Interview mit den Worten angekündigt hatte: "Das werden wir jetzt im Schnellverfahren beschließen. Das kommt also auf jeden Fall." Gemeint ist die Verlängerung der möglichen Mautbefreiung von E-Lkw, so, wie sie in Deutschland zurzeit ja praktiziert wird. Die Maßnahme war von der EU zunächst bis Ende dieses Jahres beschlossen worden, um den Anreiz zum Kauf schwerer E-Lkw zu erhöhen. Doch weil die Verkaufszahlen bislang weit hinter den Erwartungen zurückbleiben, hatte die EU-Kommission Ende Juni vorgeschlagen, die Mautbefreiung von E-Lkw bis Mitte 2031 zu verlängern. Im Eilverfahren hat das Europaparlament den Vorschlag angenommen. Zustimmung der Mitgliedstaaten gilt als sicher An der endgültigen Annahme auch durch die EU-Mitgliedstaaten besteht kein Zweifel. Denn die entsprechende Abstimmung dazu sollte am 27. oder 28. Oktober (Stand am 16.10.2025) bei einem Ratstreffen der Landwirtschaftsminister fallen - allein das ist schon ein Zeichen, dass auch hier das Ja eine reine Formalie ist. Denn normalerweise wäre die Maut eine Angelegenheit für die Verkehrsminister. Aber - so teilt es die aktuelle dänische Ratspräsidentschaft auf VR-Anfrage mit -, wenn ein unstrittiger Punkt ohne Diskussion einfach nur angenommen werden müsse, könnten auch fachfremde Minister die Abstimmung durchführen. Dabei verwundert es kaum, dass die Mitgliedstaaten kein Problem mit dem Kommissionsvorschlag haben. Mit ihrer Zustimmung gehen sie nämlich kein Risiko ein. Denn es geht nur um die Erlaubnis, emissionsfreie Lkw von der normalen Maut ausnehmen zu dürfen. Ein Zwang dazu besteht nicht. Genauso ist es auch heute schon. Von der Mautbefreiung macht deshalb neben Deutschland zurzeit nur Belgien vollständig Gebrauch. Zehn weitere Mitgliedstaaten - Österreich, Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Ungarn, Lettland, Luxemburg, Niederlande, Slowakei und Schweden - befreien emissionsfreie Lkw zumindest zum Teil von den normalen Mautgebühren. Doch die Mehrzahl der EU-Länder lässt die Möglichkeit ungenutzt. Reaktionen aus der Transportbranche Der Jubel über die Verlängerung der möglichen Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw hält sich aber nicht nur deshalb lediglich in Grenzen. Zwar gibt es grundsätzlich viel Applaus von den meisten Verbänden, doch das "Aber" folgt meist auf dem Fuß. Wobei die Argumente auf europäischem Niveau ähnlich sind wie in Deutschland. Beispiel: DSLV und IRU. Mit dem Beschluss, "batterieelektrisch- und wasserstoffbetriebene schwere Nutzfahrzeuge bis zum 30. Juni 2031 von der Lkw-Maut zu befreien" sei "die Reform der Eurovignetten-Richtlinie (.) auf einem grundsätzlich guten Weg", teilt der Bundesverband Spedition und Logistik DSLV als Kommentar zum EU-Parlamentsbeschluss mit. Kritikpunkte des DSLV Für eine "schnelle Dekarbonisierung und gleichzeitig gerechte Bepreisung des Straßengüterverkehrs" seien allerdings weitere Schritte erforderlich, fügt der Verband hinzu. Und listet auf, was noch fehle: Erstens sollten nicht nur Strom und Wasserstoff als "Komponente in der Lkw-Maut berücksichtigt werden" - sprich: um niedrigere Mauttarife zu zahlen -, sondern auch andere alternative, "flächendeckend verfügbare Kraftstoffe", wie der Öko-Dieselkraftstoff HVP 100 und biogasbasiertes CNG und LNG. Zweitens müssten CO2-Doppelabgaben vermieden werden, wenn der europäische Emissionshandel ETS II 2027 oder 2028 auch im Straßenverkehr eingeführt werde und dann das Szenario drohe, dass Unternehmer sowohl über die Maut als auch über das Emissionshandelssystem zur Kasse gebeten würden, quasi zweimal für dieselbe Umweltbelastung. Und drittens müsse endlich klar geregelt werden, dass das Geld, das durch die CO2-Mautabgaben in die Staatskassen fließt, für Investitionen in den Straßenverkehr genutzt wird - und nicht für andere Projekte der nationalen Regierungen verwendet werden darf. Soweit der DSLV. IRU mahnt einheitliche CO₂-Regeln für Lkw an Bei der International Road Transport Union IRU sind die gleichen Forderungen zu lesen, nur in anderer Reihenfolge: Erstens die vorgeschriebene Verwendung der CO2-Mauteinannahmen für den Straßenverkehr, zweitens Vermeidung der Doppelbelastung der Unternehmen durch CO2-Maut und ETS II, drittens niedrigere Mautbeträge auch für andere alternative Kraftstoffe, die deutlich weniger CO2 verursachen wie herkömmlicher Diesel. Zudem fordert die IRU noch eine europaweit einheitliche Anerkennung der CO2-Klassen der Lkw. Ausschlaggebend soll dabei immer die Einstufung des Landes sein, in dem der Lkw registriert ist. Um diese Forderungen zu verwirklichen, wäre zunächst die EU-Kommission in ihrer Rolle als "Hüterin der Verträge" gefragt. Nur sie kann entsprechende Vorschläge machen, die dann vom Europaparlament und den EU-Mitgliedstaaten angenommen werden müssten. Noch ist allerdings nicht absehbar, ob sich die EU-Kommission darauf einlässt.