Getränkelogistik

Getränkelogistik Neue Trends in der Getränkelogistik Während früher die Getränkehersteller noch eigene Fuhrparks betrieben haben, wird die Getränkelogistik heute immer häufiger an Speditionen ausgelagert. Auch ein Trend hin zum Transport auf der Schiene zeichnet sich ab. Die Getränkelogistik ist ein besonderes Geschäft, weil es sich um Rundlauftransporte handelt. Das ist in der Logistik nur in wenigen Bereichen der Fall“, erklärt Gunnar Gburek, Bereichsleiter Logistik beim Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Da die LKW das Leergut bei den Rückfahrten gleich wieder mitnehmen, gebe es in diesem Segment kaum Leerfahrten, die in den Preis eingerechnet werden müssten. So sei der Transport generell etwas billiger als beispielsweise in der Maschinenbaubranche. „Teilweise sind die Preise jedoch so niedrig, dass die Speditionen damit nicht mehr zu Rande kommen und jetzt um mehr Geld kämpfen“, sagt Manfred Giß, der sich mit seinem Unternehmen Logisstik auf Beratung im Bereich Getränkelogistik spezialisiert hat. Dem stimmt auch Günther Guder, geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels, zu. „Die Preise für die Logistikdienstleistungen des Getränkefachgroßhandels unterliegen einem starken Wettbewerb. Eine Ursache liegt darin, dass die Konkurrenz unter den Lebensmittelgeschäften mörderisch geworden ist“, erklärt er. Der Handel versuche, die Kosten für den Transport bei Ausschreibungen zu minimieren, wodurch ein starker Preisdruck entstanden sei. Logistik wird ausgelagert Ebenfalls neu ist laut Giß, dass immer weniger Getränkehersteller einen eigenen Fuhrpark betreiben. „Die Unternehmen beliefern ihre Kunden vielleicht noch in einem Umkreis von 40 bis 60 Kilometer selbst, die restlichen Aufträge geben sie an Speditionen weiter“, weiß der Augsburger aus Erfahrung. Die Anzahl der Speditionen sei nach seiner eigenen Einschätzung in den letzten zwei bis drei Jahren gestiegen. Die Gründe für diese Entwicklung liegen vor allem in den Bemühungen, Kosten einzusparen. Denn die gesetzlichen Anforderungen beispielsweise durch das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz seien inzwischen so hoch, dass es sich für die Hersteller gar nicht mehr lohne, einen eigenen Fuhrpark zu betreiben. „Außerdem werden so die Kosten flexibilisiert, weil ein eigener LKW, der ungenutzt auf dem Hof steht, Geld kostet“, ergänzt Rainer Chittka, zuständig für die Planung der Supply Chain bei der Brauerei Karlsberg. In seiner Studie „Effizienz-Programm für die Brau- und Getränkewirtschaft“ kommt John Eke, Vorstand bei Exxent Management Team, ebenfalls zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Getränkelogistik noch viel Potenzial für Speditionen herrscht. Mit Zusatzdienstleistungen wie der Leergut-Logistik können die Unternehmen beispielsweise punkten. Denn zu Spitzenzeiten wurde laut Studie ein Fremdflaschenanteil von bis zu 70 Prozent registriert. Allein der Tausch von Leergut zwischen den Brauern verursache pro Jahr 17 Millionen Euro Transportkosten. Die Gesamtkosten der Sortierung werden auf über 89 Millionen Euro geschätzt. „Speditionen, die Dienstleistungen rund um die Leergutsortierung bieten, haben hier klar einen Vorteil“, betont Eke. In den vergangenen Jahren sind auch der Pro-Kopf-Verbrauch und damit die Bestellmengen gesunken. Besonders deutlich ist das bei der Brauwirtschaft zu sehen: Lag der Pro-Kopf-Verbrauch laut Deutschem Brauer-Bund 2001 bei 122,6 Litern im Jahr, tranken die Deutschen im vergangenen Jahr nur noch 109,6 Liter. Grund dafür ist unter anderem das gestiegene Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung und das schlechte Image alkoholischer Getränke. Laut europäischem Fruchtsaft-Verband sank der Verbrauch an Fruchtsäften/-nektaren von 40,6 Liter im Jahr 2000 auf 37 Liter im vergangenen Jahr. Dagegen ist der Konsum von Mineral- und Heilwasser gestiegen: 2000 tranken die Deutschen 100,3 Liter im Jahr, während es 2009 bereits 133,1 Liter waren. Auch die hohen Kosten