Standgeld: Alles was Sie wissen müssen

Verzögert sich das Be- oder Entladen von Frachtgut, obwohl der Frachtführer in der vereinbarten Zeit ladebereit wartet, kann er ein Standgeld erhalten. Voraussetzung ist, dass die Verzögerungen nicht aus seinem eigenen Organisationsbereich heraus resultieren - unabhängig, ob er die Störungen selbst verschuldet hat oder nicht. In seinen Bereich fällt etwa die Wahl der Transportroute; aber auch, wenn er gegebenenfalls erforderliche Informationen für eine betriebssichere Entladung nicht bereitgestellt hat. Denn solche Ursachen für Verzögerung kann der Frachtführer besser beherrschen oder vorhersehen als sein Vertragspartner. Nicht in seinen Bereich fällt das Verschulden des Auftraggebers, wenn etwa das Be- und Entladen mangelhaft geplant ist. Ab wann Standgeld anfällt Standgelder können in Verträgen vereinbart werden und unterschiedlich ausgestaltet sein (mehr dazu in Teil 1 der Serie, erschienen in der VerkehrsRundschau-Ausgabe 3-4/2024). Orientieren können sich die Vertragspartner an den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp 2017). Diese legen einen Anspruch auf Standgeld fest, mit der die Wartezeit angemessen zu vergüten ist. Wenn nichts dazu im Vertrag geregelt ist, können sich die Unternehmer auf Paragraf 412 aus dem Handelsgesetzbuch (HGB) berufen, der ebenfalls einen Anspruch auf Standgeld regelt. Doch wann ist die Lade- oder Entladezeit überschritten und damit Standgeld möglich? Diesbezüglich regelt das Gesetz nichts Konkretes, sondern bemisst sie nach einer den Umständen angemessenen Frist. Hier fließen Komponenten wie die Art und das Gewicht des Frachtguts sowie die Größe des Transportfahrzeugs in die Beurteilung mit ein. Frachtführer können sich dabei wieder an den ADSp 2017 orientieren. Diese halten eine Zeit von je zwei Stunden für den Lade- oder Entladevorgang bei Fahrzeugen mit zulässigem Gesamtgewicht von 40 Tonnen für angemessen. Sobald diese Standzeit überschritten ist, entsteht grundsätzlich Anspruch auf Standgeld. Anspruch vor Gericht: Beweispflichten und wie man dafür in der täglichen Praxis Sorge tragen kann Beweispflicht Beweisgegenstand Zeitpunkt der Bereitschaft zum Be- oder Entladen, Dauer der Überschreitung der Be- oder Entladezeit Uhrenvergleich mit Empfänger vor Ort,Vermerk der Ankunftszeit auf Frachtbrief (gegebenenfalls mit Gegenzeichnung), Tachoscheibe oder Digitaltacho oder Handyfotos, die eine Zeiterfassung enthalten gegebenenfalls eine Vereinbarung über die Wartezeit In den im Voraus getroffenen vertraglichen Vereinbarungen ist die Wartezeit geregelt, sodass diese vorgelegt werden können Keine Zurechenbarkeit der Verzögerung Dokumentation durch Fotografien vor Ort Angemessenheit der Forderung Nachweise über vertragliche Vergütungsvereinbarung mit Fahrer, Ist- Kosten- Fahrzeugrechnung inklusive aller betriebskostenabhängigen Fahrzeugkosten Quelle: Axel Salzmann, Rechtsanwalt Angemessene Höhe bestimmen Wenn es im weiteren Ablauf um die tatsächliche Höhe des Standgelds geht, sehen HGB sowie ADSp 2017 keine konkrete Zahl vor. Nach diesen muss die Vergütung lediglich "angemessen" sein. Maßgeblich für die Höhe ist, welche Einnahmen der Frachtführer ohne Verzögerungen hätte erzielen und welche variablen Kosten er hätte einsparen können. In einem Verfahren vor Gericht muss er dies durch die Vorlage einer Ist-Kosten-Fahrzeugrechnung belegen. Aber auch der Fahrerlohn, zuzüglich Spesen und Auslösung, fließt in die Beurteilung der Angemessenheit mit ein. Förderlich ist es hier, sich als Logistiker an bereits gefällten Entscheidungen zu vergleichbaren Fahrzeugklassen zu orientieren. 