Deutschland lässt sich abhängen

Die Niederlande bleiben das verkehrsfreundlichste Land in Europa. Das geht aus dem jüngsten "EU Transport Scoreboard" der EU-Kommission hervor, das in der vergangenen Woche in Brüssel veröffentlicht wurde. Die Zahlen zeigten die Dynamik der europäischen Verkehrswirtschaft, sagte die zuständige EU-Kommissarin Violeta Bulc. Das EU-Verkehrsranking vergleicht, wie die einzelnen Mitgliedstaaten in allen Bereichen des Transports dastehen. Dafür prüft die Kommission 29 Kategorien - etwa die Qualität der Infrastruktur der verschiedenen Verkehrsträger, durchschnittliche Transportzeiten oder auch die Zahl der Verkehrstoten. Fortschritte stellt die Kommission vor allem beim Ausbau der Infrastruktur und der Öffnung des Schienengüterverkehrs für den Wettbewerb fest. Den letzten Verkehrsanzeiger hatte die Kommission im April letzten Jahres vorgelegt. Eisenbahn kostet Deutschland Punkte Deutschland ist im Gesamt-Ranking der Kommission vom zweiten auf den sechsten Platz gerutscht (siehe Tabelle). Schlecht schneidet die Bundesrepublik vor allem bei der Umsetzung der Eisenbahngesetzgebung ab. Mit vier Vertragsverletzungsverfahren belegen die Deutschen in dieser Kategorie zusammen mit Polen den letzten Platz. Auch mit der Umsetzung der europäischen Vorschriften für den Straßen-, den Luftverkehr und die Häfen haben es die Deutschen nicht eilig. In den meisten Bereichen liegt die Bundesrepublik im Mittelfeld. Den meisten Wettbewerb im Schienengüterverkehr gibt es in Rumänien, wo unabhängige Bahnen inzwischen mehr als die Hälfte der Güter (57,6 Prozent) transportieren, gefolgt von Schweden (56 Prozent), Großbritannien (54,5 Prozent) und Bulgarien (44,7 Prozent). Das sind signifikant höhere Marktanteile als im Vorjahr. In Deutschland stieg der Anteil der Güter, die nicht von der Deutschen Bahn befördert werden, von 28,6 auf 32,6 Prozent. In Finnland, Irland, Litauen, Ungarn und Slowenien bleibt der Gütertransport vollständig in der Hand des Staatsmonopolisten. Die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren wegen Verletzung der europäischen Eisenbahnvorschriften hat sich gegenüber dem Vorjahr von 26 auf 52 verdoppelt. Ähnlich schlecht ist die Umsetzung der europäischen Vorschriften auf den Straßen. Die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren stieg hier von 29 auf 51. Von den wichtigsten, transeuropäischen Straßenverbindungen sind inzwischen 59 Prozent befahrbar. Spanien, Portugal, Slowenien, Großbritannien und Belgien stehen mit 100 Prozent ihrer TEN-Straßen an der Spitze. Estland (34 Prozent), Polen (34Prozent) und Litauen (7 Prozent) haben den größten Nachholbedarf. Im Westen geht es schneller Insgesamt besteht ein deutliches Nord-Süd- und West-Ost-Gefälle. Lediglich bei der Marktöffnung sind die Osteuropäer meist weiter. Im Westen und Norden der Union gibt es die leistungsfähigeren Verkehrswege und eine bessere Dienstleistungsqualität. Um eine Import- oder Exportware abzufertigen, braucht man in Estland und Dänemark keine sechs, in Holland und England sieben und in Deutschland acht Tage - in Italien und Ungarn sind es über 18 Tage. Das Gefälle macht sich auch bei der Verkehrssicherheit bemerkbar. Im Baltikum, in Polen, Rumänien und Bulgarien sterben mehr als 80 Menschen pro Jahr und eine Million Einwohner im Straßenverkehr, in Schweden oder den Niederlanden weniger als 30. Besser schneiden die Osteuropäer ab, wenn es um Engpässe im Verkehrsnetz geht. Slowaken oder Esten verlieren nur 24 Stunden pro Jahr im Stau, etwas mehr als die Skandinavier mit 21 bis 22 Stunden, aber deutlich weniger als Belgier (36), Italiener (39) oder Briten (39).

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