Interview der Woche

Professor Michael ten Hompel ist Initiator und Vorsitzender des Effizienzcluster Logistik Ruhr und geschäftsführender Institutsleiter des Dortmunder Fraunhofer Instituts für Materialfluss und Logistik (IML). Nachgefragt bei Interview der Woche Gab es jemals so viel Geld für die Logistikforschung? 40 Millionen Euro für die Logistikforschung? Hat der Bund jemals in solcher Höhe die Logistikforschung unterstützt? Michael ten Hompel: Nein, das hat es noch nie gegeben. Die Logistik wurde bei der Vergabe von Fördergeldern zum ersten Mal in einer solchen Dimension als Wissenschaftsdisziplin anerkannt. Dies ist meines Wissens das höchste Forschungsbudget für Logistik in ganz Europa. In welche Projekte werden die meisten dieser Gelder einfließen? Die Mittel gehen in die sechs Leitthemen des Clusters. Die 120 beteiligten Unternehmen steuern noch mal rund 50 Millionen Euro bei, weitere Mittel kommen vom Land NRW. Damit haben wir ein Gesamtbudget von 100 Millionen Euro, mit denen werden 101 konkrete Produktentwicklungen ungefähr zu gleichen Teilen gefördert. Können von den Forschungsgeldern auch Unternehmen profitieren, die noch nicht Mitglied in ihrem Effizienzcluster sind? Nein, nicht von den 40 Millionen Euro. Die sind vergeben. Aber interessierte Unternehmen können noch bei uns Mitglied werden. Denn die Forschung geht ja weiter Muss der Betrieb dafür an der Ruhr sitzen? Nicht unbedingt. Wir sind offen für Kooperationen. Entscheidend ist, dass die Unternehmen in die Logistikforschung investieren wollen. Um wie viel Geld geht es denn dabei? In der Regel sprechen wir von drei-bis fünfjährigen Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Hier muss ein Unternehmen mindestens mit 500.000 Euro Forschungsinvestitionen rechnen. Von welchem Projekt sind Sie persönlich am meisten begeistert? Wir bauen derzeit eine Versuchshalle, wo wir in einem Lager 50 Multishuttles im Echteinsatz testen wollen. Mit diesen fahrerlosen Transportsystemen, die im Wareneingang oder im Regal die Last aufnehmen und zum Bestimmungsort transportieren, wird es in der Zukunft möglich sein, klassische Fördertechnik wie Regalbediengeräte oder Rollenförderer vollständig zu ersetzen. Wenn Sie zehn Millionen Euro mehr hätten, wofür würden Sie das Geld ausgeben? Ganz klar für das Projekt Hub-to-Move. Hier wollen wir erforschen, wie sich umzugsfähige Distributionszentren verwirklichen lassen. Also Logistikhallen und technische Anlagen, die mit geringem Aufwand an einem neuen Standort aufgebaut werden können. Vonseiten von Unternehmen wie DHL oder Lufthansa Cargo gibt es hier großes Interesse, insbesondere für Anlagen in China. Bisher wird in die Logistikzentren noch viel zu viel Stahlbeton verbaut. ❙❚■ Andre Kranke Am 1. Juli fiel der Startschuss zu Europas größtem Logistikforschungsprojekt, dem vom Dortmunder Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML) initiierten Effizienz-cluster Logistik Ruhr. 120 Partnerunternehmen und 11 Forschungseinrichtungen wollen in den nächsten fünf Jahren Lösungen und Innovationen zu den drängendsten Logistikproblemen erarbeiten. Hauptforschungsfelder sind wandelbare Logistiksysteme, Logistics-as-a-Service, Green Logistics, urbane Versorgung, Güterverkehrsmanagement, logistische Gestaltungskompetenz sowie Aus- und Weiterbildung. ak um was es geht