Gemeinsam Probleme angehen

VR: Die Politik will, dass Verkehrswachstum Verkehrsträger-übergreifend verteilt wird. Gibt es eine Bereitschaft dazu? Wandt: Das Wachstum des Lkw kommt nicht von uns. Das kommt durch Onlinehandel und mehr Menschen, die arbeiten und Wohlstand haben wollen. Wir erhalten weniger Zeitfenster, es muss alles schneller gehen. Und das Schlimme: Der deutsche Unternehmer profitiert nicht davon, sondern der gebietsfremde Kollege. Sozialdumping ist das wichtigste Problem, das wir nach der Bundestagswahl in die Koalitionsverhandlungen bringen müssen - und zwar gemeinsam. Wer hier am Markt teilnimmt, muss in Deutschland Lohnsteuer und Sozialversicherung zahlen. Lechner: Und er darf nach den Vorstellungen des Generalanwalts beim EuGH und des Bundesrates seine reguläre Wochenruhezeit nicht im Fahrerhaus verbringen. Wandt: In dem Punkt sind wir ja jetzt wesentliche Schritte weiter. Allerdings befürchte ich, dass da eine neue Geschäftsidee kommt: Containerdörfer für fünf Euro pro Nacht plus Toilettenpauschale. Wir haben schon gefragt, ob unsere Spesensätze nicht erhöht werden müssen ... Aber zurück zum Thema. Beispiel 1990, Grenzöffnung zur DDR. Das war ein rein schienenorientierter Markt. Es wurden schnell Massentransporte verlagert auf den Lkw. So ein Quatsch. Man kann doch nicht den Hafen Wismar unterstützen, indem man Kali von Thüringen nach Wismar mit dem Lkw fährt. Und dieses dramatisch schlechte Beispiel mit dem Elbe-Seitenkanal, der für Stahl- und Erztransport gebaut wurde. Es haben dort nie Binnenschiffe Erz transportiert. Der Kanal ist inzwischen nur voll, weil Container nach Hamburg gebracht werden, Mehl, Importtextilien oder das Zentrallager von Ikea beliefert wird. Ein Beispiel für die Langfristigkeit von Infrastrukturplanungen. VR: Und was ist mit den Hafen-Hinterland-Verkehren? Wandt: Das System Schiene ist gut und die Laufzeiten sind einigermaßen. Wenn der Markt aber plötzlich sagt, wir wollen nicht warten oder wir brauchen das kontinuierlich. Was ist dann? Die Lokführerstreiks der letzten Jahre sind auch nicht aus den Köpfen der Leute raus. Dagegen streiken der deutsche Kraftfahrer und der deutsche Transportunternehmer nicht. Schwanen: Die Binnenschifffahrt ist in Logistikketten integrierbar, kann mit entsprechendem Vor- und Nachlauf gebrochene Verkehre darstellen. Das funktioniert gut, ist jedoch lange nicht so flexibel wie im reinen Straßenbereich. Wir sind klassisch massengutaffin, sind stark im Bereich der Projektladung, also bei übergroßen Stückgütern oder Schwertransporten und im Containertransport. Aber richtig ist und bleibt: Das Netz der Wasserstraßen umfasst nur rund 6000 Kilometer schiffbare Flüsse und Kanäle. In Thüringen gibt es keine einzige schiffbare Wasserstraße. Hier sind wir beim Transport auf multimodalen Verkehr angewiesen. Möchte der Kunde den gebrochenen Verkehr mit allen Vor- und Nachteilen nicht, geht er den Weg des geringsten Widerstandes. Dann packt er es direkt auf den Lkw. Generell hat aber ein großes Umdenken bei den Unternehmen stattgefunden. Man versucht, auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu setzen. Das gelingt in vielen Fällen bereits gut. VR: Hätte die Speditionsbranche als Architekt des Verkehrs nicht die Position, um Gütertransporte zu verlagern? Brenner: Ich glaube, dass die Speditionsbranche das in vielen Bereichen schon tut, und zwar sehr aktiv. Wir gehen davon aus, insbesondere beim Thema Internethandel, dass das Verkehrswachstum steigen wird. Jetzt kann man sich darüber streiten, ob es demnächst 25, 30 oder 40 Prozent sind. In jedem Fall muss sich die Speditionsbranche Gedanken machen, wie sie dieses Verkehrswachstum abfedert. Wir haben uns zum Beispiel