Interview der Woche

Karlheinz Schmidt geboren am 6. Januar 1952 in Königstein/Taunus, ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Schmidt ist Honorarprofessor der Fachhochschule Heilbronn. Nachgefragt bei Interview der Woche Wendet sich die Politik von der Straße ab? Der Haushaltsentwurf für 2011 liegt vor. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer erhält 9,8 Milliarden Euro für den Verkehrsetat, davon rund 4,8 Milliarden für die Straße. Sind Sie damit zufrieden? Karlheinz Schmidt: Wir sind wieder auf das Ergebnis vor der Mauteinführung zurückgefallen. Das heißt: Von den Einnahmen der LKW-Maut erreicht kein einziger Cent die Straße als zusätzliche Ausgabe. Rechnet man noch die Inflation hinzu, dann sind die Mittel für den Straßenbau sogar um ein Fünftel gesunken. Und das trotz Milliardeneinnahmen aus der LKW-Maut! Das Ergebnis wird jedoch nur erreicht, wenn die geplante Mautausweitung auf vierspurige Bundesstraßen pünktlich startet. Ist das zu schaffen? Das lässt sich relativ schnell umsetzen, wenn nicht alle Straßenabschnitte bemautet werden. Im Gegensatz zu den Autobahnen soll es keine Mautbrücken zur Kontrolle geben. Das wirft die Frage auf, wie Mautpreller erwischt werden. Die Mautgerechtigkeit ist zumindest gefährdet. Der Verband Allianz pro Schiene jubiliert, da nach seinen Berechnungen mehr Geld in den Schienenausbau fließt als zuvor. Wendet sich die Politik von der Straße ab? Nein, der Jubel ist voreilig. Wenn der Finanzminister der Deutschen Bahn pro Jahr 500 Millionen Euro wegnimmt und das Geld im allgemeinen Haushalt ver-sickert, dann bekommt auch die Schiene in Summe weniger als zuvor. Jetzt soll das Gewerbe zudem weniger Geld als Mautausgleich erhalten. Das Kürzen der Mautharmonisierung wäre Wortbruch. Da ist hoffentlich nicht das letzte Wort gesprochen. Der Haushalt muss noch durch das Parlament und ich habe aus Kreisen der Verkehrspolitiker das Signal erhalten, die Mautharmonisierung nicht anzutasten. Erschüttert das Kürzen der Beihilfen Ihr Vertrauen in das Verkehrsministerium? Noch sind das nur Pläne. Bevor die Branche wilde Protestbriefe verfasst, sollten wir im Gespräch versuchen, eine bessere Lösung zu finden. Mit Sorge verfolgen wir auch die Entwicklung bei der Mauterhöhung für Euro-3-Fahrzeuge zum 1. Januar. Diese sollte zurückgenommen werden. Bislang fehlt es an der Zustimmung der beteiligten Ressorts. Macht es die Branche den Finanzpolitikern zu einfach? Letztes Jahr wurden die De-Minimis-Beihilfen nicht vollständig abgerufen. Dieser Vorwurf der Finanzpolitiker ist ärgerlich. Das Gewerbe hat genügend Anträge gestellt, ohne dass diese im Verwaltungsverfahren zeitnah erledigt werden konnten. Das ist nicht uns anzulasten. Wird das Gewerbe für das langsame Arbeiten des Bundesamts für Güterverkehr bestraft? Mit pauschalen Schuldzuweisungen ist niemandem gedient, weil sie nicht zutreffen. Dennoch darf es in Zukunft nicht mehr passieren, dass das Verwaltungsverfahren den Mittelabfluss unmöglich macht. Generell bin ich der Meinung, wir sollten nicht Zeit damit verschwenden nach Schuldigen zu suchen, sondern lieber Lösungen für klar erkannte Probleme finden. ❙❚■ Sebastian Bollig Weniger Mautharmonisierung Die Bundesregierung hatte dem deutschen Transportgewerbe im Gegenzug zur LKW-Maut Beihilfen in Höhe von 600 Millionen Euro jährlich versprochen. Erst vier Jahre nach Mautstart hat der Bund im Frühjahr 2009 mit dem Förderprogramm Aus- und Weiterbildung sowie den De-Minimis-Beihilfen dieses Versprechen eingelöst. Im Entwurf des Bundeshaushalts sind diese Beihilfen für 2011 jedoch gekürzt worden. sb um was es geht