2020 erachteten die Gerichte für einen durchschnittlichen 40-Tonner ein Standgeld zwischen 40 bis 60 Euro pro Stunde für angemessen. Das Amtsgericht Aachen berechnete im Juni 2021 ein Standgeld in Höhe von rund 68 Euro (Aktenzeichen 102 C 42/20). Aufgrund der in den vergangenen Jahren gestiegenen Preise dürften die Gerichte mittlerweile auch eine Erhöhung des Standgelds von 20 bis 25 Prozent als angemessen bewerten. Wichtig ist dabei insbesondere, dass die Vertragsparteien die Höhe des Standgelds nur im Normalfall - also beim typischen Warten am Ladeort - über den Stundensatz berechnen. Für den Fall, dass sich der Transport über mehrere Tage oder gar Wochen verschiebt, ist es überlegenswert, einen Tages- oder auch Wochenhöchstsatz zu vereinbaren. Gerade angefallene Standzeiten an Freitagen, Wochenenden und Feiertagen zeigen, wie notwendig eine solche Regelung ist. Überdies sollte man für die Standgeld-Höhe stets berücksichtigen, dass der Frachtführer grundsätzlich für ein stehendes Fahrzeug nicht mehr verlangen kann als für ein fahrendes. Werden sich Empfänger und Frachtführer über das Standgeld nicht einig, entscheidet das Gericht. In diesem Fall treffen den Frachtführer verschiedene Beweispflichten, die er in der alltäglichen Praxis berücksichtigen sollte (s. Tabelle oben). Er sollte etwa beweisen können, dass ihn keine Schuld an der Verzögerung trifft. Dafür ist es sinnvoll, vor Ort den Vorfall direkt beispielsweise mit Fotos zu dokumentieren. Über die Wartezeit informieren Ein weiterer Aspekt, der keinesfalls außer Acht gelassen werden darf: Unabhängig davon, ob ein Frachtführer Anspruch auf Standgeld hat oder nicht, kann er bei Verzögerungen in bestimmten Fällen schadensersatzpflichtig sein. Ob er sich durch eine eingetretene Verspätung beim Be- oder Entladevorgang gegenüber dem Absender schadensersatzpflichtig macht, ist davon abhängig, inwieweit er vertragsgemäß Weisungen vom Verfügungsberechtigten eingeholt hat. Dies wird in den meisten Fällen der Absender sein. Gemäß Paragraf 419 Absatz 1 HGB hat der Frachtführer bei einer erkennbaren Verspätung die Weisungen des Absenders einzuholen. Verletzt er diese Anzeigepflicht, besteht ein Schadensersatz-Anspruch des Absenders. Für den Fall, dass der Frachtführer keine Weisung des Absenders in der maßgeblichen Zeit einholen kann, darf er selbst entscheiden, wie er mit dem Frachtgut weiter verfährt. Infrage kommt dabei, es zurückzubefördern, zu entladen, zu verwahren oder sogar das Anvertrauen der Fracht an einen sorgfältig ausgewählten Dritten. Dabei muss er bei der Auswahl seiner Maßnahme stets im Interesse des Absenders als dessen Sachwalter handeln. Online Standgeld-Check Auf unserer Profiplattform VR plus haben wir wichtige Hinweise zur vertraglichen Umsetzung von Standgeld und Weiteres für Sie in Checklisten zusammengefasst. www.verkehrsrundschau.de/plus/standgeld

Versicherungsrecht: Muss ein Lkw-Fahrer für Unfallschäden haften?

Frachtrasch international: 105 Jahre Logistik-Innovation aus Braunschweig

ACEA: Lkw-Neuzulassungen gehen zurück

Bilanz für 2023: Ergebnisverluste und Umsatzgewinne bei BLG Logistics

Wirtschaftliches Wachstum bei der Geis Gruppe

Alle Schlagzeilen

Standgeld: Alles was Sie wissen müssen

WEITERLESEN

NEWSLETTER