sehr für den Donauausbau in Bayern eingesetzt in der Variante C 280. Dann hat man sich politisch für den Ausbau in der Variante A entschieden und damit lediglich für den Hochwasserschutz. Das haben wir sehr bedauert. Wir brauchen die Donau als zuverlässigen Verkehrsträger. Wir haben ständig mit Eis, Hoch- und Niedrigwasser zu kämpfen. Wenn wir wollen, dass mehr Verkehr auf die Donau kommt, brauchen wir den Ausbau C 280 inklusive Hochwasserschutz. VR: Wie steht es mit der Schiene? Brenner: Das Gleiche gilt für den Schienengüterverkehr. Wir sagen seit Jahren, wir brauchen mehr Kapazitäten auf den Strecken und in den Terminals. Deshalb unterstützen wir seit einiger Zeit ein sehr gutes Projekt der DB: das Thema interaktive KV-Karten. Auch, weil wir aus Sicht der Speditionen mehr Transparenz in diesem Markt brauchen. Wir möchten wissen, wo die entsprechenden Schienengüterverkehrs-Verbindungen sind, wann welche Strecken wie gebucht werden können. Ein zentrales, übersichtliches Tool ist ein Beitrag zur Lösung des Problems. Die DB Netz hat diesen Gedanken aufgegriffen, ausgebaut und vertreibt jetzt mit Erfolg diese KV-Karten. Aber wir sind gewerbepolitisch auch für den Straßengüterverkehr aktiv. Natürlich befürworten wir auch den Lang-Lkw, weil wir da Potenzial sehen. Das ist ein sinnvolles Invest in einem speziellen Segment. Das gilt auch ganz klar für das Thema Infrastrukturausbau im Bereich Straße. Wir begrüßen daher die im Bundesverkehrswegeplan verankerte Zielsetzung, künftig verstärkt in den Verkehrsträger Straße zu investieren. Für den Erhalt der Leistungsfähigkeit halten wir es aber für notwendig, einzelne Projekte von der Wichtigkeit nach oben zu stufen. Aus unserer Sicht kein Widerspruch zum Schienengüterverkehr, wo die Speditionsbranche teils andere Anforderungsprofile hat, was Zeitfenster oder Pünktlichkeit betrifft. Da müssen wir noch viel stärker den Dialog suchen. VR: Gibt es eine Verlagerung auf die Schiene? Flege: Ich fand es sehr richtig, was Herr Wandt gesagt hat: Das System Schiene ist gut. Allerdings habe ich diese Aussage noch nie in einer BGL-Pressemitteilung gelesen. Da heißt es eher, die Schiene sei angeblich nicht leistungsfähig, nicht flexibel, zu teuer. Anknüpfen möchte ich auch an Aussagen von Herrn Wandt, dass sein größtes Problem das Lohn- und Sozialdumping ist. Ich bin inhaltlich zu 100 Prozent bei Ihnen. Die deutschen Spediteure haben beim Lohnund Sozialdumping aus Osteuropa keine Chance - und die Güterbahnen auch nicht. Da haben wir ein gemeinsames Interesse. Beim BGL gab es kürzlich einen personellen Wechsel. Prof. Dr. Engelhardt und ich haben auch schon telefoniert. Wir haben uns verabredet und verfolgen die gleiche Stoßrichtung. Die größten Probleme der Güterbahnen in Deutschland sind von der Politik gemacht. Wir haben in dieser Legislaturperiode massive Verschlechterungen der Wettbewerbsbedingungen des Verkehrsträgers Schiene erlebt, insofern kann ich nicht zufrieden sein mit der aktuell nicht stattfindenden Verlagerung auf die Schiene. Wir stagnieren seit Jahren bei einem Marktanteil von 18 Prozent. Die Trassenpreise für die Güterbahnen steigen jedes Jahr. Das ist keine Unzulänglichkeit der DB Netz. Das ist der Wunsch der Bundespolitik. Wir mussten auch eine EEG-Umlagenerhöhung verkraften und leisten uns in Deutschland die zweithöchste Bahnstromsteuer in der EU. Dies alles führt zu Belastungen im dreistelligen Millionenbereich, während der Lkw sich an der Klima- oder Energiewende nicht beteiligt. Wandt: Bei der Schiene müssen wir aber doch bedenken, Deutschland ist ein relativ kleines Land. Wir haben 83 Millionen Leute auf engem Raum. Wo bekommen wir Platz für eine zweite Schiene? Und wenn der Bund das Geld