Green Truck 2022: Sauber gemacht!

Umweltschonende Lkw bekommt man nur mit einem Elektroantrieb? Dieser These möchten wir widersprechen, denn auch mit einem herkömmlichen Dieselantrieb lassen sich Nutzfahrzeuge auf CO2-Freundlichkeit trimmen. Genau diesem Thema widmet sich die VerkehrsRundschau beim Green-Truck-Award, den die Redaktion seit dem Jahr 2011 jährlich ausschreibt. Ein möglichst niedriger Dieselverbrauch und damit CO2-Emissionen auf der Teststrecke, bei einer gleichzeitigen hohen Durchschnittsgeschwindigkeit, gepaart mit einem geringen Leergewicht des Testfahrzeugs lauten die Vorgaben, um beim Green Truck ganz vorne zu landen. Einheitliches Testprozedere Sämtliche Messwerte erfährt und ermittelt die Redaktion dabei auf der bekannten Profi-Test-Strecke, die über insgesamt 343 Kilometer über bayerische Autobahnen und Bundesstraßen führt. Ebenfalls standardisiert ist die Transportaufgabe: Alle Green-Truck-Anwärter müssen unseren voll ausgeladenen Fliegl-Curtainsider auf die Sattelplatte nehmen. Um witterungsbedingte Unterschiede zwischen den einzelnen Testfahrten abgleichen zu können, wird zudem jede Testfahrt von unserem Referenzsattelzug begleitet, einem Mercedes-Benz Actros 1845, kombiniert mit einem beladenen Auflieger von Schmitz Cargobull. Die Ausschreibung für den Green Truck 2022 fordert eine 4x2-Sattelzugmaschine für den Fernverkehr mit einer Motorleistung zwischen 500 und 530 PS, gepaart mit dem jeweils größten Fahrerhaus des Portfolios. Selbstverständlich ist neben einer Komplett-Verspoilerung der Zugmaschine auch die Nutzung aller vom Hersteller lieferbaren Spritsparhelfer selbstverständlich - Stichwort: GPS-Tempomat. Den strengen Regeln beim Green Truck mag sich aber scheinbar längst nicht jeder Lkw-Produzent stellen. Nur so können wir uns erklären, dass lediglich drei der mittlerweile acht europäischen Hersteller ein entsprechendes Testfahrzeug entsandten. Den Schlüssel zum Erfolg sehen MAN, Scania und Volvo Trucks nur auf den ersten Blick in ähnlichen Konzepten. Verschiedene Strategien der Hersteller Zwar verfügen alle drei Sattelzugmaschinen über Reihensechszylinder mit einem Hubraum von knapp unter 13 Litern. Sehr unterschiedlich fällt dagegen die Fahrstrategie für einen möglichst geringen Verbrauch aus. MAN wählte beim TGX 18.510 für die Testfahrt seinen neuen Efficiency-Plus-Modus. In diesem wird das nominelle Drehmoment von 2600 Nm auf 2100 Nm beschränkt. Nur in bestimmten Fahrsituationen, beispielsweise wenn die Elektronik errechnet, dass sich eine Steigung dann ohne Rückschaltung schaffen ließe, wird das volle Drehmoment kurzzeitig freigegeben. Verdienst des Systems ist ein äußerst niedriger Testverbrauch, die Kehrseite eine spürbare Verlangsamung der Durchschnittsgeschwindigkeit (siehe Tabelle oben). Anders der Volvo FH 500 I-Save. Seine Waffen im Kampf um die Green-Truck-Trophäe: die zusätzliche Turbocompound-Turbine, die an Steigungen 300 Extra-Newtonmeter bringt, was den FH fast jeden Berg der Testrunde im höchsten Gang erklimmen lässt. Auf der anderen Seite setzt aber auch der Schwede auf eine Drehmomentreduzierung, die laut Hersteller aber dynamisch erfolgt. Sprich: Dem Motor wird jeweils so viel Leistung zugesprochen, wie für die Erklimmung des Berges sinnvoll ist. Umso überraschender, dass der Göteborger trotzdem mit Abstand das schnellste Durchschnittstempo vorlegt, beim Verbrauch dagegen Punkte liegen lässt. Auf eine Drehmomentanpassung verzichtet Scania bis auf Weiteres. Dafür wartet der 500 S Highline mit dem jüngsten Antrieb auf, denn im Testfahrzeug arbeitet bereits der neue "Super"-Reihensechszylinder mit 12,7 Litern Hubraum, den der Hersteller Ende des vergangenen Jahres der Öffentlichkeit vorstellte. Scania mit dem niedrigsten Verbrauch Die Entwicklung scheint gelungen, denn der Scania legt, wenn auch knapp, den niedrigsten Verbrauch auf der Testrunde vor. Gleichzeitig ist er deutlich schneller unterwegs als der knapp hinter ihm liegende MAN, was den Abstand zum Produkt der Konzernschwester wieder vergrößert. Das reicht, um den Gewichtsnachteil des Scania auszubügeln. Wobei Nachteil hier relativ zu sehen ist. Der 500 S verfügt über eine reichhaltige Ausstattung, was für die ansonsten eher auf Nutzlast getrimmten Testfahrzeuge eher untypisch ist. MAN und Volvo sind Leichtgewichte Damit kein falscher Eindruck entsteht: Auch die Testzugmaschinen von MAN und Volvo Trucks präsentieren sich mit einer guten Ausstattung, mit denen der Mann/die Frau hinter dem Lenkrad gut leben kann. Trotzdem bauen der TGX und der FH immerhin um 50 beziehungsweise 90 Kilogramm leichter. Für den Scania hat dieser kleine Nachteil aber keine Folgen. Mit einem Wirtschaftlichkeitsfaktor von 1,223 führt er das Feld an und darf den Titel "Green Truck 2022" führen. Nicht verschweigen wollen wir dabei, dass sich die Schweden die begehrte VR-Auszeichnung damit zum sechsten Mal in Folge sichern. Sauber gemacht, Södertälje! Green Truck 2022 Hersteller/Typ Euro-Norm Verbrauch Geschwindigkeit Gewicht Wirtschaftlichkeit* CO2e 1. Scania 500 S Super Euro 6e 23,66 l/100 km 80,38 km/h 7340 kg 1,223 751 g/km 2. Volvo FH 500 Euro 6e 24,22 l/100 km 80,75 km/h 7250 kg 1,213 769 g/km 3. MAN TGX 18.510 Euro 6e 23,82 l/100 km 79,74 km/h 7290 kg 1,210 756 g/km Verbräuche ohne AdBlue-Anteil, * Durchschnittsgeschwindigkeit / (2 x Verbrauch) + (Leergewicht/400), CO2e = CO2-Äquivalente Mehr zum Thema finden Sie unter #Umweltranking www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Bislang wird beim Green Truck der AdBlue-Verbrauch ausgeklammert, da der Harnstoff klimaneutral verbrennt. Dieses Prozedere ändern wir ab dem kommenden Jahr, weil wir dann auch die bei der AdBlue-Produktion entstehenden CO2-Emmissionen anteilig in das Ergebnis einrechnen.

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