Besser lagern ab 50.000 Euro

Wie viele Männer müssen in einem Lager arbeiten, damit es sich lohnt, ein Warehouse Management System einzuführen - 5, 50 oder 500? Richtig sind fünf, weiß Kira Schmeltzpfenning vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML). Sie kennt Lager mit gerade einmal fünf operativ tätigen Mitarbeitern, für die Warehouse Management Systeme (WMS) eingeführt wurden.Oft gehe mit solchen Systemen die Umstellung von papierbasierten auf digitalen Informationsfluss einher. "Vor allem im Kommissionierprozess besteht die Möglichkeit, durch belegloses Arbeiten mit mobilen Datenerfassungsgeräten viel Geld einzusparen", weiß die Expertin (siehe Interview Seite 36).Doch bevor der Rubel rollt, muss Geld in die Hand genommen werden. Für eine WMS-Einführung als Installation vor Ort, sollten Unternehmer mit einem Mindestbudget von 50.000 bis 100.000 Euro rechnen. Inkludiert sind die Lizenzkosten und die Kosten für das Projekt zur Einführung (siehe Checkliste rechts), exkludiert die Hardware. "Dieser Betrag ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig", erklärt Schmeltzpfenning. Beispielsweise von der Anzahl der Lagerstandorte, der Anzahl an Wareneingangs- und -ausgangspositionen oder der Anzahl operativ und administrativ tätiger Mitarbeiter.Damit die Fahrer der am Lager andockenden Transportunternehmer sich nicht die Beine in den Bauch stehen, weil sie auf die zum Verladen benötigte Ware warten, ist die Auftragssteuerung durch das Lager derzeit ein wichtiges Entwicklungsthema bei den WMS-Anbietern.Abfahrtszeit bestimmt Materialfluss"Das genaue Einhalten der Abfahrts- und Transportzeiten bei immer kürzeren Bestellzeiten erfordert eine optimale Steuerung der Packstücke durch das Distributionszentrum bis hin zum Kunden", erklärt Michael Muhsal, beim Logistikberater IWL für die Projektabwicklung verantwortlich. Schuld ist mal wieder der E-Commerce und die mit ihm gestiegene Bedeutung von Lieferzeiten und der Abwicklung auf der letzten Meile.Ein weiteres Entwicklungsthema sind mobile Lösungen für Tablet und Smartphone. Hier sieht IWL-Mann Muhsal vor allem Potenzial für die Mitarbeiter mit Leitungsfunktionen im Lager. "Diese haben so jederzeit ihre Anlage und die einzelnen Aufträge im Blick."Dass die Angestellten dazu ihre eigenen Geräte mitbringen (IT-Sprech: Bring Your Own Device, BYOD), hält Fraunhofer-Expertin Schmeltzpfenning aber "eher für Zukunftsmusik".Datenbrillen fehlt noch der DurchblickGleiches gilt auch für Wearables wie Datenbrillen. "Die kommen beim derzeitigen Stand der Technologie in der Praxis über erweiterte Pilotanwendungen noch nicht hinaus", berichtet Muhsal. Hier werde vor allem in der Kommissionierung daran gearbeitet, die Orientierung beim Finden des richtigen Lagerplatzes oder Packstücks zu verbessern.Ein anderes Trend-Thema, WMS aus der Cloud, sieht der IWL-Mann kritisch. "Die Praxis ist noch nicht unbedingt reif für solche Systeme." Es gebe Vorbehalte bezüglich der Datensicherheit, der Zugriffssicherheit über das Web und bezüglich der Reaktionsgeschwindigkeiten. Letztere Punkte sind vor allem bei automatisierten Lagern mit einem hohen Anteil an Fördertechnik wichtig. Tröpfeln die Daten nur aus der Leitung, kann auch die Automatisierungstechnik nicht mit voller Leistung fahren.Allerdings sieht Muhsal die Cloud nicht völlig im Abseits: "Wird bei einem einfachen Lager nur eine Lagerverwaltung benötigt, dann sind Cloud-Lösungen bereits heute im Einsatz."Neben den Funktionen einer Lagerverwaltung, zu der eine Mengen- und Lagerplatzverwaltung sowie Fördermittelsteuerung und -disposition gehören, umfasst der Leistungsumfang eines WMS auch Methoden und Mittel, die Systemzustände zu kontrollieren sowie eine Auswahl an Betriebs-und Optimierungsstrategien.Vor allem in den Bereichen Staplerleitsysteme, Planung des Arbeitskräfteeinsatzes, Konsignation, mehrfachtiefe Lagerung und Seriennummernverwaltung haben die Systeme laut einer Marktuntersuchung des Fraunhofer IML in den vergangenen zwei Jahren funktionell zugelegt. In den kommenden Monaten beschäftigen sich die Entwicklungsabteilungen der untersuchten WMS-Anbieters unter anderem mit folgenden Themen:- Dock- und Yardmanagement: die grafische Zuordnung von Lkw zu Rampen und die grafische Darstellung der Belegungssituation an den Toren.