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K+N-Chef Gernandt: "Wir laufen dem Volumen nicht blind hinterher"

15.03.2013 09:25 Uhr
K+N-Chef Gernandt: "Wir laufen dem Volumen nicht blind hinterher"
Karl Gernandt: Will nicht um jeden Preis eine wichtige Rolle im europäischen Landverkehr spielen
© Foto: VR/M. Cordes

Ein Interview mit Karl Gernandt über weiße Flecken im europäischen Landverkehr und die Folgen des unbefriedigenden Geschäftsverlaufs 2012.

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VerkehrsRundschau: Wie hat Ihr Hauptaktionär, Herr Kühne, auf das unbefriedigende Ergebnis bei K+N reagiert?

Karl Gernandt: Unser Hauptaktionär hat zu Recht die Stirn gerunzelt, warum wir nicht die Erwartungen 2012 haben erfüllen können. Auf der anderen Seite kennt Herr Kühne den Markt so gut, dass er weiß, woran es liegt. Und wenn man den Grund für das nicht zufriedenstellende Ergebnis weiß, kann man eine Situation wie im letzten Jahr vielleicht eher akzeptieren. Wir werden eine solche Volatilität in der Seefracht auch nicht noch mal bekommen. Diese Krise wird sich langsam auslaufen.

Was macht Sie da so zuversichtlich? Die großen Frachtpreisschwankungen und die Überkapazitäten dauern ja jetzt schon zwei Jahre an.

Wir gehen davon aus, dass die Reedereien ihre Kapazitäten mit der Nachfrage in eine Balance bringen können. Erste Anzeichen dafür sind die Neubestellungen von Schiffen, die derzeit auf einem so niedrigen Niveau sind wie in den letzten 10 Jahren nicht mehr.  Der  Druck  von zusätzlichen Kapazitäten wird langsam nachlassen.

Aber 2013 sieht es nicht nach einer spürbaren Entspannung aus, wenn man die riesigen Containerschiffe sieht, die beispielsweise noch an Maersk ausgeliefert werden.

Sicherlich wird es spannend werden, wann es  zu einer Beruhigung im Markt kommen wird. Wahrscheinlich wird sich der Druck verlagern von den Linienreedereien auf die Charterreedereien. 2011 und 2012 hatten die Linienreedereien große Schwierigkeiten, ihre Kapazitäten am Markt unterzubringen. 2013 und 2014 wird dieses Problem bei den Vercharterern landen, weil keiner mehr die Charterverträge zu den Preisen wie in der Vergangenheit verlängert. Damit befreien sich die Linienreedereien von erheblichen laufenden Lasten.

Ist angesichts der unbefriedigenden Ergebnisse von K+N ein Strategiewechsel zu beobachten: Hin zur Seefracht, mit der K+N groß geworden ist, und weg vom Landverkehr?

Ganz so schlecht ist die Lage bei uns ja nicht, aber die  „Juchhu-Politik“, dass wir immer der Größte sein wollen und ein Geschäft nach dem anderen akquirieren, die wird relativiert. Wir werden viel stärker darauf achten, wie viel wir verdienen mit dem Aufwand, der für einen Kunden entsteht. Das führt zwangsläufig bei den großen Geschäften in der Kontraktlogistik zu einem geringeren Wachstum. Und das hat im Landverkehr zur Konsequenz, dass wir dem Volumen nicht blind hinterherlaufen. Wir werden uns stärker als in der Vergangenheit die Frage stellen, wie viel Geld es uns kosten darf, ein vernünftiges Netzwerk im europäischen Landverkehr aufzubauen.

Es gibt ja bei K+N im europäischen Landverkehr durchaus noch weiße Flecken wie in Osteuropa.

Mit diesen weißen Flecken werden wir leben. Das gehört zu unserer Strategieanpassung. Wir waren vor drei Jahren noch optimistischer, dass wir den Teppich Europa sehr farbenfroh gesamthaft ausrollen können. Das werden wir nicht tun, weil wir erkannt haben, das wird zu teuer, egal, ob wir Unternehmen übernehmen würden oder uns in einen neuen Markt selbst etablieren. Letzteres kann nur dann kurzfristig gelingen, wenn man günstigere Preise als die Konkurrenz anbietet, die in der Regel nicht kostendeckend sind. Das werden wir aber nicht machen.

 In Ihrem Wachstumsprogramm aus dem Jahr 2010 hatten Sie als Ziel verkündet, den Umsatz im Landverkehr bis 2014 zu verdoppeln. Von diesem Ziel haben Sie sich also verabschiedet?

Das Ziel ist in zweifacher Hinsicht nach unten gerutscht: Die Zielmarke ist nicht mehr so hoch gesetzt und wir wollen nicht mehr in so vielen Ländern mit dem Produkt vertreten sein.

