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Experten diskutieren auf NUFAM zu klimaneutralem Transport auf der Straße

22.09.2023 17:58 Uhr | Lesezeit: 3 min
Im Rahmen der Diskussionsrunde zur Eröffnung der NUFAM 2023 diskutierten (von links nach rechts): Moderator Gerhard Grünig von der VerkehrsRundschau, Staatssekretärin des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg Elke Zimmer, Martin Wietschel (Fraunhofer ISI
Im Rahmen der Diskussionsrunde sprachen (von links nach rechts): Moderator Gerhard Grünig von der VerkehrsRundschau, die Staatssekretärin des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg Elke Zimmer, Martin Wietschel (Fraunhofer ISI), Rainer Schmitt (Walter Schmitt), Jörg Hömburg (Air Products), Mario Männlein (IVECO Magirus) und Stephan Melchert (ZF Group).
© Foto: Messe Karlsruhe / Jürgen Rösner

Das Podium wünschte sich mehr Anstrengungen von allen, stellte die Frage nach der Technologieoffenheit und forderte mehr Realitätssinn von der Politik bei Förderprogrammen und Ladeinfrastruktur.

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Im Rahmen einer Diskussionsrunde zum Thema „Klimaneutraler Transport auf der Straße – von Oberleitungen über Brennstoffzelle bis Ladeinfrastruktur“ auf der NUFAM haben sich Experten zu den Möglichkeiten und Herausforderungen ausgetauscht.

Es brauche mehr Anstrengungen, um im Bereich der alternativen Antriebe voranzukommen. Und die Politik müsse Voraussetzungen schaffen, darin waren sich die Teilnehmer an der Diskussion einig, wie der Veranstalter der Messe weiter mitteilt.

E-Lkw im Einsatz

Einen Einblick in die Praxis mit E-Lkw im regionalen Verkehr gab Rainer Schmitt, Geschäftsführer des Transportunternehmens Walter Schmitt. Er setzt seit vier Jahren als „first Mover“ für Transporte batterieelektrische Lkw ein, plant bald den siebten im Fuhrpark. Das Unternehmen fährt vor allem in der Region und zwischen Mannheim und Offenburg. Diese Distanz sei gut alternativ abzufahren.

Man könne den Großteil der Transporte in der Region elektrifizieren. Das Unternehmen setzt seit vier Jahren verstärkt auf E-Mobilität. Schmitt: „Ab 2025 nimmt das Thema richtig Fahrt auf. Dann können wir das Stadium der Leuchttürme verlassen. Da hilft auch die Verdopplung der Maut.“

Schmitt äußerte im Rahmen der Diskussion auch Kritik an der Politik: „Ich habe den Eindruck, die Politik scheut den Austausch mit der harten Realität.“ Man könnte generell wesentlich schneller bei der Elektrifizierung der eigenen Flotte sein, es fehle aber an der Ladeinfrastruktur. Die sei eine „Vollkatastrophe“. Das Ausfüllen der Förderanträge nannte Schmitt „Irsinn“.

E-Fuels als "gewagte Strategie"?

Aber welche Technologien sind zukunftsfähig? Damit beschäftigt sich auch die Forschung. „Als Fraunhofer schauen wir uns alle Technologien an. Wir haben verschiedene Projekte dazu laufen“, erläuterte Professor Martin Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme beim Fraunhofer ISI. Zu diesen Technologien gehören Oberleitungs-Lkw, die Brennstoffzelle und auch E-Fuels.

Zu einem Thema gab er eine deutliche Einschätzung ab: „Auf günstige E-Fuels im Lkw-Bereich zu hoffen, halte ich aber für eine gewagte Strategie“, so Wietschel. Mit E-Lkw seien schon heute Reichweiten von rund 400 Kilometern möglich.

Eine Antwort zur Wasserstoffproblematik und passender Lösung zur Infrastruktur kam von Jörg Hömburg vom Wasserstoffhersteller Air Products. Technisch sei dies einfach lösbar, bei flüssigem Einsatz seien Druckstufen einfach machbar, erklärte er. Als Knackpunkt sehe er allerdings längere Ladezeit respektive häufigere Tankung bei 350 (statt 700) bar. Als Voraussetzung zur Umsetzung führte er Systemeinigkeit der Fahrzeughersteller, aber auch Kundennachfrage und Wettbewerbsfähigkeit ins Feld, konnte aber auch mit einer konkreten Zahl aufwarten, die sicher alle verblüffte: Erklärtes Ziel der Hersteller seien 80.000 Wasserstoff-Lkws im Jahr 2030.

Auch bei Technologieoffenheit müssen irgendwann Investitionsentscheidungen fallen

Auch zum Thema der Technologieoffenheit wurde sich rege ausgetauscht. „Unser Credo ist, in Technologien zu denken, nicht in Ideologien. Zum Glück ist Physik für alle gleich“, konstatierte Mario Männlein. Er ist bei Iveco für alternative Antriebe verantwortlich. Das Unternehmen ist als einziger Hersteller in allen Bereichen tätig. Die Politik müsse für alle die gleichen Voraussetzungen schaffen, forderte Männlein. Ihm ist bei der künftigen Bemautung die Betriebsblindheit der Regierung von bio-basierten Kraftstoffen mehr als nur ein Dorn im Auge

„Wir sind der größte Wasserstofflieferant weltweit. Wir sehen die technischen Möglichkeiten, brauchen aber die politische Unterstützung“, ergänzte auch Jörg Hömburg von Air Products.

„Technologieoffenheit ist gut“, stellte Wietschel heraus. Irgendwann müsse man aber in Investitionsentscheidungen gehen. „Ich bin ein stückweit auch ein bisschen frustriert. Was müssen wir machen, welche Akzeptanz gibt es? Das bereitet mir manchmal auch schlaflose Nächte.“

Die Uneinigkeit der Hersteller im Bereich Wasserstoff sei problematisch, es müsse Auswahlprozesse geben. „Denn wir sind zu langsam um bis 2045 klimaneutral unterwegs zu sein.“  Zum Spannungsfeld gehöre auch die Bereitschaft, mitzugehen – wie es damit hier bestellt sei, zeige das neue Heizungsgesetz.

Elke Zimmer vertrat das Landesverkehrsministerium, das gemeinsam mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr die Schirmherrschaft der NUFAM innehat. In ihrem Statement sagte sie: „Wir werden die Aufgaben, die vor uns stehen, nur gemeinsam lösen können.“ Man müsse sich klar machen, was man will und was es dazu braucht, um vorwärtszukommen.

Nicht Moderator Gerhard Grünig, sondern die aller letzte Publikumsfrage sorgte sicher für verbalen Spreng- und Gesprächsstoff beim Sektempfang nach der Talkrunde: Die Bundesregierung habe die 500.000 Euro Fördergelder bereits verplant und mit Förderanträgen abgegolten, mehr sei für 2024 nicht drin. Wie sehen Unternehmer, wie Hersteller diesen Fauxpas? Um eine ehrliche Antwort war Rainer Schmitt nicht verlegen: „Vollkatastrophe, no go. Damit ist 2024 ein verlorenes Jahr“.

Die Nutzfahrzeugmesse NUFAM startete am Donnerstag den 21. September. Sie geht bis Sonntag, den 24. September.

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