hätte, welche Kommune wäre bereit, einen weiteren Bahnhof zu akzeptieren? Man muss realistisch sehen, dass die Schiene mit Zunahme des Güterverkehrs wächst. Aber das Wachstum wird vorwiegend beim Lkw landen - weil wir auf kurzen Strecken regionalen Wirtschaftsverkehr erledigen. Wenn es uns gelänge, die transeuropäischen Netze, etwa Warschau-Brüssel oder Padborg-Verona, von der Autobahn wegzukriegen. Ist aber nicht realistisch ... Flege: Aber dann unterstützen Sie uns doch beim Schienenlärm - genau wie ich Ihnen bei den Lohn- und Sozialbedingungen beipflichte. Denn der Lärm trägt auch negativ zum Image für den Güterverkehr bei allen Verkehrsträgern bei. Wir sind absolut dafür, dass wir ab Ende 2020 gesetzlich keine lauten Güterzüge mehr haben. Aber wo ist die BGL-Pressemitteilung, die an den Bund appelliert, nicht nur 500 Millionen Euro für Lkw-Rastplätze auszugeben, sondern zusätzlich 500 Millionen Euro für leise Güterwagen? Wandt: 500 Millionen vergessen wir mal, die Zahl ist natürlich deutlich niedriger. Als der Gesetzgeber sagte, wir sollen nicht acht, sondern neun Stunden Pause machen zwischen den Schichten, standen wir 12,5 Prozent länger. Unsere Unternehmer, die Mehrzahl hat im Schnitt zwischen fünf und zehn Fahrzeuge, sind meist abends wieder zu Hause. Aber die Produktivität eines Lkw liegt heute oft unter sechs Stunden am Tag - da gehen sie pleite. Was machen wir in den anderen Stunden? Vor allem warten an der Rampe ... Trotzdem müssen wir dahin kommen, zwei Schichten zu fahren. Das mit den Pausen bekommen wir schon hin. Flege: Sie haben doch gerade gesagt, Sie möchten die Lkw auf die Schiene bringen, und dass es nicht einfach ist, neue Umschlagbahnhöfe und neue Güterverkehrsstrecken zu bauen. Da sind wir uns einig von der Analyse. Einer der Hauptpunkte, warum es Widerstände gibt, ist der Schienenlärm und damit wenig Akzeptanz für den Infrastrukturausbau für den Schienengüterverkehr. Das ist ein gemeinsames Interesse - wenn Ihnen ernst ist, was Sie gesagt haben. Lechner: Der Terminalausbau stockt allgemein wie alle Infrastrukturprojekte an rapide abnehmender Akzeptanz in der Bevölkerung. Ob das Schienenlärm ist, bei Parkplätzen, bei der Angst vor marodierenden Fahrern oder wie in unserem Güterverkehrszentrum (GVZ) in Augsburg: der fehlende Schienenanschluss aufgrund einer in der Schwebe befindlichen, völlig überzogenen Gesetzgebung zum Thema Grundwasserschutz. Wir haben Bedarf, der Kombiverkehr steigt, aber die Bevölkerung sagt nein. Und es geht auch um die europäische Gesetzgebung. Wir haben jetzt die neue Richtlinie Maße und Gewichte. Seit Jahr und Tag dürfen wir in Deutschland im Vorund Nachlauf mit einem normalen Fünf-Achs-Zug mit 44 Tonnen fahren. Wenn ich künftig, wie übrigens auch schon heute, in Verona mit 44 Tonnen vom Zug gehe, kann es passieren, dass mir ein schlecht aufgelegter Gendarm das Fahrzeug stilllegt. Man darf in Italien von Bozen nach Neapel auf der Straße mit 44 Tonnen fahren. Aber wenn sie vom Kombi-Terminal in Verona kommen, nur mit 40. Da ist europäische Initiative gefragt. Wir haben mit Mühe und Not in der neuen EU-Richtlinie für den Kombiverkehr im Vor- und Nachlauf 42 Tonnen bekommen. Aber wir brauchen die 44! VR: Aber 44 Tonnen wären doch weiterhin mit sechs Achsen möglich? Lechner: Schon, aber wer investiert in neues Equipment, in sechsachsige Züge. Ein Aberwitz, was hier auf europäischer Ebene stattfindet. Schwanen: Ich möchte mal an die schönen Zielvorgaben der bisherigen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung erinnern. Dort wurden Modal-Split-Ziele genannt, die gerade Schiff und Schiene stärken sollten. Diese politischen Absichtsbekundungen waren aber leider nicht mit einer politischen