Iveco X-Way 480 Hi-Traction: Zu fein für die Grube?

Mit metallicgrüner Lackierung und blitzenden Alufelgen fährt dieser Iveco X-Way 480 vor, da reckt nicht nur unser Laderfahrer anerkennend den Daumen. Doch mit purer Schönheit ist am Bau bekanntlich kein Blumentopf zu gewinnen, weshalb sich der Kippsattelzug das anspruchsvolle Testprozedere der VerkehrsRundschau gefallen lassen muss. Das Fahrerhaus "entleiht" sich der X-Way vom Fernverkehrs-Bruder S-Way, hier allerdings mit reinigungsfreundlicheren Materialien und ohne Hochdach, wie man es eben am Bau erwartet. Die Einstiegshöhe von 1,55 Meter geht im Vergleich zum Wettbewerb in Ordnung, wenn man häufiger ein- und aussteigen muss. Einfache Bedienbarkeit Trotzdem fällt innen nur ein sieben Zentimeter flacher Motortunnel an, so kann man selbst ohne Hochdach fast aufrecht stehen. Cockpit und Innenraum geben keine Rätsel auf, auch Iveco-Novizen finden sich schnell zurecht. Nur fürs Lenkrad würden wir uns mehr Verstellbereiche in Höhe und Neigung wünschen. Die Lenkung selbst dagegen ist spitze, sie fordert beim Rangieren wenig Kraftaufwand und lässt sich auf engen Kursen sehr präzise dirigieren. Eine elektrische Lenkhilfe vermissen wir hier nicht. Eher die elektronische Feststellbremse, die gibt es im analogen Iveco noch nicht. Auf der Waage erweist sich die 8360 Kilogramm schwere Sattelzugmaschine als kein Leichtgewicht, aber dieser X-Way ist schließlich kein gewöhnlicher Schüttgut-Straßenroller, zwei Poclain-Hydromotoren an der Vorderachse sorgen für Zusatztraktion. Macht gut und gern 400 Kilo Mehrgewicht, das voll ausgestattete Sleeper-Fahrerhaus legt auch noch einige Zusatzkilo drauf. Wie auch der große Tank (550 Liter), der für den Baueinsatz üppig dimensioniert ist, da würden 400 Liter reichen. Und der Rundmulden-Auflieger von Kögel? Bei vier Millimeter Stahlboden und Alu-Seitenwänden hätten wir trotz des elektrischen Cramaro-Verdecks etwas mehr Nutzlast erwartet. Unter dem Strich bleiben gut 25 Tonnen Schüttgut, die in der 24-Kubik-Halfpipe locker Platz finden. Rein in die Grube Jetzt aber rein in die Grube, unsere schnelle Leerfahrt über eine Schlaglochpiste hat es in sich. Hier prüfen wir den Sattelzug auf Poltern und Dröhnen, für den Kögel-Auflieger ist es eine Paradedisziplin: Weder Stützbeine noch die Heckklappe rappeln, der Rundmulden-Auflieger aus Burtenbach ist fest wie eine Burg. Und sofort geht es in den Stich bergauf, das Anfahren auf einer Rampe mit lockerem Untergrund - wenn man so will, die Königsdisziplin im Gelände. Hier empfiehlt der Testbegleiter den Offroad-Modus, damit gesteht das Traxon-Getriebe dem Motor höhere Drehzahlen zu, die bei erhöhten Fahrwiderständen nicht schaden. Bergauf um die enge Kurve wäre jetzt die Differenzialsperre fehl am Platz, sofort fangen die Hinterräder an zu mahlen. Aber mit der zugeschalteten Vorderachse geht es sofort weiter. "Einfach am Gas bleiben", beruhigt der Iveco-Techniker, "bei mittleren Drehzahlen klappt es am besten." Jetzt zerren rund 7000 Newtonmeter an jedem Vorderrad, mit dieser Erfahrung schalten wir die Hydraulik im Grubenbetrieb vorsorglich zu. Bei 22 km/h klinkt sich der Hi-Traction-Antrieb aus und ab 17 km/h wieder zu, das System arbeitet nur in den ersten vier Gängen. Für das sichere Anfahren reicht es immer, aber zum Offroader mutiert der X-Way mit Hi-Traction-Antrieb nicht. Der Iveco wartet zwar