Zahlreiche Baustellen

Industrie und Handel werden das Jahr 2014 in ganz überwiegend angenehmer Erinnerung behalten können. Entgegen dem europäischen Trend hat sich die deutsche Wirtschaft gut behauptet. Dies gilt ebenso für die Logistikbranche. Nicht überall, aber doch vielerorts blickt man auch dort in zufriedene Gesichter. Aber das ist bereits Schnee von gestern, für 2015 werden die prognostizierten Wachstumsraten nach unten korrigiert, das Stimmungsbarometer der Wirtschaft sinkt. Ist das Zweckpessimismus oder reale Erwartungshaltung? Zumindest der Logistiksektor dürfte berechtigt mit einiger Nervosität ins neue Jahr blicken. Die Zufriedenheit mit einigen Faktoren wie Auslastung oder der derzeitigen Dieselpreisentwicklung könnte sich nach dem Festtagshoch als Ruhe vor dem Sturm erweisen: 2015 droht nämlich einiges an Ungemach. Drei Mautänderungen in einem Jahr Dies beginnt mit der Neuregelung der LKW-Maut. Gleich drei Mautänderungen hat der Straßengüterverkehr 2015 zu verarbeiten. Eine Mautsenkung ist nur von kurzer Dauer, dann geht's wieder aufwärts! Es rollen Mehrkosten auf die Wirtschaft zu, von denen noch nicht fest steht, wie sie weitergegeben werden können. Die Ausdehnung der Maut auf die Bundesstraßen und die im Laufe des Jahres 2015 bevorstehende Mautpflicht der leichteren Nutzfahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht wird die Transporte nicht unerheblich verteuern. Die PKW-Maut ist gesetzgeberisch auf den Weg gebracht. Abzuwarten bleibt, mit welchen Mautszenarien für die Transporterklasse zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zu rechnen sein wird. Ein Prüfauftrag ist politisch bereits erteilt, dieser Bereich wird also mittelfristig kaum ungeschoren davonkommen. Hier muss baldmöglichst Kalkulationsklarheit geschaffen werden. Die gibt es bereits beim Lohnsektor, ab dem 1. Januar 2015 gilt der Mindestlohn. Ob eine Beschäftigung zu Lande, zu Wasser oder in der Luft ausgeübt wird: Bei Berührung des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland ist künftig für In- und Ausländer 8,50 Euro die magische Zahl. Nach dem Gesetz und den im Verlauf des Dezembers noch mit heißer Nadel gestrickten Ausführungsverordnungen kommt auf die Unternehmen ein immenser zusätzlicher bürokratischer Aufwand mit hohen Verwaltungskosten zu. Insbesondere den ausländischen Unternehmen, die Deutschland beispielsweise nur im Transit durchqueren wollen, erscheinen die ihnen auferlegten Meldepflichten nur schwerlich mit dem Gedanken der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union vereinbar. Vor- und Nachteile des Mindestlohns Für die Auftraggeberseite ist die gesetzlich aufgebürdete Haftung für den Mindestlohn der gesamten Nachunternehmerkette eine nur schwer zu schluckende Kröte. Wer wie ein selbstschuldnerischer Bürge für jede Differenz zwischen Mindestlohn und tatsächlich gezahltem Entgelt bei unbekannten Subunternehmern haften soll, wird sich seine Vertragspartner künftig besonders kritisch aussuchen, ein auch durchaus positiver Gesichtspunkt für die Außenwirkung der Branche. Damit aber nicht genug: Jeder Unternehmer wird gut beraten sein, mit seinen Dienstleistern zusätzliche Vereinbarungen abzuschließen, in denen diese Rechtstreue nach dem Mindestlohngesetz zusichern und der Auftraggeber von allen Ansprüchen Dritter freigestellt wird. Das nutzt im realen Leben natürlich nur, solange Liquidität auf der Auftragnehmerseite gegeben ist. Ungemach droht auch auf der Sanktionsseite. Nicht nur die den Mindestlohn unterlaufenden Arbeitgeber, sondern auch deren Auftraggeber müssen Bußgelder bis zu 500.000 Euro befürchten. Mit scharfen Kontrollen durch die Zollverwaltung wird zu rechnen sein. 2015 ist auf diesem Gebiet für Überraschungen gut. Für die Unternehmen wird es im neuen Jahr noch reichlich weitere Baustellen geben. Zum einen im wahrsten Sinne des Wortes, es wird nämlich endlich mehr Geld in die Infrastruktur investiert. Mittelfristig ungelöst ist zudem das Problem Fahrernachwuchs. Verschärfungen wird es bei den Sozialvorschriften geben und auch beim Beitrag des Güterverkehrs zum Klimaschutz ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Effizienzsteigernde Maßnahmen dagegen, wie zum Beispiel Anpassungen bei Maßen und Gewichten der LKW, zählen nicht zum Repertoire des Gesetzgebers oder werden wie eine stärkere digitale Steuerung und Vernetzung des Straßenverkehrs wohl noch lange auf sich warten lassen. 2015 kann kommen Von Pessimismus, dies sei eingeräumt, kann aber in der Branche nicht wirklich die Rede sein. Dafür geben die wirtschaftlichen Daten auch keinen Anlass. Eher sollte man es mit dem Zukunftsblick der alten Römer halten: nec spe, nec metu - weder Hoffnung noch Furcht. 2015 kann kommen. Zeichen stehen auf Wachstum Auf die Logistikbranche kommen im neuen Jahr zahlreiche Neuerungen und zusätzliche Belastungen zu. Effizienzsteigernde gesetzliche Maßnahmen lassen aber weiter auf sich warten. Trotzdem stehen die Zeichen nicht auf Sturm, sondern eher auf Zuversicht, wie es sich für eine Wachstumsbranche gehört.