Bericht aus Brüssel

Bericht aus Brüssel Logistiker zweifeln an Weitsicht der EU Der europäische Logistikverband Alliance for European Logistics hat auf einer Brüsseler Konferenz viel Kritik an der Arbeit der EU-Kommission geübt. Die Hauptforderung: Der einheitliche europäische Verkehrsraum müsse möglichst schnell verwirklicht werden. Zu wenig Weitsicht und Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen, zu viele Beschränkungen und einseitige Belastungen: Die Liste der Kritik, die aus dem Mund von Logistikvertretern auf dem 4. Europäischen Logistik- Gipfel des Verbands „Alliance for European Logistics“ vergangene Woche in Brüssel gegenüber der EU geäußert wurde, ist lang. Post-Chef fordert Verbesserungen Als Referenz für die Debatte dienten die Langzeitpläne der EU-Kommission, die diese in ihrem Weißbuch zur europäischen Verkehrspolitik im Frühjahr vorgestellt hatte. Die Stoßrichtung, so Frank Appel, Vorstandsvorsitzender von Deutsche Post DHL, des Weißbuchs sei zwar richtig. CO2-Reduzierung, die bessere Abstimmung der einzelnen Verkehrsträger aufeinander und vor allem die Idee des einheitlichen europäischen Verkehrsraums seien Ziele, die auch Logistiker nur unterstützen könnten. Doch in den Details sieht Appel viel Spielraum für Verbesserungen. „Was wir vor allem fürchten, sind neue Gesetze“, sagte er. Diese sieht er in vielen Ideen des Weißbuchs bereits angedeutet. Dabei wäre es viel besser, die bereits bestehenden Gesetze wirklich durchzusetzen. Vor allem die Maßnahmen, die zur Schaffung des einheitlichen europäischen Verkehrsraumes beitragen würden, müssten endlich greifen. Als Beispiel nannte Appel den Schienenraum. „Ich würde mit vielen Transporten direkt auf die Bahn umsteigen, weil es kostengünstiger und umweltfreundlicher ist“, sagte der Deutsche-Post-Chef. Aber auf der Schiene gebe es eben noch keinen europäischen Markt, sodass ein schneller und reibungsloser Transport behindert werde. Das führe genauso zu grundsätzlich vorhandenen, aber ungenutzten Kapazitäten, wie die immer noch bestehenden Beschränkungen bei der Kabotage und die Weigerung der Politik, Lang-LKW europaweit zu erlauben. „Lang-LKW sind eine einfache Möglichkeit, das Kapazitäten-Problem kurzfristig zu lösen“, sagte auch Soren Hyldstrup Larsen, Leiter der Dänischen Transport und Logistic Vereinigung. Er beklagte außerdem, dass die EU-Kommission die Höhe von Trailern für LKW europaweit vereinheitlichen wolle. „In Skandinavien, Großbritannien und Frankreich haben wir höhere Trailer, jetzt will die Kommission diese Kapazitäten einfach streichen“, so der Däne. Es sei bedauerlich, dass die Zuständigkeit für Verkehrsfragen nicht in einer einzigen Generaldirektion der EU-Kommission gebündelt, sondern auf mehrere verteilt sei. Das behindere eine aufeinander abgestimmte, für die Logistikbranche sinnvolle EU-Verkehrspolitik. Geld soll zurückfließen Die Unternehmer kritisierten außerdem die Belastungen durch die neue Euro-vignette. Die Branche sei zwar bereit, Geld für zum Beispiel Umweltschäden zu bezahlen. Aber dann sollten andere Verkehrsteilnehmer auch dafür zahlen und die Gebühren wieder dem Verkehrssektor zugutekommen. Keir Fitch, stellvertretender Kabinettsleiter des EU-Verkehrskommissars Siim Kallas, verteidigte die Positionen der EU-Behörde. Sie müsse unterschiedliche Interessen miteinander in Einklang bringen. Und das sei bei Themen wie Kabotage, Trailer-Maßen oder Lang-LKW eben keine einfache Aufgabe, die nur im Sinne der Logistik-Branche gelöst werden könne. ❙❚■ Kay Wagner, VR-Korrespondent in Brüssel Frank Appel übt Kritik am Verkehrs-Weißbuch Alliance for European Logistics Die Vereinigung Alliance for European Logistics (AEL) wurde Ende 2008 gegründet. Ihr gehören folgende Unternehmen an: Air France KLM Cargo, BASF, Carrefour, CEVA Logistics, Deutsche Post DHL, Ebay, Hapag-Lloyd, Hutchinson Whampoa, Iveco, Kuehne + Nagel, Michelin, Motorola und SAP. Laut AEL-Angaben war der Logistik-Sektor 2008 der bedeutendste Industrie-Sektor in Europa mit einem Umsatz von 950 Milliarden Euro. kw