Der Smart Racer von Renault Trucks im VR-Lkw-Test

Beim Image hat es die Marke Renault Trucks hierzulande bekanntlich nicht leicht. Für den französischen Hersteller Grund genug, die berühmte Flucht nach vorne anzutreten und in Lyon die nächste Effizienz-Stufe zu zünden. Erster Vorbote ist der "Smart-Racer", wohinter sich ein Sondermodell verbirgt, das noch bis Jahresende von den Produktionsbändern rollt. Abgesehen von auffälligen Applikationen auf der eher ungewöhnlichen orangen Grundlackierung, spendiert der französische Hersteller hier alle verfügbaren kraftstoffsparenden Optionen. Die sollen das Zeug dazu haben, den Verbrauch im Langstreckeneinsatz um bis zu 14 Prozent zu senken - bezogen auf das Normalmodell. Neu: Kameras anstatt Spiegel Der augenscheinlichste Spritsparer ist das neue kamerabasierte Spiegelersatzsystem, wie es im Fachjargon so schön heißt, das nun auch Renault Trucks im Angebot hat. Auch wenn es keine Eigenentwicklung ist, sondern von der Konzernmutter Volvo Trucks stammt, die die Kameras schon länger an FH, FM oder FMX schraubt. Entsprechend ähnlich präsentiert sich das bei Renault "Digital Vision" genannte System. Lediglich die Position des Weitwinkelspiegels vertauschten die Entwickler. Beim Renault erscheint er oben, beim Volvo hingegen unten auf den links 12 Zoll und rechts 15 Zoll großen Displays an den A-Säulen. Etwas sollte im T dann wohl doch anders sein, wahrscheinlich auch, weil es sich bei den konventionellen Spiegeln der beiden Lkw-Modelle genauso verhält. Ansonsten verfügt das Kamerasystem bei Renault über die gleichen Funktionen wie beim Volvo. Auch die per Taste aktivierbare Infrarotfunktion ist an Bord, die auf den Displays buchstäblich die Nacht zum Tag macht und besonders bei Rangiermanövern bei Dunkelheit zum gern genommenen Helfer wird. Ebenfalls gut: die gestochen scharfe Darstellung auf den Bildschirmen. Und auch die automatische Anhängerverfolgung funktioniert bei Vorwärtsfahrt bestens. Sie lässt sich auf verschiedene Lastzugkombinationen einstellen, bis hin zum Schweden-Kombi mit zwei Sattelaufliegern hintereinander. 480 PS mit Turbo-Compound Rückwärts haben Fahrer und Fahrerin die Möglichkeit, zwischen drei verschiedenen Kameramodi zu wählen. Die wollen allerdings für rechts und links getrennt angesteuert werden, was sich bei stressigen Rangiermanövern als eher umständlich erweist. Kombinierbar ist der T Smart-Racer ausschließlich mit dem für den Fernverkehr effizientesten Triebwerk des Renault-Programms. 480 PS leistet der 12,8 Liter große DE13-TC-Reihensechszylinder. Wobei TC abgekürzt für Turbo-Compound steht, womit wir bei der nächsten Technik wären, die wir von der Volvo-Mutter kennen. Die zusätzliche Turbine ist dem Turbo nachgeschaltet und gerät mittels der dann immer noch heißen Abgase in Schwingung. Die so erzeugte Energie wird per Getriebe auf die Kurbelwelle übertragen und sorgt für 300 Newtonmeter zusätzliches Drehmoment. Die machen sich besonders an Steigungen bemerkbar, die der Renault betont gelassen überwindet. Denn der Berg muss schon von ausgewachsenem Kaliber sein, um das Optidriver-Getriebe überhaupt zu einer Rückschaltung zu überreden, nach der dann nie über 1200 Touren anliegen. Meist bleibt die zwölfte Fahrstufe aber einfach drin und es geht mit 900 Touren problemlos bergauf. Vor diesem Hintergrund erachten wir es als absolut verschmerzbar, dass