Bayern und Österreich wollen den festgefahrenen Streit um die Lkw-Blockabfertigung auf der Brenner-Route entschärfen. Nach einem Treffen in Wien kündigten Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigten, eine seit Jahren auf dem Tisch liegende Idee eines Slot-Systems zur Steuerung des Lkw-Verkehrs über die Brenner-Route wieder aufzugreifen und weiterzuverfolgen.
Man sei mehr als bereit, eine Lösung zu finden, sagte Stocker. Er kündigte an, das Thema kommende Woche auch mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni zu besprechen. „Wenn die Italiener da mitgehen, dann wäre das echt die Lösung“, hob Söder hervor.
Tirol setzt auf Blockabfertigung – Bayern leidet unter Rückstaus
Die Brenner-Route von Deutschland über Österreich nach Italien gilt als eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen über die Alpen auch für den europäischen Güterverkehr. Sie ist seit langem chronisch überlastet. Seit Jahren setzt Tirol daher auf Blockabfertigung, bei der am bestimmten Tagen nur eine begrenzte Anzahl an Lkw die Grenze passieren darf (sogenannte Dosiertage).
Die Folge der Blockabfertigung sind kilometerlange Staus auf bayerischer Seite, insbesondere auf der Inntalautobahn. Transportunternehmen beklagen unter anderem die hohen Zeitverluste durch Staus und Wartezeiten und die massive Einschränkung des Güterverkehrs. Italien hat deshalb auch Klage gegen Österreich eingereicht, darüber muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden - wann ist offen.
Slot-System: Digitale Steuerung für den Lkw-Verkehr am Brenner
Bereits 2023 hatten Bayern, Tirol und Südtirol eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, um ein digitales Slot-System für die Brenner-Route zu entwickeln. Die Idee: Lkws müssten für die Route über den wichtigen Alpenpass verpflichtend bestimmte Zeitfenster (Slots) buchen.
Voraussetzung dafür wäre aber eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen Italien, Österreich und Deutschland sein. Dazu kam es aber nie. Dafür wollen Stocker und Söder einen neuen Anlauf nehmen.
Österreich fordert Tempo beim Bahn-Ausbau – Kritik an Deutschland
Neben dem Straßenverkehr war auch der Schienengüterverkehr ein Schwerpunkt des gemeinsamen Treffens. Österreichs Bundeskanzler Stocker forderte mehr Engagement der deutschen Seite beim Brenner-Nordzulauf. Das ist der Anschluss an den Brennerbasistunnel, der auf österreichischer Seite bereits im Bau ist. Er beklagte, dass Deutschland beim Ausbau der Bahnstrecke Richtung Innsbruck massiv im Zeitverzug sei. Der Brennerbasistunnel müsse so schnell wie möglich fertiggestellt werden.
Söder gestand ein, dass es auf deutscher Seite „Herausforderungen“ gebe. Er kündigte aber an, die Bundesregierung - an der die CSU beteiligt ist - wolle Priorität in die Planung stecken, die dafür nötigen Verfahren vereinfachen und das nötige Geld „priorisieren“. Einen Zeitpunkt, wann über den Trassenverlauf entschieden werden soll, nannte er aber nicht.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) äußerte sich ebenfalls zum Thema Brenner. „Da gibt es auch einige Hausaufgaben auf deutscher Seite zu tun“, sagte er in Wien, wo er diplomatischen Gespräche mit der österreichischen Außenministerin und dem israelischen Außenminister führte.
Politische oder juristische Lösung? EU soll Machtwort sprechen
Bis über ein mögliches Slot-System entschieden und dies umgesetzt wäre ebenso wie bis zum Abschluss der Bahnprojekte dürfte es - noch lange dauern. Damit bleibt der Streit zwischen Bayern und dem österreichischen Bundesland Tirol um die Lkw-Blockabfertigung erst einmal weiter ungelöst.
Deshalb hofft Bayern auf ein Machtwort der Europäischen Union. Diese müsse hier eigentlich entscheiden, so Söder. „Eigentlich ist die Blockabfertigung eindeutig EU-rechtswidrig.“ Er ziehe eine politische Lösung zwischen EU-Kommission und den drei Ländern Deutschland, Österreich und Italien immer einer juristischen Lösung vor. Im Zweifel müsste der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Es werde in jedem Fall ein Urteil geben. Er geht davon aus, dass dann die Blockabfertigung fallen würde.
Stocker betonte, wie wichtig dagegen eine politische Lösung sei: „Ich glaube, dass man Politik nicht durch Gerichtsverfahren ersetzen kann.“ Die Frage brauche eine politische Lösung. „Denn die Brennerautobahn werde nicht breiter und die Tage würden nicht länger.“