Vertragsstrafen in AGB: Besser mit Vorsicht

In Kürze Sind Vertragsstrafen in AGB rechtswirksam? Wann sind eigene Klauseln zu empfehlen? Fragen, die sich viele Spediteure stellen. Klar ist: Ergänzen widersprüchliche Klauseln die ADSp 2017, kann dies dazu führen, dass der gesamte Vertrag nichtig wird - inklusive der enthaltenen Haftungsbegrenzungen. Häufig sehen sich Spediteure und Frachtführer beim Vertragsschluss mit vom Vertragspartner selbst formulierten Klauseln konfrontiert. So heißt es beispielsweise in einem Vertrag: "Bei verspäteter Anlieferung sind wir berechtigt, Kosten, die uns bzw. dem Kunden entstehen, Ihnen in Rechnung zu stellen und eine pauschale Verspätungsgebühr in Höhe von 450 Euro geltend zu machen." In diesem Fall übersteigt die angeordnete Vertragsstrafe sogar den vereinbarten Transportpreis. Vor derartigen Klauseln ist Vorsicht geboten. Lassen sich Spediteure vorbehaltlos auf solche Verträge ein, kann die Haftungsfalle zuschnappen: Das Unternehmen findet sich nicht selten in einer existenzbedrohenden Haftungssituation wieder. Eigene AGB-Klauseln erlaubt Viele Betroffene hinterfragen deshalb die rechtliche Wirksamkeit solcher Klauseln. Damit und mit vielen weiteren Fragen zu Vertragsstrafen sieht sich auch Eberhard Tief, Geschäftsführer des Landesverbands des Berliner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV) konfrontiert. Seine Fragen aus der Praxis beantwortet VerkehrsRundschau-Rechtsexperte Axel Salzmann nun im Laufe dieses Beitrags. Vertragsstrafen finden sich häufig in den sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Vertragspartner. Darunter versteht man Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Grundsätzlich kann jeder, der Verträge schließt, solche Klauseln frei erstellen und verwenden. Kontraktlogistik als Sonderfall Doch welche Bedeutung ist den AGB in der Logistik zuzumessen? Es ist davon auszugehen, dass in der Praxis kein Transportvertrag ohne AGB abgeschlossen wird. Dies ist die Folge des gigantischen Massengeschäfts und der entsprechenden Vertragsabschlüsse. Einzelverträge oder individuelle Vertragsvereinbarungen werden so gut wie nie geschlossen. Als Ausnahme gelten hochwertige Kontraktlogistik-Verträge. Dabei handelt es sich um individuelle Verträge, die von Anwaltskanzleien oder auch von Syndikus-Anwälten in intensiven Verhandlungen ausgearbeitet wurden. In diesem Fall besteht ein starkes Indiz für deren rechtliche Wirksamkeit. Ein Beispiel dafür: Just-in-Time-Lieferungen für Kfz-Hersteller. Verwendung von AGB - ein Muss? Viele Frachtführer treten aufgrund der Bedeutung von AGB in Frachtverträgen an Eberhard Tief heran und erkundigen sich, ob die Anwendung von eigenen Klauseln zu empfehlen ist. Hier lässt sich auf die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen, ADSp 2017, verweisen. Diese sind ein gerichtlich anerkanntes Branchenbedingungswerk. Es gilt als "fertig bereitliegende Vertragsordnung", die objektiv einen fairen Interessenausgleich zwischen der verladenden Wirtschaft und den Logistikern bietet. Die Nutzung der ADSp 2017 ist mit Nachdruck zu empfehlen, Ergänzungen dazu sollten dagegen Ausnahmefälle bleiben. So stellt die Rechtsprechung bei Ergänzungen oftmals Widersprüche zu den Grundlagen der ADSp 2017 fest. Diese können zur gänzlichen Unwirksamkeit der Regelung führen und damit auch zum Außer-Kraft-Treten der - für die Logistik so wichtigen - Haftungsbegrenzungen. Dies kann in Fällen gelten, in denen nur einseitig unangemessene Vertragsstrafen "untergeschoben" werden. Widerspruch statt Rechtsstreit Doch wie ist zu erkennen, welche einzelnen Bestimmungen zulässig sind? Dies ist eine Frage, die laut Tief viele Betroffene beschäftigt. Pauschal ist eine Klausel als sittenwidrig einzuschätzen, wenn "die Leistungsverpflichtung praktisch unmöglich ist". Dabei sollten Logistiker vor allem darauf achten, ob Vertragsstrafen vereinbart werden, welche die Vergütung um ein Mehrfaches übersteigen. Um einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden, in dem die Unwirksamkeit derartiger Klauseln erst festgestellt wird, empfiehlt es sich, dass Betroffene diese nie akzeptieren, sondern widersprechen. Leider schrecken die meisten Logistiker in der Praxis davor zurück. Geschuldet ist dieser Umstand dem Massengeschäft, dem sich die meisten Spediteure widerstandslos fügen. Dabei ist ein schlichtes Widersprechen ohne ausschweifende rechtliche Begründung ausreichend, damit unzulässige Klauseln nicht von vornerein in den Vertrag mit einbezogen werden. Gesetz hat Vorrang Bei der Frage Tiefs, wann das Gesetz gelte und wann die AGB, ist die Antwort dagegen eindeutig: Stets vorrangig sind die zwingenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) und des CMR (Internationales Abkommen zu grenzüberschreitenden Transporten) - unabhängig davon, was eine Partei in den AGB geregelt hat. Es ist daher immer darauf zu achten, ob die eigenen Klauseln lediglich vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten vornehmen, die der Gesetzgeber nicht verbietet. Führen diese Klauseln nicht zu einem Widerspruch mit der beiderseitigen Interessen-Wahrnehmungsverpflichtung der Parteien, so sind AGB zulässig. Doch was tun, wenn zwar kein gesetzlicher Widerspruch mit den eigenen Klauseln vorliegt, jedoch die verwendeten AGB der beiden Parteien nicht korrespondieren? Hier gilt der Grundsatz: "Deine - Meine - Keine". Auch in diesem Fall ist also das Gesetz vorrangig anzuwenden. ADSp als Basis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auch im Rahmen des schnellen Speditionsgeschäfts bei Vertragsvereinbarungen stets Vorsicht geboten ist - besonders vor der Zustimmung zu Vertragsstrafen. Logistiker sollten jedoch deshalb nicht davor zurückschrecken, eigene Klauseln zu verwenden. So lässt sich folgende Empfehlung geben: Mit den ADSp 2017 ist jeder Branchenvertreter gut aufgestellt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Haftung des Logistikers und dessen eigene Versicherung. Darf´s noch mehr sein? Auf unserer Profiplattform VerkehrsRundschau plus haben wir in einer Checkliste Grundsätze zusammengestellt, die jeder Logistiker beim Abschluss eines Frachtvertrags berücksichtigen sollte. mwi www.verkehrsrundschau.de/plus/frachtvertrag

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