Renault Trucks keine verschiedenen Fahrprogramme, wie etwa einen Power-Modus, anbietet. Elektrohydraulische Lenkung Neues hat der Franzose auch in Sachen Lenkung zu bieten: Dank elektronischer Unterstützung gehen Rangiervorgänge angenehm leicht von der Hand. Bei höherem Tempo schaltet die Steuerung dann automatisch auf den stabilen Modus um - auf die Möglichkeit, die Härte der Lenkung nach eigenem Geschmack einstellen zu können, wie das bei Volvo Trucks der Fall ist, verzichtet man in Lyon. Dafür fällt der automatische Lenkeingriff angenehm sanft aus, falls der T aus der Spur zu laufen droht und die Person am Lenkrad den Fehler nicht selbst korrigiert. In die Hände der Elektronik kann man sich nun auch auf Landstraßen begeben. Die neue Software namens "Optivision+", kennt neben der Topografie der Strecke auch Kurven, Kreisverkehre, Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Ortseingänge. Auf diese Weise passt der T sein Tempo automatisch an die Begebenheiten an, bremst vor Kreisverkehren automatisch und durchfährt diese selbstständig. Als Fahrer oder Fahrerin muss man dann nur noch lenken. Vor Antritt der Fahrt empfehlen wir aber, über den Bordcomputer die höchste der drei möglichen Tempostufen anzuwählen. Denn mit der bei uns eingestellten niedrigsten Stufe, rollt der Sattelzug betont langsam durch Kreisverkehre oder Kurven. Umständliche Tempomatregelung Eine Sache fiel uns zudem beim Tempomaten auf: Dass jede kleinste Geschwindigkeitsüberschreitung von der Elektronik mit nervigem Gepiepse gerügt wird, ist dem Willen des Gesetzgebers geschuldet und fährt daher in jedem neuen Lkw mit. Unnötig umständlich ist aber die Tatsache, dass der Renault-Tempomat bei jeder Reaktivierung stets das aktuell vorgeschriebene Tempo wählt. Beispielsweise wird nach Ortsdurchfahrten die Geschwindigkeit auf 60 km/h gesetzt, ungeachtet der Tatsache, dass man vor dem Ort noch Tempo 65 eingestellt hatte. Hier bleibt nichts anderes übrig, als die fünf km/h wieder händisch festzulegen. Abgesehen davon gibt es am Fahrkomfort nichts zu meckern. Die Zweiblatt-Parabeln an der Vorderachse federn kommod und die Wankbewegungen der niedriger montierten T-Sleeper-Cab-Kabine halten sich in angenehmen Grenzen. Auch Bedienung und Sitzposition bieten längst keinerlei Anlass mehr für Kritik, seit der Hersteller den Verstellbereich der Lenksäule deutlich erweiterte. Das eingangs erwähnte schlechte Image der Marke kann mit dem eigentlichen Fahrzeug eigentlich nichts zu tun haben. Zumal die Franzosen am Ball bleiben. Noch 2025 soll der DE13-Motor um die automatische Motorabschaltung im Rollmodus ergänzt werden, die bereits in den neuesten Volvos arbeitet. Und eine aerodynamischere Front dürfte in den nächsten drei Jahren ebenfalls kommen. Technische Daten Renault T 480 TC Smart Racer Motor Sechszylinder-Reihenmotor (DE-13), oben liegende Nockenwellen, einstufiger Turbolader, Common-Rail-Einspritzung (2000 bar), Turbo-Compound-Turbine,Euro 6e mit AGR, SCR-Kat, DPFHubraum: 12.800 cm3Leistung: 480 PS (360 kW) bei 1250–1600/minmaximales Drehmoment: 2700 Nm bei 900–1250/min Getriebe und Motorbremse automatisiertes Schaltgetriebe „Optidriver AT 2812“, unsynchronisiertes Dreigang-Grundgetriebe, Range- und Splitgruppe,12 Vorwärtsgänge, 3 Rückwärtsgänge.Motorbremse: „Optibrake+“; 430 kW bei 2300/min; Option: Voith-Retarder;450 kW/3250 Nm (im Test-Lkw verbaut)