für die Lagerung und die gesunkene Liquidität der Unternehmen wirken sich negativ auf die Bestellmengen aus: „Hat beispielsweise ein Gastronom früher vielleicht 40 Kästen geordert, bestellt er heute nur noch 20“, sagt Giß. „Die Speditionen reagieren darauf, indem sie einen Mindestmengenzuschlag verlangen, wenn eine bestimmte Transportmenge unterschritten wird“, ergänzt der Berater. Oder aber es wird eine Vergünstigung um ein paar Cent für eine bestimmte Bestellmenge angeboten. Transporte auf die Schiene verlagert Längst gilt heute der LKW nicht mehr als einziges Transportmittel für die Kästen. „Der Trend geht hin zur Schiene“, weiß Gburek vom BME. Dieser Verkehrsträger sei deshalb besonders gut für diese Branche geeignet, weil in der Getränkelogistik relativ große und schwere Mengen transportiert werden. Außerdem handle es sich um ein konstantes Geschäft, da die Transporte abgesehen von saisonalen Schwankungen kaum Änderungen unterliegen, die nicht vorher planbar seien. Neben dem Spirituosen-Hersteller Berent-zen oder dem Unternehmen Danone Waters nutzt auch die Brauerei Warsteiner die Schiene, um Malz im Einzelwagenverkehr sowie Bier, alkoholfreie Getränke und Leergut im kombinierten Verkehr zu transportieren. Auf der 60 Kilometer langen Strecke zwischen Neubeckum und Warstein werden seit 2005 in Zusammenarbeit mit dem Transportunternehmen Westfälische Landes-Eisenbahn jährlich 140.000 Tonnen transportiert. Das sind drei Ganzzüge pro Woche und zusätzlich Malz im Einzelwagenverkehr beziehungsweise in Wagengruppen. „Insgesamt wurden etwa 30 Millionen Euro in das Projekt investiert, das gemeinsam vom Land Nordrhein-Westfalen, der Stadt Warstein und der Warsteiner Brauerei finanziert wurde, wobei wir den Löwenanteil gestemmt haben“, berichtet Uwe Salvey, Leiter Logistik in der Brauerei. Die Idee für den Transport auf der Schiene ist in der Zeit entstanden, als die Brauerei sehr stark gewachsen ist. „Um auch langfristig gut angebunden zu sein und gegebenenfalls weiter wachsen zu können, wurden diverse Infrastrukturprojekte angestoßen und realisiert. Neben Energie, Wasser und Abwasser gehörte auch die Verbesserung der Verkehrsanbindung dazu“, sagt Salvey. Das Thema Umweltschutz und die Entlastung der Ortsdurchfahrt in Warstein sei ebenfalls ein Grund für den Wechsel auf die Schiene gewesen. „Allerdings mussten wir viel lernen, denn Frachten im kombinierten Verkehr zu organisieren, ist deutlich schwieriger, als einen LKW-Spediteur zu bestellen“, gesteht der Logistikleiter. Grundsätzlich haben sich die Erwartungen der Brauerei Warsteiner erfüllt. In Zukunft sei deshalb ein Ausbau des Projekts geplant. Vor allem der Vorlauf der Überseecontainer zum Seehafen stehe ganz oben auf der Liste der Weiterentwicklungsprojekte. ❙❚■ Annika Binder Die VerkehrsRundschau beleuchtet die Aussichten für die Märkte: VR 42: Transportgewerbe in Rumänien und Bulgarien VR 43: Neue Trends in der Getränkelogistik VR 44: DIHT-Prognose für die deutsche Wirtschaft 2011 VR 45: Die aktuelle Entwicklung im Bausektor Chance für Speditionen In der Getränkelogistik tut sich momentan einiges. Während beispielsweise die Brauereien nach und nach ihren eigenen Fuhrpark auflösen, gewinnen die Speditionen an Bedeutung. Mit zusätzlichen Dienstleistungen können sie sich von der Konkurrenz abgrenzen und so in der Branche erfolgreich Fuß fassen. Außerdem wird auch hier die Schiene als Transportmittel zunehmend für Unternehmen interessant. Unterstützt von der Gleisanschlussförderung können die Getränkehersteller die schweren Mengen auf die Schiene verlagern. ab Fazit Kostenstruktur von Flaschenbier Anteil der Logistikkosten an den Gesamtkosten von Bier in Flaschen Der Preis für 100 Liter Bier in Flaschen liegt bei 72,80 Euro. 7,8 Prozent, also 5,50 Euro, sind davon Kosten für den Transport und die Lagerung. Wenn alle logistischen Prozesse im weiteren Sinne einbezogen werden, liegen die Logistikkosten sogar bei über 25 Prozent. Bei Fassbier liegt der Wert bei zehn Prozent. ab