Wie lautet jetzt das korrigierte Ziel für den europäischen Landverkehr?

Da würde ich gerne mit einer Antwort warten, bis Herr Paul, den wir als neuen Verantwortlichen für das Geschäft geholt haben, mindestens 100 Tage in der Firma ist.

Ist denn vorstellbar, dass K+N sich ganz aus dem Landverkehr zurückzieht, wenn sich das Ergebnis auf absehbarere Zeit nicht verbessert?

Diese Frage muss sich jeder Manager stellen, wenn ein Geschäftsfeld nach drei, vier Jahren nicht schwarze Zahlen schreibt. Da sind wir bei K+N und sicher auch Herr Kühne als Hauptaktionär diejenigen, die  so eine Diskussion ohne Tabu führen. Wir haben das Ziel, im Landverkehr eine wichtige Rolle zu spielen. Aber wir werden dieses Ziel nicht mit jedem Preis erreichen und bezahlen wollen, sondern irgendwann stringent und konsequent handeln.

K+N hat sich 2012 aber auch generell mit Firmeneinkäufen sehr zurückgehalten.

Das stimmt. Einer der Gründe dafür war die Erkenntnis, dass wir uns intern nicht so schnell entwickelt haben wie gedacht. Wir haben in den ersten Jahren meiner Tätigkeit bei K+N sicherlich mehr Unternehmen weltweit gekauft. Das geht so lange gut, wie man Managementkapazitäten zur Integration der Aufkäufe hat. Aber wir haben gemerkt, dass die Qualität der Prozesse sichergestellt sein muss, bevor der nächste Schritt getan wird. Und bevor wir nicht unsere Hausaufgaben gemacht haben, satteln wir nicht noch eine weitere Komplexität in Form eines neuen Unternehmens obendrauf. Diese Zurückhaltung gilt auch für 2013.

Wie sehr leidet K+N unter dem Fachkräftemangel?

Das ist ein tatsächliches Problem. Dass wir im Verkauf nicht so erfolgreich waren, was die Anwerbung neuer und kenntnisreicher Mitarbeiter betrifft, hängt auch damit zusammen, dass wir in der gesamten Logistikbranche nicht genügend Spezialisten finden. Die Logistikindustrie ist so stark gewachsen, dass die Lehrsysteme und Studiengänge, in denen Logistik eine Rolle spielt, nicht den Bedarf decken können. Deshalb kann man jungen Menschen, die einen Job mit Perspektive suchen, nur raten, in die Logistikbranche zu gehen. Das gilt für Fahrer genauso wie für Tätigkeiten, für die ein Hochschulabschluss benötigt wird.

Muss sich die Branche darauf einstellen, dass als Konsequenz auf den Fachkräftemangel die Entlohnung angehoben werden muss, will man nicht den Anschluss an andere Branchen verlieren?

In der Tat, darauf muss sich die Branche einstellen. In den Führungsebenen werden meiner Erfahrung nach zwar durchaus Gehälter gezahlt, die sich mit anderen Branchen messen lassen. Aber in den ersten zehn Jahre einer Karriere – und die sind entscheidend für die Berufswahl – sind wir wohl noch nicht immer mit allen Branchen wettbewerbsfähig. (cd)

Karl Gernandt ist seit Mai 2011 Präsident des Verwaltungsrates von Kühne + Nagel International AG, Schindellegi, Schweiz. Am 1. Oktober 2008 bestellte Klaus-Michael Kühne, Mehrheitsgesellschafter der Kühne + Nagel International AG, Gernandt zu seinem Nachfolger und damit auch zum CEO seiner privaten Kühne Holding  AG, Schindellegi.

Einen ausführlichen Bericht über das Geschäftsergebnis von K + N 2012 finden Abonnenten der Verkehrs­Rundschau im E-Paper der VerkehrsRundschau oder in der Printausgabe von heute, 15. März 2013.

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KOMMENTARE


Politiker

16.03.2013 - 17:18 Uhr

Warum denkt nicht jeder Spediteur so? Wieso macht jeder es billiger, nur um die eigenen Leute mit Minilöhnen abz speisen?


spedi 01

19.03.2013 - 09:14 Uhr

guten Tag, liebe VR-Redaktion, könnten Sie bitte meinen Leserbrief aus 2010 zum Thema Landverkehre K+N aus dem Archiv holen? Ich hatte damals schon darauf hingewiesen , das K+N kein Landspediteur war , ist oder wird. Alleine schon der Schwachsinn Cordes+Simon zu kaufen oder manch anderes Unternehmen oder die Zwangs-Linienverkehre zwischen den europäischen Niederlassungen. Geht nicht, man braucht die Teilpartien zum Sammelgut, erst dann verdient man Geld, und diese Verkehre gehen nicht als Zwangs-Linienverkehre.


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