Tat verbunden, um diese Ziele im vorgesehenen Zeitraum zu erfüllen. Das ist im Rheinkorridor kein Problem. Dort ist das Modal-Split-Ziel für die Binnenschifffahrt sogar bereits übererfüllt, weil der Rhein eine sehr ausgebaute Bundeswasserstraße ist. Wie eklatant anders das aussieht, sehen wir an anderen Wasserstraßen mit ihren Engpässen. Beispiel: Hamburger Hinterlandverkehre. Am Elbe-Seitenkanal stehen sie in Scharnebeck in einem Schiffshebewerk, das nur 100 Meter lange Trogkammern hat und damit für Schiffe heutiger Abmessungen zu kurz ist. In der Binnenelbe fehlt in trockenen Jahreszeiten regelmäßig das Wasser unter dem Kiel. Sobald es da ist, sind auch die Güterschiffe wieder unterwegs. Was ich damit sagen will: Es wäre schön, wenn die Politik, wenn sie solche Umweltziele definiert, auch Maßnahmen für ihre Realisierung ergreift. Das heißt in unserem Fall, die Nutzung der Schifffahrt ermöglicht, indem sie die Engpässe im Wasserstraßennetz beseitigt. Im Bereich der Bundeswasserstraßen, die ja eher als große Achsen zu sehen sind und weniger als Netz, gibt es praktisch keine Umfahrungsmöglichkeit. Diese Infrastruktur ist deshalb sehr sensibel: Wenn die hochbetagte Eingangsschleuse des Neckars oder des westdeutschen Kanalgebietes zusammenbricht, sind ganze Wirtschaftsregionen von der Binnenschifffahrt abgeschnitten. Ein weiteres Beispiel, über das Frau Brenner bereits sprach: Der 70 Kilometer lange Abschnitt an der Donau zwischen Straubing und Vilshofen, der nicht ausgebaut ist. Da hat man drei Jahre für mehrere Millionen Euro mit Unterstützung der EU Untersuchungen durchgeführt, Ausbauvarianten geprüft und dies von einer Monitoring-Gruppe, in der Ausbaubefürworter und -gegner saßen, begleiten lassen. Am Ende hat der bayerische Ministerpräsident dann die Ausbauvariante A ausgerufen, die der Schifffahrt und der verladenden Wirtschaft den geringsten Nutzen bringt. Das ist Politik. Das kann frustrieren. Wandt: Es gibt den Deutschen Industrie- und Handelskammertag mit einem großen Verkehrsausschuss. Der hat sich bei der letzten Sitzung ausführlich mit der Binnenschifffahrt beschäftigt. Da gibt es keine Kontinuität - die Leute sind alle frustriert. Da werden Planungskapazitäten vorgehalten, aber die Auftragsvergabe an die Länder klappt nicht. Das ist das zentrale Infrastrukturproblem. Brenner: Wir haben noch ein weiteres Problem: Die Diskussion um das Thema Stickstoffdioxide holt uns ein. Auf europäischer Ebene ist die NERC-Richtlinie verschärft worden. Das heißt, die Grenzwerte sollen bis 2030 noch einmal gesenkt werden. Wir wissen aktuell nicht, wie wir zukünftig den Verteilerverkehr noch sicherstellen können. Denken Sie an die aktuellen Luftreinhaltepläne. Da sollen ab Sommer 2017 die Grenzwerte nicht mehr überschritten werden. Das ist schwer lösbar. Denn mehr als Euro-5- und 6-Fahrzeuge können wir nicht anschaffen. E-Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen sind noch nicht als Serienprodukte erhältlich.Wir können also die Diskussion über Stickstoffdioxid-Grenzwerte führen. Nur haben wir derzeit keine Fahrzeuge, mit denen wir die Innenstädte abseits der Dieseltechnologie bedienen können. Dem muss man sich in der gewerbepolitischen Diskussion auch stellen. Lechner: Die Frage wird auch sein: Woher kommt die sogenannte saubere Energie für E-Mobilität? Die Diskussion um die Stromtrassen wird aktuell politisch ziemlich gedeckelt. Trotzdem muss die Frage erlaubt sein, woher Bayern und Baden-Württemberg als große Industriestandorte künftig Strom bekommen - und auch wer das bezahlen soll. VR: Ab 2050 soll der Verkehrssektor null CO2-Emission haben. Ist das realistisch? Flege: Unter den jetzigen Rahmenbedingungen ist das völlig unrealistisch. Wenn