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Ende der Corona-Hilfen: Experten warnen vor mehr Großpleiten

18.05.2022 13:09 Uhr | Lesezeit: 4 min
Insolvenz, Verfahren
Krieg in der Ukraine, Lockdown in China und gestiegene Energie- und Rohstoffpreisen: Derzeit gibt es viele Faktoren, die Firmeninsolvenzen begünstigen
© Foto: mihacreative/stock.adobe.com

Trotz hartnäckiger Corona-Pandemie gab es zuletzt immer weniger Insolvenzen. Ein trügerisches Bild? Experten zufolge haben Staatshilfen die Gefahr von „Zombieunternehmen“ erhöht, die ohne Stütze gar nicht mehr lebensfähig wären.

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Hamburg/Neuss. Mit dem Auslaufen staatlicher Coronahilfen dürften nach Prognosen von Insolvenzexperten wieder mehr Firmenpleiten die Wirtschaft erschüttern. Vor allem sei mit einer wachsenden Zahl großer Insolvenzen zu rechnen, erwartet der Kreditversicherer Allianz Trade. „Unternehmen sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Wenn es kracht, dann richtig“, sagt der Deutschland-Chef von Allianz Trade, Milo Bogaerts, zu einer am Mittwoch veröffentlichten Insolvenzstudie seines Hauses.

Als potenziell bedrohlich sieht die Tochter des Münchner Versicherungsriesen ein ganzes Bündel von Problemen: Es reicht vom Krieg in der Ukraine, den Lockdowns in China über unterbrochene Lieferketten und Materialmangel bis zu gestiegenen Arbeitskosten und Energie- und Rohstoffpreisen.

10 Prozent mehr Pleiten im kommenden Jahr erwartet

Daher rechnen die Volkswirte von Allianz Trade im laufenden Jahr mit einem moderaten Anstieg der Firmeninsolvenzen in Deutschland um 4 Prozent auf rund 14.600. Im kommenden Jahr erwarten sie aber eine Zunahme um 10 Prozent auf 16.130. „Dennoch dürften die Fallzahlen auch Ende 2023 noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegen.“

Dass die Insolvenzzahlen zuletzt rückläufig waren, führen Experten auf die massiven Staatshilfen in der Corona-Krise zurück. Neben verschiedenen finanziellen Stützen gab es während der Pandemie in Deutschland auch Sonderregeln bei der Insolvenzantragspflicht, die eine Pleitewelle verhindern sollten. „Die Insolvenzentwicklung war in den vergangenen Jahren durch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung weitestgehend entkoppelt und die fallen damit auf einem künstlich niedrigen Niveau“, sagt Allianz-Trade-Insolvenzexperte Maxime Lemerle.

„Je länger die staatlichen Subventionen für die Unternehmen anhalten, desto wahrscheinlicher wird das Entstehen von Zombieunternehmen, die nur noch unter diesen speziellen Bedingungen überleben können“, warnt auch der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung Patrik-Ludwig Hantzsch. Veränderungen wie eine Zinswende und ein Auslaufen der Hilfsmaßnahmen könnten diese Unternehmen rasch in Existenznot bringen. Eine (Nachhol-)Insolvenzwelle werde dann wahrscheinlicher.

Lieferkettenprobleme und hohe Rohstoff- und Energiepreisen als Ursachen

Auch die Restrukturierungsexperten des Beratungsunternehmens Deloitte rechnen „mit einem signifikanten Anstieg von Insolvenzen und krisenbedingten Firmentransaktionen“. Seit Corona und nun mit dem Krieg in der Ukraine „erleben wir einen extremen Anstieg bei der Störung und Unterbrechung von Lieferketten sowie eine inflationsbedingte Kostenbelastung vor allem bei Rohstoff- und Energiepreisen“, sagt Deloitte-Manager Thomas Sittel. „Gleichzeitig bleibt der Transformationsdruck in vielen Branchen und bei vielen Geschäftsmodellen hoch.“

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa ist Creditreform zufolge auch im zweiten Corona-Jahr weiter zurückgegangen. Insgesamt habe es 2021 in den 14 westeuropäischen EU-Ländern sowie Norwegen, der Schweiz und Großbritannien 110.451 Firmenpleiten gegeben - 5,1 Prozent weniger als im Vorjahr.

In Deutschland zeigt sich das gleiche Bild. „Insolvenzen in Deutschland sind 2021 zwar zum zwölften Mal in Folge gesunken - aber die Verschuldung der insolventen Unternehmen und die Schäden, die dadurch entstanden sind, sind auf ein Rekordniveau gestiegen“, sagte Allianz-Trade-Deutschlandchef Bogaerts. „Das heißt: Es gab weniger Insolvenzen, dafür aber besonders große.“

Neuer Höchststand bei der Gesamtverschuldung insolventer Firmen

So sei hierzulande die Gesamtverschuldung aller insolventen Unternehmen gegenüber ihren Gläubigern 2021 bereits das dritte Jahr in Folge um 10,5 Prozent auf 48,1 Milliarden Euro gewachsen. Das war ein neuer Höchststand seit dem Allzeithoch von 73 Milliarden Euro im Jahr 2009. „Schon zuvor war die Gesamtverschuldung rasant gestiegen: um 25,7 Prozent im Jahr 2019 und um 65,3 Prozent im Jahr 2020.“

Die Zahl der pleitebedrohten Unternehmen ist nach Einschätzung von Allianz Trade (früher Euler Hermes) gleichwohl gesunken. „Trotz der vielen Herausforderungen sind die Finanzen vieler deutscher Unternehmen aktuell sehr robust und damit auch deren Widerstandsfähigkeit“, sagte Bogaerts. „Der Anteil der gefährdeten Unternehmen in Deutschland hat sich 2021 von sieben auf sechs Prozent reduziert und staatliche Unterstützungsmaßnahmen laufen weiter.“ (dpa/sn)

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