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Streit um Niedriglöhne auf Briefmarkt eskaliert

21.05.2007 15:56 Uhr
Streit um Niedriglöhne auf Briefmarkt eskaliert
Die Briefträger der Post sind am besten bezahlt, verhunger muss aber auch die Konkurrenz nicht (Foto: ddp)

Der Streit um Niedriglöhne auf dem deutschen Briefmarkt eskaliert. Einem am Montag vorgelegten Gutachten der Bundesnetzagentur zufolge sind die Arbeitsbedingungen bei den neuen Konkurrenten der Deutschen Post keineswegs so dramatisch schlecht, wie das von Teilen der Politik, der Gewerkschaft Verdi und auch der Post dargestellt wurde.

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Bonn. Insgesamt sei das Tariflohnniveau der Deutsche-Post-Beschäftigten ein „Sonderfall“ und „unüblich hoch“ und könne auch nicht als Messlatte für die neuen Anbieter dienen, sagte der Präsident der Netzagentur, Matthias Kurth in Bonn. Von einem „Prekariat“ könne nicht die Rede sein. Die Deutsche Post selbst habe in den vergangenen Jahren Tausende von Vollzeitstellen abgebaut und nutze – wie die neuen Anbieter – auch Niedriglöhne. Bei ihr gebe es bei der Entlohnung eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“. Mit Blick auf das Auslaufen des Briefmonopols Ende 2007 hatten führende SPD-Politiker, die Post und Verdi vor Lohndumping gewarnt. Die Post und Verdi kritisierten die Bundesnetzagentur und forderten sie ungeachtet der Gutachten-Ergebnisse zum Vorgehen gegen die Konkurrenten auf. Mit dem „angreifbaren Gutachten“ wolle die Behörde ihre „verfehlte Regulierungspraxis rechtfertigen“, sagte ein Post- Sprecher. Die Bundesregierung müsse gegen „die rechtswidrige Lizenzierungspraxis“ der Netzagentur einschreiten „und, wenn erforderlich, auch deren Präsidenten ablösen“, erklärte Andrea Kocsis vom Verdi-Bundesvorstand. „Hier lässt eine Behörde der Bundesregierung verbreiten, das Problem auf dem Postmarkt seien nicht die Hungerlöhne bei den privaten Briefdienstleistern, sondern die tariflich geschützten Arbeitsplätze bei der Post. Das ist ein nicht zu rechtfertigender Angriff auf alle Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften. Da muss die Regierung gegensteuern.“ Die Entlohnung bei den neuen Anbietern liegt nach dem Gutachten im Schnitt insgesamt bei rund 8,44 Euro pro Stunde (Post: 11,40) und für Briefzusteller bei 7,94 Euro – und damit über Forderungen für einen Mindestlohn von 7,50 Euro. Die Vorwürfe, die neuen Anbieter beschäftigten Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen, wie sie auch von den SPD- Bundesministern Peer Steinbrück (Finanzen) und Franz Müntefering (Arbeit) geäußert wurden, seien pauschal nicht haltbar, sagte Kurth. Durch das Gutachten würden solche Vorwürfe auch nicht gedeckt. „Vier Fünftel der neuen Wettbewerber zahlen mehr als 7,50 Euro.“ Die Post selbst habe aber über die Jahre „geräuschlos und auch mit Billigung der Gewerkschaften“ Arbeitsplätze in erheblichem Umfang an Subunternehmen mit deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen und niedrigeren Löhnen ausgelagert, sagte Kurth. Tausende früher mit eigenen Vollzeitkräften besetzte Post-Filialen seien umstrukturiert und mit nur noch geringfügig Beschäftigten (ohne Sozialversicherung) besetzt oder an Einzelhändler ausgelagert worden. Seit 1997 seien von der Post auf diese Weise im Briefdienst insgesamt 20.000 bis 25.000 Vollzeitstellen abgebaut worden. In gleichem Zeitraum sind laut Netzagentur aber von den neuen Anbietern rund 46.000 neue Stellen eingerichtet worden. Die Post und Verdi hatten Konkurrenten vorgeworfen, sich durch Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Die Netzagentur, die Lizenzen für den Markteintritt (bisher rund 1000) vergibt und die Unternehmen überprüft, müsse dem einen Riegel vorschieben und Lizenzen entziehen. Für Kurth bieten die Ergebnisse der gutachterlichen Bestandsaufnahme aber keinen Anlass, hier direkt einzuschreiten, sondern eine „Bestätigung“ der bisherigen Praxis. Nach der Sozialklausel im Postgesetz müssten die „üblichen“ Arbeitsbedingungen „nicht unerheblich unterschritten werden“, erläuterte Kurth. Das sei nach den Ergebnissen nicht der Fall. „Das Übliche ist nicht der Tariflohn der Post, sondern das, was im Wettbewerbsmarkt anfällt.“ Um einen konkreteren Vergleichsmaßstab zu erhalten, werde die Netzagentur in den nächsten Monaten noch detailliert Daten zu regionalen und lokalen Arbeitsmärkten erheben. Erst dann könne auch darüber entschieden werden, ob eventuell Lizenzen entzogen werden müssten.

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