Der Bundesverband Logistik & Verkehr (BLV-pro e.V.) hat eine Stellungnahme zur Lage der Transportbranche nach den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz veröffentlicht. Die Organisation, die sich seit 2020 zunächst als Initiative und seit 2021 als Verband ehrenamtlich für kleine und mittelständische Transportunternehmen sowie deren Fahrer engagiert, sieht dringenden Handlungsbedarf.
Ziel des Verbands ist es, fairere Marktbedingungen zu schaffen. In der Vergangenheit organisierte der BLV-pro e.V. mehrere Demonstrationen, zuletzt am 19. Januar 2024 in Berlin. Nun wurden die Ergebnisse einer Befragung zur Lage und Zufriedenheit in der Branche ausgewertet und in einer Stellungnahme an politische Entscheidungsträger übermittelt.
Insolvenzen im Güterverkehr
Die Schreiben gingen direkt an Bundeskanzler Friedrich Merz, Bundesverkehrsminister Oliver Schnieder, Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. Die Rückmeldungen von Unternehmern und Fahrern zeigen eine klare Tendenz: Die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe hat sich verschlechtert, die Wettbewerbsbedingungen sind zunehmend unfair.
Der Verband warnt vor einer Zunahme von Insolvenzen in der Transportbranche. Ursachen sind unter anderem Lohndumping, fehlende Kabotage-Kontrollen, mangelnde Wertschätzung für Fahrer und eine überbordende Bürokratie. Diese Faktoren gefährden laut BLV-pro e.V. die Marktstabilität und die Versorgungssicherheit in Deutschland.
Schlechte Arbeitsbedingungen und Hygieneprobleme
Mirko Reichelt, Fahrer und BKF-Beauftragter im Verband, beschreibt die Situation aus Sicht der Beschäftigten: „Die Arbeitsbedingungen für Fahrer verschlechtern sich zusehends – hohe Kosten für unsaubere Sanitäranlagen, mangelnde Hygiene, weil Unternehmen die Nutzung untersagen, fehlende Wertschätzung und fehlende Parkplätze sind nur einige der Herausforderungen. Aber auch der Grund, dass viele Fahrer die Logistik verlassen.“
Kostenbelastung durch Dieselpreise, CO₂-Abgaben und Mautsteigerungen
Bärbel Karnik, Schriftführerin des BLV-pro e.V., ergänzt: „Nahezu täglich erhalten wir Nachricht vom Aufgeben oder Insolvenzen kleiner und mittelständischer Transportunternehmen. Die hiesigen Dieselpreise, CO₂-Abgaben und Mautsteigerungen sind die Hauptgründe dafür und belasten die Unternehmen, die durchhalten, zusätzlich. Das Sterben des deutschen Güterkraftverkehrs muss beendet werden.“
BLV-pro e.V. warnt vor Strukturwandel
Konstantin Popov, Vorsitzender des BLV-pro e.V., betont: „Unsere Branche ist eine tragende Säule der Versorgungssicherheit in Deutschland – und diese Säule wankt. Wenn jetzt nicht entschlossen gehandelt wird, droht ein dauerhafter Strukturwandel zu Lasten deutscher Unternehmen und Arbeitsplätze.“
Als Ursache für eine schleichende Marktverdrängung nennt der Verband die Kombination aus großen, skalierenden osteuropäischen Flotten, intransparenten Subunternehmerketten und nationalen Durchsetzungslücken. Ohne sofortige, verknüpfte Maßnahmen droht ein dauerhafter Strukturwandel.
Fahrplan für Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung
Der Verband schlägt einen kurzfristigen Umsetzungsfahrplan für die ersten zwölf Monate vor:
- Gesetzesentwurf zur Transparenzpflicht und Auftraggeberhaftung (0–6 Monate)
- Personelle Verstärkung des BALM und Start eines Pilotprojekts „Digitaler Kabotage-Check“ in drei Bundesländern (3–9 Monate)
- Vorbereitung der eCMR/eFTI-Pflicht und Test technischer Schnittstellen (6–12 Monate)
- Veröffentlichung eines Monitoring-Reports mit ersten Daten nach zwölf Monaten
- Mautdaten-Überwachung und Freigabe der Daten zur Ahndung
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind laut Verband pragmatisch, technisch umsetzbar und politisch machbar – vorausgesetzt, Verbände, Politik und Behörden arbeiten jetzt zusammen. Ziel ist es, Arbeitsplätze, faire Marktbedingungen und die Versorgungssicherheit in Deutschland zu sichern.