Trotz zusätzlicher Milliardenhilfen aus dem Sondervermögen des Bundes droht der Deutschen Bahn in den kommenden Jahren ein Engpass bei der Finanzierung zentraler Infrastrukturprojekte. Der Vorstandsvorsitzende Richard Lutz warnt vor möglichen Folgen für Sanierungen, Digitalisierung und Netzausbau, sollte die Finanzierungslücke bis 2029 nicht geschlossen werden.
Milliardenhilfen reichen langfristig nicht aus
Der Bund hat mit dem beschlossenen Sondervermögen ein starkes Signal für den Ausbau der Schieneninfrastruktur in Deutschland gesetzt. Laut Bahnchef Lutz sei dies „ein großer Fortschritt“ für Fahrgäste und die gesamte Bahnbranche. Dennoch bleiben die Mittel laut Deutscher Bahn nicht ausreichend. Der Bedarf für grundlegende Erneuerungen und die Umsetzung digitaler Technologien beläuft sich laut Lutz auf rund 45 Milliarden Euro bis zum Jahr 2029.
17 Milliarden Euro fehlen bis 2029
Auch wenn für die Jahre 2025 und 2026 die Finanzierung nahezu gedeckt ist, steigt der zusätzliche Finanzierungsbedarf ab 2027 deutlich an. Insgesamt klafft laut Lutz eine Deckungslücke von etwa 17 Milliarden Euro. Der Vorstand macht klar, dass nur die politischen Entscheidungsträger im Bundestag festlegen können, wie viel Geld tatsächlich in das Schienennetz investiert wird.
Investitionspaket: 107 Milliarden – aber nur ein Teil ist neu
Zwar wurde vergangene Woche ein Gesamtpaket von 107 Milliarden Euro an Investitionen bis 2029 beschlossen – ein Großteil dieser Summe stammt jedoch aus Umschichtungen. So sollen rund 38 Milliarden Euro aus dem regulären Bundeshaushalt in das Sondervermögen überführt werden. Weitere 14 Milliarden Euro ursprünglich vorgesehener Eigenkapitalzuschüsse werden umgewidmet. Rechnet man diese Beträge heraus, verbleiben nur 29 Milliarden Euro an echten Zusatzmitteln – 16 Milliarden Euro weniger als notwendig.
Generalsanierung verzögert sich deutlich
Ein weiteres Problem ist die Verschiebung der angekündigten Generalsanierung des Bahnnetzes. Ursprünglich sollten bis 2031 alle kritischen Strecken modernisiert sein. Nun ist klar: Das Ziel wird voraussichtlich erst 2035 erreicht. Der neue Zeitplan wird derzeit zwischen dem Konzern, der Politik und der Branche abgestimmt. Die Deutsche Bahn plant, im dritten Quartal 2025 ein überarbeitetes Sanierungskonzept mit dem Bund zu verabschieden.
Hoher Sanierungsbedarf belastet den Güterverkehr
Die mangelhafte Infrastruktur führt bereits jetzt zu Verspätungen und Einschränkungen im Fernverkehr. Im ersten Halbjahr 2025 war mehr als ein Drittel aller Fernzüge verspätet. Laut Bahn gehen rund 80 % der Verspätungen auf Infrastrukturmängel und Baustellen zurück. Während der Sanierungsphasen müssen viele Strecken über Monate vollständig gesperrt werden. Fahrgäste und Logistikunternehmen müssen Umleitungen und verlängerte Fahrzeiten einkalkulieren.
Bahnchef Lutz betont abschließend: „Ein gestreckter Zeitplan verbessert die Marktverträglichkeit, aber verlängert auch das Risiko störanfälliger Anlagen, die später erneuert werden.“