Flurförderzeuge (fast) wie neu

Lkw-Fuhrparkverantwortliche kennen das Problem: die Lieferzeiten für Lkw sind enorm. Auch für Lagerleiter, die neue Flurförderzeuge brauchen, wird die Situation offenbar immer schwieriger, denn auch hier haben sich die Lieferzeiten deutlich verlängert. "Das gilt besonders im Segment der Gegengewichtsstapler", berichtet Frank Müller, Senior Vice President Brand Management bei Still. Lieferzeiten werden immer länger Auch bei der Kion-Konzernschwester Linde Material Handling (MH) kommt es aufgrund der teils schleppenden Versorgung mit Zulieferteilen zu deutlichen Verzögerungen bei der Auslieferung bestellter Fahrzeuge, bestätigen die Aschaffenburger. Um den Lieferengpässen zu begegnen, habe der Mutterkonzern Maßnahmen ergriffen, darunter die Stärkung des Zulieferernetzwerkes, die Verlängerung von Leasingverträgen sowie noch flexiblere Produktionsabläufe in den Werken. "Die Lieferzeiten der Fahrzeuge sind in den letzten Monaten deutlich in die Höhe gegangen und sind durch einen komplexen Beschaffungsmarkt weiterhin sehr volatil", lässt Benedict Nufer, Pressesprecher von Jungheinrich, wissen. Durch intensive Bemühungen in der Supply Chain hätten die Auswirkungen bei Jungheinrich im Marktumfeld aber auf einem vergleichbar guten Niveau gehalten werden können. Produktionskosten steigen Auch Toyota Material Handling Deutschland spürt die Auswirkungen der Corona-Pandemie, der unterbrochenen Lieferketten oder mangelnden Transportkapazitäten und räumt ein, dass sich die Lieferzeiten im Durchschnitt verdoppelt haben. "Die individuellen Lieferzeiten hängen allerdings stark von der Gerätekategorie sowie den verschiedenen Ausstattungsoptionen ab", sagt Günter Simonis, Leiter Miete & Gebrauchtgeräte. Es dauert aber derzeit nicht nur länger, bis Logistiker ihre neuen Stapler bekommen - diese werden auch teurer. "Steigende Energie- und Rohstoffpreise machen derzeit allen Herstellern von Flurförderzeugen zu schaffen", so Simonis. Auch Toyota habe die Steigerung der Produktionskosten bereits an seine Kunden weitergeben müssen. Auch die Vertreter von Still, Linde MH und Jungheinrich bestätigen, vor allem aus diesem Grund die Preise angepasst zu haben. Kein Wunder, dass jetzt der Gebrauchtmarkt brummt. "Hier beobachten wir eine wachsende Dynamik im gesamten Markt, die klar mit den langen und weiter steigenden Lieferzeiten für Neugeräte korreliert", sagt Müller von Still. Schon in der Corona-Pandemie sei die Nachfrage angestiegen, sagt Simonis von Toyota. Durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Verknappung einiger Rohstoffe und Komponenten habe sich die Nachfrage nach Gebrauchtgeräten aber noch einmal drastisch erhöht. Die großen Staplerhersteller unterhalten allesamt ein eigenes Used-Angebot mit geprüften und aufbereiteten Gebrauchtgeräten. Still etwa verfügt über drei Aufarbeitungszentren. Je nach Klassifizierung (Bronze, Silber oder Gold) werden die geprüften Gebrauchten mit Originalersatzteilen aufgearbeitet und neu lackiert. "Nach einem abschließenden Qualitätstest ist das Gebrauchtfahrzeug dann fix und fertig für sein zweites Leben und findet über den netzgestützten Still-Suchagenten meist schnell ein neues Zuhause", erklärt Müller. Die Basis aller Gebrauchtstapler von Linde MH bildet der Aufbereitungsstandard "Approved Trucks". Dieses Qualitätssiegel erhalten nur in Linde-Aufbereitungszentren runderneuerte Flurförderzeuge. Bevor ein Gebrauchtgerät das Qualitätssiegel erhält, welches mit einer Garantie von einem halben Jahr verbunden ist, durchläuft es einen strengen Prüf- und Aufarbeitungsprozess. Zusätzlich können verschiedene Ausstattungs- und Servicepakete hinzugebucht werden. Bei Toyota Material Handling stammen die Gebrauchtstapler aus der Vorführ- und Mietflotte. "Das heißt, die Geräte wurden während ihres ersten Lebens bereits regelmäßig durch unseren professionellen Kundendienst gewartet", sagt Simonis. Alle Gebrauchtgeräte werden demnach als Premium-Gerät mit Original-Ersatzteilen aufgearbeitet. "Sie sind damit technisch und optisch einem Neugerät (fast) gleichwertig. Aus diesem Grund geben wir unseren Kunden auf Gerät, Batterie und Ladegerät eine zwölfmonatige Qualitätsgarantie", betont der Leiter Gebrauchtgeräte. Jungheinrich betreibt bereits seit 2006 in Klipphausen in der Nähe von Dresden ein Werk für die Aufarbeitung gebrauchter Gabelstapler. Während Komponenten wie Rahmen, Motoren und Getriebe aufgearbeitet werden, findet bei allen sicherheitsrelevanten und verschlissenen Komponenten der Austausch mit Original-Ersatzteilen statt. Anfang 2022 wurde im rumänischen Ploiesti ein zweites Werk zur Aufarbeitung eröffnet. Tino Alban, Werkleiter des Gebrauchtgerätezentrums Dresden, führt die kontinuierlich steigende Nachfrage nach industriell aufgearbeiteten Gebrauchtfahrzeugen übrigens auch auf den allgemeinen Trend zur Nachhaltigkeit zurück: "Durch die Wiederaufbereitung von Gebrauchtgeräten sparen wir im Vergleich zu einer Neuproduktion rund 80 Prozent CO2 ein." Bis zu 40 Prozent günstiger Für viele Kunden dürften aber vor allem die Verfügbarkeitssituation bei Neugeräten und nicht zuletzt auch der günstigere Anschaffungspreis der Second-Hand-Stapler eine Rolle spielen. Der Preisunterschied zwischen Neu- und Gebrauchtgerät hängt dabei freilich von der Gerätekategorie, der Konfiguration sowie dem Alter ab. Grob gesagt, ließen sich aber mit einem Gebrauchtgerät im Durchschnitt zwischen 20 und 40 Prozent im Vergleich zu einer Neuanschaffung sparen, sagt Simonis von Toyota. Bei einem fünf Jahre alten Stapler liege der Preis eines Gebrauchtgerätes zwischen 55 und 65 Prozent des Neupreises, lässt Linde MH wissen. "In der Klassifizierung 'Gold' liegen die Preise für Stapler bei etwa 55 bis 65 Prozent des Neupreises", sagt auch Müller von der Konzernschwester Still. Mehr zum Thema finden Sie unter #Gabelstapler www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Aufgrund der Liefersituation bei Neugeräten hat sich auch die Nachfrage nach gebrauchten Staplern merklich erhöht. Der Griff zum Second-Hand-Stapler hat denn auch viele Argumente auf seiner Seite: Die Hersteller arbeiten die geprüften Gebrauchten oft grundlegend auf, günstiger als Neugeräte sind sie allemal.

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