wir es erreichen wollen, brauchen wir eine radikale Wende in der Verkehrspolitik. Viele Punkte haben wir ja schon angesprochen. Das Minimum ist, dass wir Wirtschaftswachstum und Verkehrswachstum entkoppeln. Der Gütertransport in Deutschland muss energieeffizienter werden - bei allen Verkehrsträgern. Wir als Verkehrsträger Schiene werden es schaffen, 2050 komplett CO2-neutral unterwegs zu sein. Wir brauchen allerdings bei der Schiene noch zusätzliche Oberleitungen. VR: Kommen Binnenschifffahrt und Lkw da noch hinterher? Wandt: Ich muss von vornherein sagen, die Klimaziele 2050 sind extrem weltfremd. Wir machen uns Gedanken, laufen nicht nur auf der IAA von Stand zu Stand. Reden über Gas-Lkw, über Strom, eine Elektrifizierung der rechten Fahrspur, Hybridantriebe und über Wasserstoff. Jetzt kommt das "Aber". Man muss an alle diese Dinge ein Preisschild machen. Und wenn die Gesellschaft das bezahlen möchte, dann wird das gehen - das ist aber nicht unsere Sache. Fragen Sie die Wissenschaft. Schwanen: Das Binnenschiff ist seit Jahren der Verkehrsträger mit den geringsten CO2-Emissionen. Insofern passt die Binnenschifffahrt in das Klimaziel. Mir machen aber die Partikel-Emissionen und die Stickoxide Sorgen. Da weht uns mittlerweile ein recht rauer Wind aus Brüssel entgegen, Stichwort: NRMM-Verordnung, die deutlich strengere Abgasgrenzwerte in diesen Bereichen vorschreibt. Da haben wir ein Problem: Der Wille zur Einhaltung dieser Grenzwerte ist da, allein es fehlt das dafür notwendige Equipment. Heutige Binnenschiffsmotoren mit konventionellem Gasöl als Treibstoff werden die Grenzwerte ohne Filtersysteme nicht einhalten können. In ganz Europa werden nicht einmal 200 Hauptantriebe pro Jahr verkauft. Jetzt zeigen sie mir mal den Motorenhersteller, der bei diesem Absatzmarkt bereit ist, in eine entsprechende Entwicklung zu investieren. Das ist technisch zwar machbar, wird dann aber leider auch sehr teuer. Die Frage ist: Wer soll beziehungsweise wer kann das am Ende bezahlen? Flege: Ihr kriegt ja eine Motorisierungsbeihilfe vom Bund? Schwanen: Ja. Aber was habe ich davon, wenn ich keinen Motor habe, den ich kaufen kann? LNG-angetriebene Motoren wären eine Alternative. Die sind aber auch teuer und bergen einige andere Nachteile. VR: Das heißt, mehr Umweltschutz ist nur möglich, wenn der Transport deutlich teurer wird auf allen Verkehrsträgern? Schwanen: Nein, das würde ich so nicht sagen. Ich meine, dass diejenigen, die derart ambitionierte Umweltziele vorgeben, sich verantwortlich fühlen und sich auch mit der Frage beschäftigen sollten, wie die Umsetzung erfolgen kann. Es kann doch nicht sein, dass Brüssel eine solche Vorgabe macht, sich für die finanzielle Förderung der betroffenen Branche aber nicht zuständig fühlt. Da heißt es dann: Das soll der Nationalstaat machen. Das ist unfair. Wandt: Und trotzdem: Die Blumenmärkte in Venlo bekamen von Rotterdam/Amsterdam das ganze Volumen. Das kam mit dem Lang-Lkw auf holländischer Seite in Venlo an. Jetzt haben die einen Neubau erstellt in Straelen. Das ist ungefähr zwei Kilometer weiter, aber in NRW. Die Autos durften da nicht fahren, sodass wieder mehr Lkw gebraucht wurden. Brenner: Wir haben in Bayern auch so ein Beispiel: Nürnberg. Da haben wir ein trimodales Terminal und können die Strecke auf städtischem Gebiet von zwei Kilometern nicht mit dem Lang-Lkw bedienen, weil die Stadt Nürnberg das bislang nicht freigibt, auch wenn jetzt eventuell ein Umdenken einsetzt. Und das ist jetzt nur einer von mehreren Punkten, wo wir Nachbesserungsbedarf sehen und von der Politik mehr Kontinuität einfordern. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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