Rund 8.000 Autobahnbrücken in Deutschland gelten als sanierungsbedürftig. Wie stark Verkehr und Wirtschaft betroffen wären, wenn einzelne Bauwerke kurzfristig ausfallen, hat der ADAC laut einer Mitteilung des dpa-Pressediensts ots anhand von fünf Beispielen simulieren lassen.
Die Modellberechnungen zeigen hohe volkswirtschaftliche Schäden, zusätzliche Kilometer auf Umleitungsstrecken und deutlich längere Fahrzeiten.
Fünf Brücken im ADAC-Modellvergleich
Die Analyse des Ingenieurbüros PTV Transport Consult betrachtet die Norderelbbrücke an der A1 in Hamburg, die Friedrich-Ebert-Brücke auf der A565 in Bonn, die Donaubrücke Sinzing an der A3 bei Regensburg, die Böllinger Talbrücke auf der A6 bei Heilbronn sowie die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig. Alle Bauwerke stehen auf der bundesweiten Sanierungsliste und haben ein Alter von mindestens mehreren Jahrzehnten.
Hamburg: Höchster Schaden bei der Norderelbbrücke
Besonders gravierend fällt das Modell für Hamburg aus. Die mehr als 60 Jahre alte Norderelbbrücke wird täglich von rund 125.000 Fahrzeugen genutzt. Eine sofortige Sperrung würde große Teile des Verkehrs auf die A7 und in das Stadtgebiet verlagern.
Pkw-Fahrer müssten jährlich rund 150 Millionen zusätzliche Kilometer zurücklegen. Die Zeitverluste summieren sich laut Studie auf rund 14 Millionen Stunden. Die jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten werden mit 334 Millionen Euro beziffert. Umwelt- und Lärmbelastungen würden ebenfalls steigen.
Bonn, Regensburg, Heilbronn: Dreistellige Millionenschäden möglich
Auch an weiteren Standorten rechnet der ADAC mit hohen Belastungen. Bei der Friedrich-Ebert-Brücke in Bonn wären rund 120.000 Fahrzeuge pro Tag betroffen. Pkw müssten im Sperrfall Umwege von insgesamt 50 Millionen Kilometer fahren, Lkw weitere 5,5 Millionen Kilometer. Die Studie nennt einen jährlichen Schaden von mehr als 170 Millionen Euro.
Für die Donaubrücke Sinzing bei Regensburg kalkuliert das Modell einen volkswirtschaftlichen Schaden von 75 Millionen Euro pro Jahr. In Heilbronn wären es rund 172 Millionen Euro, wenn die Talbrücke über den Böllinger Bach ausfiele. Beide Sperrungen würden zu weiträumigen Umleitungen und langen Verzögerungen führen.
Die geringsten ökonomischen Auswirkungen zeigt das Modell für die Agra-Brücke in Leipzig. Obwohl der Schaden mit 14 Millionen Euro deutlich niedriger ausfällt, erwartet der ADAC für die umliegenden Wohngebiete starke Belastungen durch Ausweichverkehr.
ADAC fordert schnellere Sanierung
Angesichts der Ergebnisse warnt ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand vor weiteren Verzögerungen: „Mit jedem weiteren Jahr, das bei der Erneuerung einer Brücke ungenutzt verstreicht, steigen die Risiken für Folgeschäden und damit für starke Belastungen von Autofahrern, Anwohnern und Volkswirtschaft erheblich.“ Er fordert, verfügbare Mittel aus dem Sondervermögen zu nutzen und Sanierungen zu beschleunigen.
Laut ADAC müssen bis 2040 rund 8.000 Brückenbauwerke im Autobahnnetz erneuert oder saniert werden. Viele von ihnen stammen aus den 1960er- und 1970er-Jahren und verfügen nicht mehr über die Kapazitäten für heutige Verkehrsbelastungen.
Die ADAC-Zahlen im Überblick
| Brücke | Potenzieller Schaden/Jahr | Zusatz-Kilometer (Pkw) | Zeitverlust |
| Norderelbbrücke Hamburg (A1) | 334 Mio. Euro | 150 Mio. km | 14 Mio. Stunden |
| Böllinger Bach-Brücke Heilbronn (A6) | 172 Mio. Euro | 140 Mio. km | 5 Mio. Stunden |
| Friedrich-Ebert-Brücke Bonn (A565) | 170 Mio. Euro |
50 Mio. km |
8 Mio. Stunden |
| Donaubrücke Sinzing Regensburg (A3) | 75 Mio. Euro |
47 Mio. km |
3,5 Mio. Stunden |
| Agra-Brücke Leipzig | 14 Mio. Euro | 12 Mio. km | 1 Mio. Stunden |