mit mehr Böschungswinkel und Bodenfreiheit sowie mit Stahlecken im Stoßfänger auf, aber beispielsweise ein Prallblech für den Kühler fehlt. Nur der für Straßenfahrzeuge vorgeschriebene Frontunterfahrschutz als tiefster Punkt lässt Bodenkontakte frühzeitig spüren. Und dann ist es höchste Zeit, die eigenen Gelände-Ambitionen zurückzufahren. Power liefert der Cursor 11 Auf den üblichen Schüttgut-Lieferwegen ist der X-Way in seinem Revier. Auch weil er zwar sportlich straff gedämpft, aber gut gefedert ist, die Zweiblatt-Parabelfedern an der Vorderachse und Vierbalg-Kabinenfedern nehmen Querschlägern die Tücke. Zum fahraktiven Charakter trägt auch der Cursor 11 mit 480 PS bei. Mit 2300 Newtonmetern knapp über Leerlauf legt er sich beim Anfahren und in der Steigung bissig ins Zeug. Die Power wird auch nicht unnötig domestiziert, die 2,85er-Hypoidachse erweist sich als goldrichtig für den X-Way. Bei Tempo 85 kurbelt der Reihen-Sechszylinder bei etwa 1200/min, so bleiben an Steigungen noch 200 Touren als Reserve. Auf ebener Landstraße brummelt der Cursor 11 wie ein größerer 13-Liter-Diesel mit 950 Umdrehungen im zwölften Gang, ohne Pendelschaltungen und Vibrationen. Der Eco-Schaltmodus des automatisierten Getriebes ist Standard, eine Power-Strategie erachten die Iveco-Techniker als unnötig. Uns beeindruckt die Dauerbremse, die den 40-Tonner jederzeit im Gefälle bremst. Mit der Dekompressionsbremse Turbobrake und Intarder - und wenn es ganz langsam bergab gehen soll - könnte man sich mit der angetriebenen Vorderachse im Creep-Modus abseilen. Unter dem Strich punktet der X-Way mit ausgezeichneten Grundtugenden, wie sehr guten Fahreigenschaften und kräftiger Leistung. Er ist auf Lang- und Kurzstrecken zu Haus, mit AEBS-Notbremsassistent, ACC- und GPS-Tempomat, auch wenn der im Baugewerbe kaum gebraucht wird. Ein kamerabasiertes Spiegelersatzsystem oder eine elektrische Feststellbremse wird es erst mit der nächsten Elektronik-Architektur geben. Der große digitale Fortschritt muss eben noch warten - aber im Iveco-X-Way-Kipper haben wir ihn nicht vermisst. Technische Daten Motor Sechszylinder-Reihenmotor (Cursor 11), vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung, EVTG-Turbolader mit Ladeluftkühlung, Euro 6d mit Smart-AGR, SCR-Kat und Partikelfilter, Hubraum: 11.118 cm³, Leistung: 353 kW (480 PS) bei 1465–1900/min, max. Drehmoment: 2300 Nm bei 970–1465/min Getriebe Automatisiertes 12-Gang-Getriebe „Hi-Tronix“ 12 TX 2210 TD (ZF Traxon) Fahrwerk, Bremsen VA: gekröpfte 8-t-Faustachse mit 2-Blatt-Parabelfedern, Stoßdämpfer, Scheibenbremsen, HA: 13-t-Hypoidachse „MS 17 X“ mit Differenzialsperre, Übersetzung: i = 2,85; 4-Balg-Luftfederung, Scheibenbremsen Maße & Gewichte L x B x H: 9252 x 2550 x 3400 mm Radstand: 3800 mm Zul. Gesamtgewicht: 18.000 kg Leergewicht (Werksangabe): 8360 kg Nutzlast (Zugmaschine): 9640 kg Mehr zum Thema finden Sie unter #IvecoTrucks www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Mit S-Way, X-Way und T-Way bietet Iveco drei Schwer-Lkw-Modelle an. Der S-Way ist der richtige Kandidat für den reinen Fernverkehr, der X-Way für gemäßigte Bau- und Mischeinsätze. Geht es geländemäßig richtig zur Sache oder mit Gewichten oberhalb der 40 Tonnen (wie in einigen europäischen Ländern erlaubt), halten die Italiener ihre robuste Bau-Variante T-Way vor.

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