- Packstückoptimierung: verbessert die Auslastung des Frachtraums für den Transport.- Dezentraler Leitstand: Der Leitstand wird mittels browserbasierter Lösungen und/oder Apps für mobile Endgeräte von überall abrufbar und für den individuellen Informationsbedarf des Einzelnen konfigurierbar.Bis die fünf Mann und ihre Kollegen mit dem neuen WMS arbeiten, ist neben Geld auch etwas Geduld gefragt. Je nach Größe des Lagers und Komplexität der Prozesse liegt die Einführungsdauer bei Neukunden für manuelle Lager laut einer Marktuntersuchung des Fraunhofer IML bei bis zu 12 Monaten, für automatisierte Lager bei bis zu 21 Monaten. Das Gros der Projekte ist allerdings nach neun respektive zwölf Monaten beendet.Mehr zum Thema finden Sie im Dossier WMS www.verkehrsrundschau.de/dossiersSo klappt es mit dem neuen WMSCheckliste zur Einführung eines Warehouse Management SystemsProzessverständnisIn der Regel liegt das letzte WMS-Projekt mindestens zehn Jahre zurück. Neben den intralogistischen Prozessen haben sich in dieser Zeit Vertriebs- und Beschaffungsabläufe verändert. Ein WMS-Projekt muss daher bei der Erstellung des Lastenheftes - es legt fest, was die Software können soll - die gesamte Logistikkette im Blick haben. Im späteren Pflichtenheft wird nach der Auftragsvergabe mit dem Anbieter definiert, wie das WMS die Funktionen erfüllen soll. Wer das mit der Standardversion abdeckt, spart das Geld für Anpassungen. Wichtig vorher: Abläufe und Mengengerüste hinterfragen.KommunikationAufgaben und Verantwortlichkeiten klar zuordnen und den Projektverlauf konsequent dokumentieren. So werden notwendige Änderungen und Fehler frühzeitig erkannt. Rechtzeitig alle Mitarbeiter, vom Lagerarbeiter bis Lagerleiter, einbinden. Das vermindert Vorbehalte und nutzt vorhandenes Wissen.Verfügbarkeit der MitarbeiterAufgaben den Personen zuordnen und diesen im Tagesgeschäft die nötigen Freiräume für zusätzliche Arbeiten einräumen. Zudem sollten die Entscheider eng ans Projektteam gebunden werden, das vermeidet Verzögerungen. Bei langen Projekten fallen Krankheits- und Urlaubszeiten an (Stellvertreter).Anbindung an vor- und nachgelagerte IT-SystemeBeispielsweise die Speditionssoftware oder der Materialflussrechner müssen an das WMS angeschlossen werden. Dazu bereits rechtzeitig die entsprechenden Abteilungen ins Boot holen und spätestens im Pflichtenheft die Schnittstellen definieren.Migration der alten DatenPrüfen Sie, welche Stamm- und Bewegungsdaten vorhanden sind, welche noch werden gebraucht und wie diese ins neue System zu überführen sind. Vor dem Start des Systems sollten die aktuellen Bestände mittels einer Inventur überprüft werden.Schulungsmaßnahmen und QualitätssicherungBeides sollte parallel zur eigentlichen Einführung laufen. Beginnt die Schulung zu früh, ist das Wissen zum Softwarestart vergessen, startet sie indes zu spät, bauen die Mitarbeiter in der Zwischenzeit Hemmnisse auf. Schlüsselpersonen schult der WMS-Anbieter. Diese geben ihr Wissen dann an die Kollegen weiter.TestEinzelne Funktionen sollten während des Projektes bereits getestet werden. Wichtig ist vor dem Start ein finaler Test des Gesamtsystems unter Volllast. Denn selbst bei einem erfolgreichen Einzeltest können bei Zusammenspiel unter hoher Last Probleme auftreten.EskalationsmanagementBei Kleinigkeiten ist Gelassenheit oft ein guter Rat. Anders ist das bei Meinungsverschiedenheiten über im Pflichtenheft festgelegte zahlungspflichtige Meilensteine. Hier sind vorab klare Definitionen und eine regelmäßige Kommunikation hilfreich. Lässt sich keine Einigung herbeiführen, könnte als nächste Eskalationsstufe ein Lenkungsausschuss nützlich sein. Solche Schritte müssen vor Projektbeginn vereinbart werden.AnlaufunterstützungNeue Technik verursacht im Betrieb anfangs oft Fehler und wirft Probleme bei den Mitarbeitern auf. Sichern sie sich kompetente Ansprechpartner und planen sie zu Beginn längere Durchlaufzeiten ein.SupportHard- und Software müssen gewartet werden. Diese Supportzeiten mit dem Anbieter auf die betrieblichen Abläufe abstimmen. Ebenfalls wichtig: festgelegte Reaktionszeiten des Anbieters bei akuten Problemen. sv gelegte Reaktionszeiten des Anbieters bei akuten Problemen. sv

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